Der Neue...

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Die erste Stunde ist Mathe und wie immer langweilig. Die Touchscreens in unseren Tischen zeigen langweilige Zahlen und Formeln an, die kein Mensch braucht. Ich speichere alles in meinen, mit einem Passwort geschützten, Ordner, als es dann zur Pause klingelt. Nichts ahnend gehe ich auf den Flur und werde auf einmal auf jemandes Schulter gehoben. Mit den Beinen strampelnd, jedoch keinen Mucks von mir gebend, geht er mit mir in einen verlassenen Klassenraum, die normalerweise immer abgeschlossen sind. Er drückt mich gegen die Wand und grinst schelmisch.

Ich atme erleichtert aus, als ich sehe, wer da vor mir steht. Francis. Oberstufe. Genau wie ich. Er sieht gut aus. Ja das muss ich sagen. Ist aber überhaupt nicht mein Typ. Mein Dad hat mir mal von einem Sänger namens Justin Bieber erzählt und mir ein Bild von ihm gezeigt. Genauso sieht Francis aus. Das Ganze nur in Blond. Er mag mich und ich mag ihn. Nur will er mehr von mir, als ich von ihm. Eigentlich weiß er das auch. Wie gesagt, er drückt mich gegen die Wand und stößt mir sein Knie zwischen meine Beine.

Ein sehr unangenehmes Gefühl. Ich zische ihn durch meine Zähne an, aber irgendwie scheint ihn das nicht zu stören. Er fährt mit seiner Hand unter mein Hoodie und stöhnt , während er meine Brüste umfasst. Was sollte das? Er weiß, dass ich das nicht will! Ich versuche mich aus seinem Griff zu befreien, doch es gelingt mir nicht, da er viel kräftiger und größer ist als ich. Ich schreie. Ich hab noch nie zuvor in meinem Leben schreien müssen, doch jetzt ist es wohl soweit. Das verdutzt auch Francis. Er kennt mich nur als stilles, kleines Mäuschen, die nie etwas sagt, außer wenn es notwendig ist.

Auf einmal geht die Tür auf und der Typ von heute morgen steht vor uns. Es dauert ein Weilchen bis er merkt, dass hier gerade etwas nicht mit rechten Dingen vor sich geht. Er versucht Francis von mir wegzuzerren, schafft es jedoch auch nicht. Francis lacht und schlägt mit der freien Hand auf den Jungen ein. Der fliegt mit voller Wucht gegen die Whiteboard-Wand und steht aber sofort wieder auf. Der Typ geht direkt wieder auf Francis los, der sich in der Zwischenzeit wieder mir zugewendet hat, und zieht ihm mit seiner Tasche eins über den Kopf. Francis schaut mich noch an, schließt dann die Augen, schüttelt den Kopf und rennt aus dem Raum. Ich sacke auf den Boden und sehe wie sich der Typ vor mir hinkniet.

„Alles in Ordnung?“, fragt er und guckt gelangweilt im Raum herum. Dann wird sein Blick jedoch anders. Es scheint als hat er mich endlich erkannt.

„Du bist doch die, die ich heute umgefahren habe, oder?“

Ich schlucke heftig und nicke.

„Das tut mir leid.“, sagt er und zuckt mit den Schultern. „Ich hatte es eilig. Es war nicht gegen dich gerichtet. Geht's wieder?“

Ich nicke wieder und lehne meinen Kopf gegen die Wand.

„Ich bin Lucas. Und du bist...?“

„Alex.“ Kurz und knapp. Das bin ich. Er grinst und hebt seine Hand zu meinem Gesicht, um mir eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen. Ich ziehe es schon automatisch weg, doch er ist schneller. Während seine Hand meine Wange streift, fährt mir ein Schauer durch die Glieder. Er zieht sie ruckartig wieder weg, so als ob er es auch gespürt hätte und schaut mir tief in die Augen. Dann reicht er mir nochmal seine Hand, aber diesmal um mir hochzuhelfen.

„Magst du Screetchies?“, fragt Lucas mich leise. Ein Lächeln zuckt an meinen Mundwinkeln. Natürlich liebe ich Screetchies! Das sind kleine Törtchen mit flüssiger Toffee – Sahne – Füllung und einer Schaumkrone aus einer undefinierbaren Paste, dessen Zutaten nie verraten werden, die aber super lecker schmeckt und trotzdem leicht und frisch ist. So als hätte man gerade was gesundes gegessen. Ich habe danach nie ein schlechtes Gewissen, anders als bei Schokolade.

„Ja. Ich liebe sie.“, lächle ich ihn an.

Erst jetzt betrachte ich ihn mal genauer. Er ist keine Schönheit, so wie die meisten Jungs aus unserer Schule, aber ist auch nicht hässlich. Er hat ein markantes, sehr männliches Gesicht, auf welchem sich im Bereich des Kinns Bartstoppeln zeigen. Er hat viele Sommersprossen im Gesicht, was ihn jedoch nicht kindlicher sondern irgendwie ungewöhnlicher aussehen lässt. Die rotblonden Haare sind kurz und leicht hoch gegelt. Seine Augen stechen aus dem Gesicht hervor. Sie sind grün. Nicht so ein leichtes blau-grün. Nein, ein echtes, starkes grün, was ihm einen gefährlichen Touch verleiht, wenn man mal nur auf seine Augen schaut. Er ist kein Muskelprotz, hat aber auf jeden Fall einen Körper, der sich sehen lassen kann. Und das komische ist: Ich habe ihn noch nie zuvor auf dieser Schule gesehen.

Changings - So spielt das LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt