Die Kriegerzeremonie

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Ein Mond war seit Wolfsjunges und Ampferjunges Geburt vergangen und die beiden hatten eine enge Freundschaft mit Fuchsjunges geschlossen.
Windpfote freute sich über jede Minute, in der sie den dreien beim Spielen zusehen konnte und beneidete ihre Schwester und ihre Freunde darum, dass sie ihnen ihre Kampftechniken zeigen konnten.
Sturmlied unterdessen, schien fest entschlossen, ihre beiden überlebenden Jungen vor jeder Gefahr zu beschützen und beobachtete Wolfsjunges, Ampferjunges und Fuchsjunges mit Adleraugen.
Windpfote konnte es ihr nicht verdenken. Die Königin stand noch immer unter Schock und Minzblatt verabreichte ihr regelmäßig Baldrian zur Beruhigung und Mohnsamen, damit sie schlafen konnte.
Auch Nachtherz hatte der Verlust seiner Jungen schwer getroffen, doch der schwarze Kater war entschieden, seine Familie zu ihrer alten Stärke zurückzuführen und seinen übrigen Jungen den bestmöglichen Start ins Leben zu schenken.
Das Wetter schien dasselbe zu denken, denn ein Ende der Blattleere war zwar noch nicht in Sicht, doch der Schnee wurde weniger und so waren zumindest die Patrouillen weniger beschwerlich.
Vogelpfote und die anderen Schüler nutzten das, um sich mit ihren Mentoren neue Kampfzüge auszudenken, denn ein richtiges Training war bei diesen Temperaturen unmöglich. Wann immer sie das Lager verließen, war nur an die Jagd oder die Grenze zu denken und so waren diese Überlegungen eine willkommene Abwechslung und die Kampfzüge wurden von den Schülern begeistert ausprobiert.
Eines verschneiten Morgens war es wieder so weit. Vogelpfote und Hagelpfote übten sich an einer komplizierten Drehung, während Silberstreif und Sonnenpelz ihre Bewegungen zu optimieren versuchten und die Jungen mit großen Augen vom Eingang der Kinderstube aus zusahen.
Windpfote saß vor dem Heilerbau und beobachtete sie, während sie ein paar Kräuter aus dem Schnee grub, die sie und Minzblatt dort versuchten, frisch zu halten. Doch wirklich funktionieren tat es nicht und so ließ sie seufzend die welken Stängel einer Goldrute zurück in die weißen Flocken gleiten. Gerade als sie begann zu frieren und mit den Pflanzen zurück in den Heilerbau schlüpfen wollte, sprang Lilienstern auf den Versammlungsast.
„Alle Katzen des LichtClans mögen sich unter dem Versammlungsast zu einem Clantreffen versammeln!" rief ihre Anführerin die Krieger zusammen.
Gemächlich setzte sich Windpfote in Bewegung und fand einen Platz zwischen Flussfell und Baumpelz. Ihm so nahe zu sein, machte sie merkwürdig nervös und sie versuchte das Kribbeln ihres Pelzes zu ignorieren. Siedend heiß fiel ihr auf, wie hübsch sein Fell im Kontrast zu dem weißen Schnee war und das sich unter seiner Haut deutlich die Muskeln sämtlicher Jagden und Kämpfe abzeichneten.
„Hi!" miaute Baumpelz freundlich und mit rauer Stimme, bevor er sich räusperte und zu Boden sah.
Windpfote lächelte nervös. Erst jetzt bemerkte sie, wie schön seine Augen eigentlich waren.
Dem SternenClan sei Dank nahm Lilienstern ihr jedoch eine Antwort ab, denn die Kätzin war sich nicht sicher, ob sie im Moment auch nur ein Wort herausgebracht hätte.
„Wir haben uns hier versammelt um neue Krieger im Clan willkommen zu heißen," verkündete die Anführerin fröhlich. Ihre grünen Augen funkelten neckisch, während Windpfote die Kinnlade runterfiel, bevor sich ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht ausbreitete. Baumpelz war vergessen. Vogelpfote!
Windpfote reckte sich und sah ihre Schwester einen erstaunten Hüpfer machen während sie fieberhaft versuchte, ihr Fell zu glätten. Hagelpfote kam ihr zu Hilfe und redete aufgeregt auf sie ein, was die Heilerschülerin allerdings nicht hören konnte. Heiliger SternenClan, sie wird Kriegerin!
„Mondpfote, Aschenpfote, Vogelpfote und Adlerpfote tretet vor!" setzte Lilienstern ihre Ansprache fort.
Die Menge der Katzen teilte sich und ließ die vier Schüler durch, die breit lächelnd und offensichtlich überrascht zum Versammlungsast schritten.
Lilienstern lächelte sie an. „Ihr habt eure Prüfung bestanden und ich werde euch nun zu Kriegern ernennen," miaute sie feierlich.
Davon hat Vogelpfote mir gar nichts erzählt! Windpfote sah ihrer Schwester stolz hinterher, wie sie mit glühenden Augen zwischen Mondpfote und Adlerpfote zum Stehen kam. Sie hatte es nicht mehr ganz geschafft, ihren Pelz zu glätten und an einigen Stellen standen noch Fellbüschel ab, doch ansonsten sah sie ziemlich hübsch aus.
„Ich, Lilienstern, Anführerin des LichtClans rufe meine Kriegerahnen an und bitte sie, auf diese Schüler herab zu blicken," begann Lilienstern die zeremoniellen Worte zu sprechen. „Sie haben hart gearbeitet um euer edles Gesetz zu erlernen und ich empfehle sie euch nun als Krieger." Bei diesen Worten leuchteten ihre Augen auf.
Aschenpfote zitterte vor Glück und Adlerpfote sah so stolz aus, wie an dem Tag, als sie ihr erstes Eichhörnchen gefangen hatte.
Vogelpfote versuchte ein möglichst würdevolles Gesicht zu machen, doch im Gegensatz zu Mondpfote gelang ihr das nicht ganz so gut.
Lilienstern schnippte mit dem Schwanz und zwinkerte Sonnenpelz, Sternenglanz, Eichenkralle und Goldauge zu, die sich weiter hinten in der Menge bedeutungsvolle Blicke zuwarfen und ihre Schüler stolz ansahen. Dann wandte sich die Anführerin wieder den jungen Katzen vor sich zu.
„So ihr vier, versprecht ihr, das Gesetz der Krieger zu achten und den Clan zu schützen, selbst wenn es euer Leben kostet?" fragte sie.
„Wir versprechen es!" antworteten die Schüler im Chor und Adlerpfote machte einen kleinen Luftsprung.
Sie muss unglaublich stolz auf sich sein! dachte Windpfote, als ihr wieder einfiel, dass die junge Kätzin ja gar nicht im Clan geboren war. Sie hat es sich wirklich verdient, Kriegerin zu werden.
„Aschenpfote," begann Lilienstern wieder zu sprechen. „Dein Kriegername wird Aschenschweif sein." Der junge Kater richtete sich stolz auf. „Der SternenClan ehrt deinen Mut und dein Geschick und wir heißen dich als vollwertigen LichtClan Krieger willkommen."
Aschenschweif und Lilienstern vollzogen die rituelle Berührung, dann tappte der neue Krieger zu Eichenkralle, seinem ehemaligen Mentor. Der sah den grauen Kater kurz ernst an, dann grinste er und boxte ihn freundschaftlich in die Seite. Windpfote fiel auf, dass sie nun fast gleich groß waren.
„Mondpfote von diesem Augenblick an wirst du Mondfell genannt werden," wandte Lilienstern sich nun an die gefleckte Kätzin und riss ihren Blick damit von Aschenschweif los. „Der SternenClan ehrt deine Schnelligkeit und deine Ausdauer und wir heißen auch dich als vollwertige Kriegerin im LichtClan willkommen."
Mondfell sah aus, als würde sie gleich vor Stolz platzen, als sie Lilienstern berührte und Sternenglanz einen Blick voll tiefster Dankbarkeit zuwarf, bevor sie sich neben ihren Bruder stellte. Lilienstern schnurrte zufrieden.
„Adlerpfote"
Als ihr Name genannt wurde, reckte die Kätzin stolz das Kinn hoch. Ihre blauen Augen funkelten glücklich und sie sah ihre Anführerin fest an, als diese zu sprechen begann.
„Von diesem Augenblick an heißt du Adlerflug," miaute sie. „Der SternenClan ehrt deine Loyalität und deine Kraft und wir heißen auch dich stolz in diesem Clan willkommen, nun als vollwertige Kriegerin."
Adlerflugs Augen quollen über vor Stolz und Dankbarkeit. Ihre Schnurrhaare zitterten vor Glück und Windpfote schnurrte mit ihr, als sie respektvoll Liliensterns Schulter leckte, die sich nun an Vogelpfote wandte.
Als die gestreifte Kätzin vortrat, sah sie aus wie eine Anführerin, fand Windpfote. Sie hatte den Kopf stolz und würdevoll erhoben und ihr Schwanz stand senkrecht in die Höhe.
„Vogelpfote, dich wird man nun Vogelschweif nennen. Der SternenClan ehrt dein Jagdgeschick und deine Klugheit und wir heißen auch dich als vollwertige Kriegerin des LichtClans willkommen," sagte Lilienstern.
Als der Clan die Namen der neuen Krieger rief, war Windpfote längst bei Vogelschweif und presste die Nase in ihr Fell.
„Du hast mir gar nichts von der Prüfung erzählt!" flüsterte sie, wobei sie vor lauter Schnurren kaum sprechen konnte.
„Weil ich nichts davon wusste!" Ihre Schwester lächelte glücklich. „Sie müssen uns heimlich geprüft haben!" Schnurrend rieb sie ihren Kopf an Windpfotes, bevor diese Entenfeder und Silberstreif, mit Hagelpfote und Flammenpfote Platz machte, die die neue Kriegerin fast umrannten.
Ich liebe sie so sehr! Wenn ich nur endlich Heilerkatze wäre!
Zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte Windpfote sich, endlich Heilerin zu sein. Sie warf Minzblatt einen hoffnungsvollen Blick zu, doch die Heilerin bemerkte sie gar nicht. Sie stand besorgt neben einem grau gefleckten Fellhaufen am Boden. Das Schnurren blieb der Schülerin im Hals stecken. Ist das etwa Robbensee?
Windpfote wurde kalt.

Windherz' Sternenpfoten || ÜberarbeitetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt