Veränderung

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Die Sonne verschwand hinter den Hügeln und tauchte die Gräser und Blumen in ein rötliches Licht, als Windherz und Froschsprung gemeinsam den Versammlungshügel erklommen.
Eine gespannte Erwartung hatte von der Heilerin Besitz ergriffen und ließ ihre Schnurrhaare zittern. Noch immer steckte ihr der Tag in den Knochen. Der Kampf, mit all seinen Verletzten, die Ernennungen der Schüler und Krieger und nicht zuletzt Liliensterns Tod und die Trauer hatten sie erschöpft und eigentlich wollte die Kätzin nichts anderes, als sich in ihr Nest zu kuscheln und tief und fest zu schlafen. Allein das Adrenalin, das nun durch Windherz' Adern pumpte hielt sie noch wach und ließ sie eine Pfote vor die nächste in Richtung Hochstein setzen.
Was sie nun tun musste, war zwar etwas Freudiges, doch es hatte einen traurigen Anlass und noch immer war die Kätzin geschockt und verwirrt, dass das Böse Herz niemand anderes als der brutale SturmClan Anführer war. Sie hatte vor, Herbstbrise danach zu fragen, doch irgendwie bezweifelte sie, dass sie in ihrem Gewirr aus Gedanken und Gefühlen auch nur einen klaren Satz bilden konnte. Denn wenn Lindenstern tatsächlich das Böse Herz war, woran sie eigentlich nicht zweifelte, dann würde er laut Prophezeiung eines Tages den Höhepunkt seiner Macht erreichen und was das für den LichtClan bedeutete, wollte sie sich in ihren kühnsten Albträumen nicht ausmalen. Da hatte Froschsprung als Anführer nicht gerade einen guten Zeitpunkt erwischt... Windherz musste schlucken.
Der gemusterte Kater schien sich seiner Aufgabe nur allzu bewusst, denn er war nicht gerade ruhig und gefasst, so wie sonst. Nun, da er außerhalb des Lagers war, schien er seiner Aufregung freien Lauf zu lassen. Er stakste hinter ihr den Hügel hoch und wann immer er dachte, sie bemerke es nicht, schüttelte er sich unbehaglich, fast, als wolle er einen unangenehmen Gedanken loswerden, der sich ihm soeben aufgedrängt hatte.
Die Heilerin konnte es ihm nicht verdenken. Und so tat sie, als bemerke sie das Zittern seiner Schwanzspitze und das Zucken seiner Ohren nicht und führte ihn schweigend den Hügel hinauf.
Froschsprung war das reinste Nervenbündel. Immer wieder warf er nervöse Blicke zurück zum Wald. Doch dort war alles ruhig und friedlich und er schielte hinüber ins SturmClan Territorium. Nur, um ganz sicher zu sein.
Er macht sich Sorgen um den Clan... wurde Windherz klar. Unwillkürlich musste sie lächeln. Aber das braucht er nicht! Nicht solange Silberstreif die Zweite Anführerin ist! Meine Mutter!
Froschsprung hatte die gestreifte Kriegerin zu seiner Stellvertreterin gemacht, bevor er und Windherz zum Mondsee losgezogen waren. Silberstreif hatte nicht damit gerechnet gehabt, doch sie hatte den Posten würdevoll und ernsthaft übernommen.
Mistelblatt hatte ihr mit ehrlichem Wohlwollen gratuliert, obwohl Windherz sich sicher war, dass sie den Platz an Seiten ihres Gefährten nur zu gerne übernommen hätte, was sie im Ansehen der Heilerin beträchtlich hatte steigen lassen. Eine solche Selbstlosigkeit hatte sie gar nicht erwartet!
Auch die anderen Katzen schienen von der Wahl ihres Anführers überzeugt und Entenfeder war überglücklich. Bei dem Gedanken an sein Gesicht bei der Ernennung seiner Gefährtin musste Windherz unwillkürlich schnurren.
Froschsprungs fragender Blick riss sie aus ihren Erinnerungen. Sie waren beim Hochstein angekommen.
„Hier..." miaute die Kätzin schnell und führte ihren Begleiter zu dem Eingang im Fels. Der Kater sah sie verdutzt an.
„Du musst durch den Tunnel," erklärte Windherz. „Am anderen Ende wartet der Mondsee auf dich."
Froschsprung schluckte. Seine Nase zuckte nervös. Dann holte er tief Luft und stürzte sich der Heilerin voran in die Dunkelheit. Die folgte ihm ohne zu zögern.
Schweigend rannten die beiden Katzen durch den Gang, erst als sie das schwache Mondlicht schimmern sahen, wurden sie langsamer. Am anderen Ende des Tunnels wäre Windherz schier in ihren Anführer hineingerannt.
Verunsichert und doch überwältigt, stand Froschsprung in der riesigen, unterirdischen Halle.
Die Kätzin lächelte leicht. Ja, es ist unglaublich... Sanft aber bestimmt, legte sie ihm den Schwanz auf den Rücken und führte ihn zum Rand des Wassers, das leise gegen das Ufer plätscherte.
Froschsprung sah sie fragend an.
„Trink aus dem See!" befahl die Heilerin.
Der Kater ließ sich am Ufer nieder und berührte mit der Nasenspitze leicht das kühle Nass. Dann fasste er sich ein Herz und trank ein paar Schlucke.
Als er eingeschlafen war, legte Windherz sich neben ihn und trank ebenfalls das Wasser des Mondsees. Müde schloss sie die Augen.

Windherz' Sternenpfoten || ÜberarbeitetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt