Zu zweit

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Die Nacht verging schnell. Ich hatte nicht mitbekommen wann Sherlock in das Hotel zurückgekehrt war, aber er stand am nächsten Morgen putzmunter vor meiner Türe, um mich zu wecken. Meine schlachtgelaunten Worte hatte er ohne großes Murren entgegengenommen, und das hatte mich stutzig gemacht. Doch als ich ihn darauf angesprochen hatte, meinte er nur, dass heute ein wunderbarer Tag werden würde.

   Auf dem Weg zum Frühstück hatte er mir erzählt, dass er mit dem Wachmann geredet hatte. Er sollte anscheinend zu spät zum Dienst gekommen sein und als er dachte, dass niemand mehr in der Kirche war, verschloss er sie.

   Ich zog eine Augenbraue empor. »Und er hat nicht nachgeschaut, ob jemand in der Kirche war?«, hakte ich nach. Ich konnte nicht glauben, dass er Lydia nicht gesehen hatte. Sie saß doch an einem so offensichtlichen Platz. Selbst wenn man an dem Eingang stehengeblieben wäre, hätte man sie gesehen.

   Sherlock schüttelte den Kopf. »Er hat anscheinend gefragt, ob noch jemand da sei, aber niemand hatte ihm geantwortet.«

   Ein älteres Paar kam uns entgegen. Ich schenkte ihnen rasch ein höfliches Lächeln, ehe wir weitergingen. Wir würden John bei unserem Tisch treffen. Er wollte nicht auf uns warten und hatte sich deshalb dazu entschlossen schon etwas essen zu gehen.

   »Sie wurde wahrscheinlich schon von ihrem Entführer bedroht«, stellte der Detektiv sachlich fest. »Hätte sie um Hilfe gerufen, wäre sie auf der Stelle gestorben.«

   Nachdenklich nickte ich. »Das würde Sinn ergeben. Zumindest würde es erklären, warum es nur Spuren von einem Ausbruch und nicht einem Einbruch gab. Der Mörder war  also wirklich in der Kirche als sie schloss!«

   Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie sich ein sanftes Lächeln auf die Lippen des Detektivs schlich.

   Die verschlossene Türe des Aufzuges zwang uns zum Stehenbleiben. Rasch drückte Sherlock auf den Knopf, um das Transportmittel zu rufen. Laut der Anzeigetafel würde das noch etwas dauern.

   Eine seltsame Stille trat ein.

   Es war lange her seit Sherlock und ich alleine unterwegs waren. Oft waren John oder Lestrade bei uns, wenn wir zusammen einen Fall behandelten. Und wenn ich mich dazu durchrang den Detektiv bei sich daheim zu besuchen, schneite alle paar Minuten Mrs. Hudson zu uns herein. Das letzte Mal, wo wir wohl alleine waren, war bei meinem Einkauf, zu dem ich Sherlock gezwungen hatte mitzukommen. Und das war bereits zwei Monate her.

   Meine Zähne fanden meine Unterlippe und unruhig wippte ich auf meinen Füßen hin und her. Es war seltsam dem Detektiv wieder so nahe zu sein, ohne von jemandem unterbrochen zu werden. Immer wieder zuckten meine Augen zu dem Hünen neben mir, der fixiert auf die Anzeigetafel starrte. Meine Hände faltete ich vor meinem Bauch, löste sie allerdings innerhalb von wenigen Sekunden wieder, um sie lose neben meinem Körper hängen zu lassen. Erst als sich eine warme Hand auf meine Schulter legte, blieb ich abrupt stehen.

   Dieses köstliche Prickeln auf meiner Haut. Diese Hitze, die sich in mir breit machte. Das Beschleunigen meines Herzens. Dieses Flattern in meinem Bauch, das sich nicht legen wollte. Es war herrlich!

   Ich hatte seine Berührungen vermisst!

   Unbewusst seufzte ich.

   Mein Gesicht färbte sich schlagartig tomatenrot und meine Hände verschwanden in meiner Pullovertasche.

   Scheiße! War das peinlich! Wieso musste mir sowas immer passieren? Und dann immer bei Sherlock... Er wird mich bestimmt auslachen! Mich damit aufziehen! Bis an mein Lebensende! Selbst auf meiner Beerdigung wird er es machen!

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