11. Endgegner: Haare

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Die restliche Zeit redeten wir eher über belangloses Zeug. Er fragte mich nach meinen Hobbys, was für Musik ich mochte und was meine Lieblingsbücher waren.

Im Gegenzug erzählte er mir Sachen über sich und witzige Erinnerungen von seinem Freundeskreis.

Irgendwann hörte es auf zu Regnen und ich wollte mich auf den Heimweg machen, aber Arda bestand darauf, mich wenigstens bis zur Schule zu begleiten. Schließlich willigte ich ein.

Ich trug immernoch seine viel zu großen Sachen, da meine eigenen Klamotten noch nicht getrocknet waren. Auch meine Schuhe waren noch nass, aber das Gefühl konnte ich ertragen.

Als wir vor der Schule standen, wurde ich aus unerklärlichen Gründen verlegen. 
Der Nachmittag war ziemlich intim gewesen, da wir beide nur zu zweit waren und über sehr persönliche Dinge geredet hatten, aber dennoch hätte ich nicht gedacht, dass es mir so schwer fallen würde, mich hier zu verabschieden.

Ich war ein wenig erleichtert, als Arda als erstes das Wort ergriff.

"Wir treffen uns in den Ferien fast täglich. Morgen sollte auch Aaron wieder kommen, dann kannst du auch ihn kennen lernen. Gibst du mir noch deine Nummer, dann können wir in Kontakt bleiben", sagte er.
Als er von Aaron sprach, wurde seine Stimme etwas komisch, aber ich war viel zu abgelenkt vom zweiten Satz, um mir darüber Gedanken zu machen.

"Äh, ja klar", gab ich ein wenig verdattert von mir und kramte mein Handy raus, das, da mein Rucksack wasserfest war, genau wie meine anderen Sachen, keinen Schaden genommen hatte.
Da ich meine neue Nummer aus dieser Stadt noch nicht auswendig konnte, diktierte ich sie ihm. 

"Ich bringe dir dann morgen auch deine Sachen mit", versprach ich und deutete an mir herunter.

Arda winkte ab.
"Mach dir keinen Stress", meinte er nur mit einem Schulterzucken.

Ich schüttelte den Kopf.
Er war viel zu großzügig zu mir!

"Okay, aber trotzdem nochmal vielen vielen Dank für alles. Nicht nur dafür, dass du mich davor bewahrt hast, im Regen nachhause zu fahren."
Ich schaute ihm in die Augen, um meine Worte nochmal zu unterstreichen. 

Arda schenkte mir ein warmes Lächeln und das Gefühl, das ich nicht deuten konnte, kehrte zurück.
"Das habe ich gerne gemacht. Du brauchst dich wirklich nicht ständig zu bedanken", antwortete er.
Seine Stimme klang dabei ganz warm und weich.

Lächelnd stieg ich auf mein Rad auf. "Dann bis morgen", sagte ich zum Abschied, wobei ich einen fragenden Unterton nicht verhindern konnte.

"Bis morgen, Adara. Ich schreibe dir dann", antwortete er und hob die Hand zum Abschied. 

Ich nickte und fuhr los.

***

Als ich zuhause ankam, klebte das Lächeln immernoch auf meinen Lippen, als wäre es dort festgewachsen. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich zuletzt so glücklich gewesen war.

Während ich meinen Rucksack ausräumte, ließ ich den Tag nochmal revue passieren.
Es war alles unbeschreiblich schön gewesen, die Herzlichkeit der anderen, das Gefühl, wieder irgendwo dazuzugehören und alleine mit Arda zu sein und über so vieles zu reden, worüber ich mich mit niemandem unterhalten konnte.

Mein Blick fiel auf mein Handy, das mir neue Nachrichten anzeigte, alle von unbekannten Nummern.

Ich wurde in eine Whatsapp Gruppe hinzugefügt, die "die durchgeknallten Helden" hieß.
Irgendwie witzig und süß.

Schnell las ich mir alle durch und speicherte die Nummern ein.

Von den Nachrichten erfuhr ich, dass wir uns morgen um 15 Uhr bei Nemea zuhause treffen würden. Sie wohnte nicht allzu weit von mir entfernt, sodass ich die Strecke locker mit dem Fahrrad bewältigen konnte.

Die nächste Nachricht war privat an mich geschickt worden. Sie war von Nemea, die mich fragte, ob ich auch kommen würde.
Beigefügte Emojis und Sticker zeigten, dass sie sich darüber freuen würde.

Ich lächelte in mich hinein. Sie war wirklich total liebenswürdig.

Auch ihr antwortete ich, dass ich auf jeden Fall kommen würde und dass ich mich jetzt schon freute.

Sie antwortete in Rekordzeit mit einem Sturm von vorfreudigen Stickern.

Der ganze Tag hatte mich so ausgelaugt, dass ich mich eigentlich sofort ins Bett werfen wollte, aber ein Blick in den Spiegel sagte mir, dass ich noch duschen müsse.

Meine Haare sahen aus wie ein einziges knotiges Knäuel.

Ich stöhnte auf. Das alles zu entwirren würde ewig dauern und auch schmerzhaft sein, aber da ich nicht bis in alle Ewigkeit mit einem Wischmopp auf dem Kopf rumlaufen wollte, schleppte ich mich wiederwillig ins Bad.

Es war tatsächlich sehr schmerzhaft, die ganzen Knoten glatt zu bürsten, aber nach einer Zeit kam ich relativ leicht durch meine Haare durch.

Zufrieden betrachtete ich mein Werk im Spiegel.
Nicht catwalkverdächtig oder modelmäßig schön, aber für heute musste es reichen. Für mehr reichte meine Energie einfach nicht.

Auch wenn es etwas kindisch und kitschig, wenn nicht sogar peinlich war, ließ ich zum Schlafen Ardas T-Shirt an.
Es eignete sich einfach perfekt als Schlafshirt, da es bequem und groß war.

Außerdem roch es nach Regen, Freiheit und schönen Erinnerungen.

Die flammende TräumerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt