Briefe und Siegel ¦ du hast genug getan! - Hermine

241 14 0
                                    

Ich saß in der Küche, saß auf einem der vielen Stühle am Esstisch und starrte auf die Tischplatte vor mir. Ich fuhr mit meinem Blick den feinen Rillen der Holzmaserung entlang, verfolgte ihre Spuren so lange, bis ich sie nicht mehr wahrnahm und sie sich in dem braun des Tisches verloren.

Kreacher wuselte um mich herum. Die Kanne mit dem heißen Wasser auf dem Herd pfiff und vereinzelt hörte man die Autos die draußen an den Häusern am Grimmauldplatz vorbei fuhren.

Doch all das registrierte ich nur am Rande, ich war gefangen in meinen Gedanken, gefangen in der Düsternis meiner Vergangenheit, gefangen in unser aller Vergangenheit. Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Ich hatte mich in meinem Bett hin und her gewälzt, mir die Decke über den Kopf gezogen und in selben Atemzug hatte ich sie wieder von mir runter gerissen. Es lag nicht an meinem neuen Bett oder an dem fremden Zimmer, dass ich nun meinen eigen nennen durfte, denn Harry hatte das Zimmer, wunderbar hergerichtet und die Düsternis wenigsten farblich gänzlich daraus ausgesperrt. Doch wenn ich mich darin befand, befanden sich auch die Dunkelheit und die düsteren Gedanken von mir, darin.

Nach dem Frühstück heute Morgen hatte sich Harry in sein, nun in Sirius altes und ich mich in mein Zimmer zurückgezogen. Jetzt war es Nachmittag und der Hunger und mein knurrender Magen hatten mich den Weg zurück in die Küche antreten lassen. Kreacher hatte sich unsanft vor mich gedrängelt, als ich mir aus der Vorratskammer etwas zu knabbern holen wollte. Es schien als würde er mich angiften, doch er murmelte nur leise vor sich hin: "Miss soll Kreacher seine Arbeit machen lassen." Ich ließ ihm seinen Willen, hatte nicht die Kraft darüber nachzudenken was diesem Elfen alles Schreckliches Angetan wurde und wie ungerecht die Situation der Elfen immer noch ist.

Ich suhlte mich in meinem Selbstmitleid und in meinem Kummer, wollte darin baden, versinken und mich darin ertränken. Was hatte ich getan? Ich hatte meine Eltern verflucht. Ich hatte sie ihren Erinnerungen beraubt. Ich wusste, dass es die richtige Entscheidung war, wenn auch eine sehr radikale. Doch jetzt nach dem Krieg zweifelte ich daran, zweifelte ob es wirklich der einzige Weg gewesen war ob es nicht doch noch einer Andere eine bessere Lösung gegeben hätte. Und das schlimmste an meinen Zweifeln war, das Wissen das ich aus reinem Eigennutz an mir Zweifelte. Ich war hilflos und wütend auf mich selbst. Ich war daran schuld, dass ich alleine an diesem Tisch hockte. Gefühle sind nicht rational und so führte mein Herz wie schon so oft zuvor, einen erbitterten Kampf mit meinem Verstand.

Ich spürte nicht wie die Zeit an mir vorüberzog, doch ich spürte das mir jemand an meinem Ärmel zupfte. Kreacher hielt mir einen Brief hin und ich erkannte die krakelige Handschrift und das gekleckse auf den ersten Blick, schließlich hatte ich unzählige Stunden damit verbracht dieses Gekrakel zu lesen und zu überarbeiten. Der Brief war von Ron. Mit zitternden Fingern, rasendem Puls und flatterndem Herzen, brach ich das Siegel und entfaltete das Pergament. Ich überflog die Wort und mein Innerstes krampfte sich zusammen, als ich mich dazu zwang die Zeilen noch einmal Wort für Wort zu lesen, nur um mich zu vergewissern, dass ich mich nicht verlesen hatte.

"Hermine, Mum hat mir erzählt das du nicht zu uns in den Fuchsbau kommen wolltest, als sie dich gefragt hat. Du seist mit Harry im Grimmauldplatz. Das ist Okay. Schick mir eine Eule falls du doch zu uns kommen willst und sag Harry das Mum gesagt hat das er auch herzlich willkommen ist. Ron"

Ich wusste nicht was ich von diesen wenigen Zeilen halten sollte. Wollte er mich gar nicht sehen? Brauchte er mehr Zeit für sich? Wieso hatte er nicht schon vorher mitgekriegt das ich mit Harry ins Haus der Blacks zurückgekehrt bin? Und wieso sollte es denn bitte nicht Okay sein, mit Harry hier zu sein? Hatte er sich gar keine Gedanken über mich gemacht? Nicht ein einziges Mal an mich gedacht?

Mein Herz zog sich zusammen und ich spürte wie sich eine mir fremde, brennende Kälte in meinem Körper ausbreite. Meine Augen füllten sich mit Tränen, die sich verstohlen ihren Weg über meine Wangen bahnten. Ich spürte wie Schluchzer meinen Körper erschütterten und sich der Raum um mich herum in ein schwammiges Nichts auflöste.

Es war zu viel. Zu viel des Schreckens, zu viel der Angst, zu viel des Schmerzes. Ich vermisste meine Mum und meinen Dad und ich vermisste Ron.

Langsam sackte ich auf dem Küchenboden zusammen und starrte mit dem nicht versiegend wollenden Strom an Tränen ins Leere. Es war zu viel. Schließlich nach Stunden so wie es mir schien, schaffte ich es aufzustehen, schaffte es zu Sirius altem Zimmer hoch zu steigen und schaffte es an Harry Zimmertüre zu klopfen. 

your soul, my quest ¦ Hermines WegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt