Loki, der Schwede

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In den nächsten zwei Tagen öffnete ich immer wieder den Schrank, um mir mein "Date-Kleid" anzusehen und mir nebenbei vorzustellen, was an dem Abend passieren würde.
Meistens endeten meine Gedanken aber damit, dass ich mich total blamierte.
Ich hoffte wirklich, dass das nicht wirklich passieren würde.
Dank Julia, die am vorherigen Tag noch einmal dagewesen war, hatte ich nun Make-Up zur Verfügung und ihr Versprechen, mir an dem Abend zu helfen, egal was komme.
Vorher brauchte ich aber noch unbedingt Schuhe.
Ich nahm mir sogar vor, diese Fuß-Töter namens "High Heels" anzuziehen, nur damit das Gesamtbild stimmte.
Wahrscheinlich würde ich aber nur umknicken, mir den Knöchel brechen und wenn möglich noch Clint mitreißen.
Der Weltuntergang wäre gar nichts dagegen.
Seufzend schlug ich mir meinen Arm über die Augen.
So durfte ich auf keinen Fall denken.
Es würde super laufen.
Ich lag auf meinem Bett und hatte einen Film angemacht, um mich von dem ganzen abzulenken.
Doch wie man sah, funktionierte es nicht so wie es sollte.
Frustriert setzte ich mich auf, schaltete den Fernseher aus und sah mich um.
Zum Trainieren war es noch viel zu früh, zudem saß Loki jetzt selbst vor der Glotze.
Also tat ich das einzig sinnvolle.
Ich verkroch mich unter meiner Decke, stöpselte meine Kopfhörer ein und schlief eine Runde, während Nickelback mir diese miesen Vorstellungen nicht auf dem Boden, sondern aus dem Hirn "burnte".

Als ich wieder aufwachte, beklagte Christina Perri gerade ihr leid und füllte Herzen in Einmachgläser.
Gähnend schaltete ich das Handy aus und befreite mich vom Kabel meiner Kopfhörer, die sich wie eine Boa constrictor um meinen ganzen Kopf gewickelt hatten.
Die Gefahr war schnell gebannt und ich konnte mich aufsetzen, ohne mich selbst zu erdrosseln.
Die Handyuhr hatte mir gezeigt, dass ich zwei Stunden weggetreten war und machte mich nun daran, etwas zu essen zu finden.
Mein Magen hing mir regelrecht in den Kniekehlen.
Ich trat in den Flur, hörte dann aber etwas sehr merkwürdiges.
Loki unterhielt sich mit jemanden im Wohnzimmer, doch diese weibliche Stimme...
Kam mir sehr bekannt vor!
Mit einem regelrechten Sprint stürmte ich durch die Tür und starrte verdattert auf das Bild, welches sich mir bot.
Meine Mum, ich wiederhole, meine MUM, saß mit einer Tasse auf der Couch, während sie locker mit dem Gott plauderte.
>>Heilige Schei... Schei... Scheibenkäse!<<
Die beiden bemerkten mich, was bei meinem leisen Erscheinen aber auch nicht verwunderlich war und lächelten mich an.
"Da bist du ja endlich." meinte Loki vergnügt und stand auf, um mich zu ihnen zu schieben.
"Mum, was machst du hier?" fragte ich aber, ihn nicht für voll nehmend.
Sie stellte die Tasse ab.
"Tony wollte mit mir reden. Wahrscheinlich um endlich ein für alle Mal alles zu klären. Er verspätet sich aber scheinbar. In dem Sinne hat er sich also nicht verändert. Ich bin vor einer halben Stunde angekommen und..."
Sie sah zu Loki, runzelte die Stirn und lachte dann leicht.
"Wir haben uns noch gar nicht vorgestellt."
Der Gott schmunzelte charmant und wollte das wohl nachholen, doch ich war schneller.
Grinsend legte ich ihm eine Hand auf die Schulter, mir einen Namen überlegend.
Dass sie einem Gott gegenüber saß, wollte ich ihr jetzt nämlich nicht antun.
"Das ist Magnus."
Loki blickte mit einer hochgezogenen Braue zu mir, ich aber weiterhin zu meiner Mum.
"Magnus Martinsson. Er ist aus Schweden. Austauschagent und so. Nicht wahr Magnus?"
Dieser setzte wieder sein Lächeln auf und reichte meiner Mutter die Hand.
"Es freut mich sie kennenzulernen Miss Mitchel."
Sie erwiderte die Geste und wirkte dabei überrascht.
"Sie sind also auch ein Agent? Ich weiß nicht was ich davon halten soll, wenn du nichts mehr mit... Na ja, normalen Leuten unternimmst."
Das letztere war an mich gerichtet.
Loki aber wusste was er darauf sagen sollte.
Er legte einen Arm um meine Schulter.
"Ich verspreche Ihnen, ich bin wohl der normalste Agent mit dem es Ihre Tochter zu tun hat. Um ehrlich zu sein, bin ich nicht einmal ein richtiger Agent, sondern eher ein... Berater. Absolut harmlos. Und ich bin Schwede. Wir Schweden sind die nettesten, glauben Sie mir."
Jetzt übertrieb er aber.
Meiner Mutter schien noch kurz skeptisch, wurde dann aber von seinem Zahnpaste-Lächeln geblendet.
Hätte ich diesen Trick damals drauf gehabt, wäre ich in meiner Kindheit um ein paar Strafen sicher herumgekommen.
"Das freut mich. Nur... sind Sie... also, seid ihr...?"
Sie schaute uns fragend an und Loki schien schneller zu schalten als ich.
Er schüttelte den Kopf.
"Oh nein. Das würde Barton schließlich überhaupt nicht gefallen."
Prompt hatte ihr Blick einen wachsamen Ausdruck angenommen und ich wusste was sie gemeint hatte.
Sofort hob ich die Arme.
"Lo- Magnus und ich sind nicht zusammen!"
"Dieser Barton… Er ist doch ein Avenger, oder? Zumindest hieß einer von ihnen Barton." fragte sie nun, woraufhin ich dem grinsenden Gott neben mir einen Stoß in die Rippen gab.
"Ja. Clint ist ein Shield-Agent und ein sehr guter Freund. Wir daten uns seit einer Weile.“
Daraufhin wirkte sie nicht wirklich begeistert, aber welche Mutter wollte das schon hören?
Ein Agent, den sie nicht einmal kannte und der ihre Tochter dann auch noch zu Verabredungen ausführte?
Um sie ein wenig milde zu stimmen, hob ich die Hände.
„Wenn er mal wieder hier ist und du Zeit hast, kannst du ihn ja mal kennenlernen. Du würdest ihn mögen.“
Loki neben mir grinste nur.
„Er ist ein toller Kerl. Ein richtiger Robin Hood.“
Sie runzelte die Stirn und sah erst skeptisch zu ihm und dann zu mir.
„Na ja… Du bist alt genug, oder?“
Ich nickte eifrig.
„Was sagt dein Vater dazu?“
Ich hörte auf zu nicken, während Loki neben mir amüsiert losprustete und es hinter einem Husten tarnte.
„Er weiß es noch gar nicht.“ stellte sie seufzend fest.
„Ich bin alt genug um es euch nicht zu sagen.“ murmelte ich und verschränkte die Augen.
Ihrem Blick nach zu urteilen, stimmte das nicht im Geringsten.
Ehe wir uns noch weiter über mein momentan nicht existierendes Liebesleben unterhalten konnten, meldete sich Jarvis, woraufhin meine Mutter etwas zusammen zuckte.
„Miss Mitchel? Mr. Stark kann Sie nun empfangen. Ich bringe Sie zu ihm.“
Sie lehnte sich etwas zu mir.
„An diesen Computer würde ich mich nie gewöhnen können. Ich frage mich wie du es schaffst.“
>>Liegt wahrscheinlich in den Genen.<<
Wir standen auf und begleiteten sie zum Fahrstuhl, wo sie sich dann von Loki verabschiedete.
„Es hat mich wirklich gefreut Sie kennenzulernen Magnus.“
Der Schein-Schwede lächelte sie charmant an.
„Mich ebenfalls. Sie sind hier jederzeit willkommen.“
Ich rollte mit den Augen und bugsierte sie dann ganz dezent in die Kabine.
„Er ist sehr nett.“
„Er ist ein Schleimer.“ erwiderte ich, als der Fahrstuhl sich in Bewegung setzte.
Eigentlich sollte sie nur nach oben fahren, doch ich wollte es möglichst verhindern, dass sie Tony von der Sache zwischen Clint und mir erzählte.
Dort kamen wir rasch an.
Der Milliardär stand mit einem Glas in der Hand und der anderen in der Hosentasche an der Fensterfront und sah hinaus, bis wir in das Stockwerk traten.
Darauf hatte ich solange gewartet.
Erwartungsvoll sah ich zwischen den beiden hin und her, die nun Blickkontakt aufgenommen hatten.
>>Oh mein Gott! Meine Eltern! Zum ersten Mal seit meiner Geburt in einem Raum!<<
Zuerst lag eine merkwürdige, befremdliche Spannung in der Luft, was davon herrührte, dass die beiden schließlich nicht wirklich im Guten auseinander gegangen waren.
Dann aber änderte es sich.
Tony lächelte, aber nicht sein übliches überhebliches Tony-Lächeln, sondern sein freundliches, sanftes.
„Ally.“
Diese wurde wohl von ihm angesteckt.
„Tony.“
>>Oh mein GOTT!!!<<
Innerlich kreischte ich gerade wie ein Teenie mit Hormonüberschuss.
Er kam langsam zu uns und begrüßte sie dann mit einem Händeschütteln.
„Es freut mich wirklich dich wiederzusehen. Du bist genauso wunderschön wie damals. Ein wenig älter, aber wunderschön.“
„Und du bist immer noch so ein Schmeichler der nicht so recht weiß, wie er mit Worten umgehen soll.“ erwiderte sie amüsiert und deutete auf sein Glas.
„Wasser? Hast du dem Alkohol abgeschworen?“
„Oh nein, wo denkst du hin? Ich lasse es nur langsamer angehen. Schließlich muss ich jetzt ein Vorbild sein.“
Er sah zu mir und wuschelte mir dann durch die Haare.
Das war weniger „Oh mein Gott“, sondern einfach nur kindisch.
„Tony, anstatt herumzustehen solltest du ihr etwas anbieten.“
Oh, oh.
Wir sahen auf als Pepper lächelnd die Stufen zur zweiten Etage herunter und dann auf uns zu kam.
Irgendwie rechnete ich mit dem Schlimmsten, einem richtigen Zickenkrieg, doch es kam anders.
Die beiden Frauen begrüßten sich genauso wie Tony und meine Mutter mit einem Händeschütteln.
„Ich bin Virginia Potts. Sie können mich gern Pepper nennen.“
„Ally, vielen Dank.“
Pepper stellte sich neben Tony, der sofort einen Arm um sie legte, es meine Mutter aber nur Lächelnd registrierte und es keine Spur von einer Eifersüchtelei gab.
Man merkte sofort einen Unterschied.
Auch wenn meine Mum und Tony sich damals geliebt hatten, war nun nichts mehr davon übrig außer einer tiefen Freundschaft, die noch Zeit brauchte, sich zu entwickeln.
Bei Pepper war es dagegen viel mehr, da er sie liebevoll anlächelte.
Meiner Mutter und mir machte es nicht das Geringste aus.
Es freute mich das zwischen den dreien kein böses Blut herrschte, hatte es mich im Vorhinein schließlich arg beschäftigt.
Aber nun waren meine Sorgen unbegründet.
Wir setzten uns, meine Mutter und ich gegenüber Tony und Pepper.
Letztere brachte uns etwas zu trinken und nahm dann neben Tony Platz.
Er lächelte uns an.
„Also… Ally. Wie gesagt, es freut mich wirklich dich wiederzusehen. Ich hatte erst bedenken mich bei dir zu melden, schließlich wusste ich nicht, wie du auf mich zu sprechen bist. Nach Sarahs Erzählungen klang es nicht gut.“
Sie sah zu mir, weshalb ich nur die Schultern zuckte.
„Du hattest öfters erwähnt dass du ihn nicht leiden kannst.“
Meine Mum blickte zu ihm.
„Es stimmt. Aber das hat sich gelegt, nachdem ich erfahren habe das du nicht mehr so ein Idiot bist wie damals.“
„Manchmal fällt er aber in alte Verhaltensmuster zurück.“ lächelte Pepper und klopfte auf seine Schulter.
Die beiden Frauen prosteten sich zu, was mich nur zum Lachen brachte, den Erfinder wiederum ein empörtes Schnauben entlockte.
Die beiden berichteten, was nach ihrer gemeinsamen Zeit passiert war und wir anderen hörten zu.
Irgendwann jedoch beschlossen Pepper und ich jeder für uns die beiden mal kurz allein zu lassen.
Wir gingen zur Küche und während ich mich auf einen Stuhl an der Theke setzte, stellte sie sich mir gegenüber.
„Sie ist nett. Kein Wunder das Tony sich damals in sie verliebt hat.“
„Ist das nicht komisch für dich?“ fragte ich und deutete auf die beiden.
„Zu wissen das die beiden mal… Na ja, zusammen waren. Wenn man es so nennen kann.“
Sie schmunzelte.
„Überhaupt nicht. Schließlich ist davon außer einer Freundschaft nichts mehr übrig geblieben. Von dir mal abgesehen.“
Ich nickte und sah zu meinen Eltern, die nun Zeit und Ruhe hatten, ein wenig zu reden.
Diese Zeit war aber schneller vorbei als gedacht, als Tony plötzlich laut wurde.
„Wie bitte?!“
Er sah mit verengten Augen zu mir, lächelte dann aber auf einmal breit.
„Sarah? Schätzchen, kommt du bitte mal her?“
Pepper lehnte sich etwas über den Tresen.
„Was hast du angestellt.“
„Ich hab keinen blassen Schimmer.“ murmelte ich skeptisch.
Dann fiel mir aber der Blick von meiner Mum auf und meine Augen weiteten sich.
>>Sie hat doch nicht etwa…. Nein!<<
Doch.
Anscheinend hatte sie ihn gerade „zufällig“ von meinen Date-Plänen unterrichtet.
Dabei wollte ich das selbst machen.
Irgendwann.
Wenn er betrunken genug war, um es wieder zu vergessen.
Aber meine Mutter hatte mir einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Das war typisch.
Kaum sahen sie sich nach zwanzig Jahren wieder, mussten sie gleich Erziehungstechnisch auf einer Wellenlänge sein.
Langsam setzte ich mich in Bewegung und ging zu ihm.
„Ja?“
Immer noch mit diesem scheinheiligen Lächeln auf den Lippen, zog er mich neben sich.
„Warum muss ich von deiner Mutter erfahren, dass du Barton datest?“
„Weil sie es nicht für sich behalten konnte?“ erwiderte ich mit einem unsicheren Grinsen.
Seine fröhliche Miene verschwand.
„Du gehst mit ihm aus? Mit Clint Barton? War er deshalb in letzter Zeit so oft hier?“
„Ja und nein. Er hat mich trainiert. Tut es eigentlich immer noch. Tony, ich mag ihn. Außerdem ist es doch meine Sache, mit wem ich ausgehe.“ meinte ich nun und verschränkte bemüht überzeugend meine Arme vor der Brust.
Er schnappte empört nach Luft.
„Ich habe aber auch noch ein Wörtchen mitzureden. Er ist viel zu alt für dich!“
„Und wenn ich mit Steve ausgehen würde?“
„Soweit kommts noch! Vergiss es!“
Dann meldete sich Pepper zu Wort und setzte dem Ganzen ein Ende.
Sie blickte lächelnd zu meiner Mutter.
„Sie müssen sich wirklich keine Sorgen machen Ally. Agent Barton ist ein verantwortungsvoller und netter junger Mann.“
Sofort sah mein Vater mit großen Augen zu ihr.
„Woher willst du das denn wissen?“
„Im Gegensatz zu dir unterhalte ich mich mit Menschen und lerne sie kennen. Versuche es auch mal.“ zwinkerte sie ihm zu.
Ich seufzte erleichtert und wartete auf die Reaktion meiner weiblichen Erzeugerfraktion.
Sie schien noch einen Moment nicht überzeugt, lächelte dann aber.
„Nun gut. Wenn Sie das sagen. Dennoch würde ich ihn gerne einmal kennenlernen, wenn du nichts dagegen hast.“
Ich nickte daraufhin breit grinsend.
Tony war anscheinend der einzige der nicht ganz zufrieden mit ihrer Reaktion war.
Er lehnte sich grummelnd zurück, woraufhin ich zu den beiden Frauen sah.
„Er und ich essen übrigens in naher Zukunft zusammen etwas… Also wieder ein Date.“
„Hast du etwas zum Anziehen?“ fragte meine Mom sofort, doch Pepper dachte gleich weiter.
„Wir könnten doch mal alle zusammen shoppen gehen!“
>>Wie bitte?!<<
Sofort sprang meine Mutter darauf an.
„Das ist eine tolle Idee. Sarah, wir könnten doch Julia mitnehmen. Sie kommt sicherlich mit.“
Eigentlich hatte ich mit meiner einfachen Aussage, ein Date mit Clint zu haben, nicht auf so etwas spekuliert.
Niemals.
Doch es war wohl schon entschieden.
Selbst Tony mischte sich ein.
„Allein geht ihr sicher nicht! Happy wird mitkommen.“
„Vielleicht möchte Magnus auch mitkommen. Er ist schließlich so nett.“
Auf die Aussage meiner Mutter hin runzelten Tony und Pepper die Stirn, aber ehe sie etwas sagen konnten, hatte ich mich schon eingemischt.
„Oh nein, das würde ihm nicht gefallen. Nein, nein. Magnus bleibt lieber hier, schaut sich nicht schwedische Serien und Filme an und isst Schokoerdnüsse. Ähm… Aber ich kenne dann jemanden dem es sicher Spaß machen würde. Ich rufe ihn nachher gleich an.“
Damit war Loki aus dem Schneider.
Sie nickte nur lächelnd.
Später erklärte ich den anderen beiden dann, dass Loki ab jetzt Schwede war.

Der Spaß geht in die neue Runde!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt