13. Für immer gezeichnet?

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Würdest du sagen, dass du für immer gezeichnet bist durch das, was du durchgemacht hast? Das, was dein Vater dir angetan hat? Hat es (innere) Wunden hinterlassen, die niemals heilen werden?

Jain!

Ich hatte lange Zeit sehr große Probleme in der Gegenwart von Männern. Wenn ich mit einem alleine in einem Raum war (auch mein Schwager oder meine Onkel), verließ ich den Raum fluchtartig. Die Männer in meiner Verwandtschaft fanden bzw. finden das nicht so witzig. Keiner darf mir näher kommen als 1m, berühren und erst recht umarmen ist absolut tabu! Nur mein Opa durfte das!!!

Komischerweise hatte ich bei männlichen Patienten im Krankenhaus keine Probleme mit Kontakt und Berührungen. Vielleicht, weil SIE da hilflos waren und ich somit die "Stärkere". Ich weiß es wirklich nicht! Aber ich konnte sie pflegen und behandeln, ohne Probleme zu haben. Sobald sie jedoch gesund waren oder über den Stationsflur gehen konnten, ging ich, oder musste ich, auf Abstand (gehen). Verrückt, oder?!

Auch mein Vetter (der Priester, der mich aus dem Kloster für eine Ausbildung in seine Stadt geholt hat) hatte laange Zeit Probleme. Wir waren dann ja zusammen in einer weiter entfernten Stadt und er hatte die Aufgabe bekommen und auch freiwillig übernommen, mir zur Seite zu stehen und mir zu helfen. Dazu mussten wir uns nunmal öfters treffen und in einem Raum sein. Nur wie sollte das gehen, wenn ich das nicht konnte?! Spätestens jeden zweiten Sonntag musste ich von meinem Wohnheim (am Krankenhaus) zu ihm in seine "Priester-Wohnung" zum Gespräch. Er sah sich das einige Male an und besprach sich dann mit seiner jüngeren Schwester.

Bei meinem nächsten Termin bei ihm ging er hinter mir ins Zimmer und schloss ab. Er ZWANG mich, das auszuhalten. Das war für ihn auch ein laaanger Termin. Ich schrie, tobte, schlug um mich, usw., aber er hielt es aus und er hielt durch. Nach einiger Zeit beruhigte ich mich. Das war auch für mich selbstverständlich extrem hart! Aber es half. Danach konnte ich mit ihm zusammen im Raum sein. Anschließend ging er weiter. Er berührte mich zufällig, dann deutlicher usw. Irgendwann umarmte er mich dann und hielt mich lange einfach fest. Das brachte ihm seeehr viele blaue Flecken ein. Er war übersäht damit, aber das war ihm egal. Das machte er immer öfter und länger, bis ich damit gut klar kommen konnte. Er ist bis heute (außer natürlich früher mein Opa) der einzige Verwandte, der mich anfassen darf. Viele andere sind eifersüchtig und neidisch auf ihn.

Ich bin sehr skeptisch anderen gegenüber. Ich traue keinem so leicht.

Auch in meiner Familie sind Umarmungen eher selten! Leider!!! Auch meine Schwester wollte das nie. Und auch mit meiner Mutter gibt es nicht so oft engere Umarmungen ect. LEIDER!!!

Das ist wohl ein Zeichen oder eine Wunde, die wir alle davongetragen haben.

Wir sind zwar alle sehr emotional, haben aber oft Schwierigkeiten, Gefühle offen zu zeigen und zuzugeben. Deshalb gelten wir auch oft als kalt, was wir aber definitiv nicht sind. Nur wurde es uns sehr früh ausgetrieben, bzw. verboten, zu zeigen!

Auch habe ich bis heute immer Angst, andere zu verärgern oder wütend zu machen. Ich habe dann Angst vor Konsequenzen. Ich möchte mich mit allen gut verstehen können und keinen vergraulen! Ich habe eh schon kaum Freunde oder Bekannte. Da bin ich doch froh über jeden, der sich mit mir abgeben will. Daher entschuldige ich mich auch ewig für irgendwelche Sachen. Das kann das Gegenüber dann oft nicht verstehen. Aber so war eben SEINE Erziehung: ich war ja ewig Schuld an ALLEM! Das bleibt irgendwie hängen.

Also ich denke, meine Vergangenheit hat auf jeden Fall innere Wunden hinterlassen.

Ich fühlte und fühl mich immer schon allein gelassen. Auch heute, wo ich ja eigentlich mit meiner Mutter zusammen lebe und wir uns wirklich sehr gut verstehen und innig sind, fühle ich mich trotzdem immer allein. Habe ja auch nur eine wirklich echte Freundin, die aber zu weit weg wohnt. Sonst gibt es hier schon Bekannte und so, aber eigentlich niemand, mit dem ich offen und ehrlich reden könnte. Sie helfen mir schon, wenn ich in praktischer Richtung Hilfe brauche (z.B. beim Putzen, Fenster putzen und so), aber das war es auch schon. (Sie müssen mir/uns regelmäßig beim Putzen ect. helfen, weil ich/wir es durch unsere Erkrankungen nicht mehr komplett alleine schaffen. Unsere Körper spielen da nicht mehr mit.)

Ansonsten habe ich auch deutliche körperliche Spuren, durch die Schläge, Peitsche, aber auch von dem Missbrauch und den Vergewaltigungen. Auf meinem Rücken, dem Gesäß, den Armen und an den Innenseiten der Oberschenkel, im Genitalbereich und auch im Scheideneingang habe ich Narben bzw. Vernarbungen. Durch den Missbrauch und die Vergewaltigungen sind im Scheideneingang so starke Vernarbungen, dass die Ärzte mich heute nur noch mit "Kinder-Untersuchungsbesteck" untersuchen können. Andere Spekular und Co würden mich zerreißen und ich würde unter Umständen innerlich verbluten. Ein Arzt sagte mal, ich würde im Genitalbereich fast so aussehen wie beschnittene Frauen aus den afrikanischen Ländern. Wegen den ganzen Narben und so. Ich weiß es nicht, ich kann es ja schlecht selber sehen!

Ich habe jedoch nicht nur Narben, sondern die permanenten Verletzungen im jungen Alter haben noch mehr angerichtet.

Normalerweise sollten die Harnröhre und der Scheideneingang ja hintereinander sein. Von vorne gesehen erst der Eingang der Harnröhre und danach der der Scheide und zuletzt dann der After.
Bei mir liegen die Eingänge der Harnröhre und der Scheide aber nicht so. Durch die jahrelangen Verletzungen haben sich diese beiden Eingänge bei mir etwas "verschoben". Sie liegen fast, bis auf wenige Millimeter, nebeneinander. Der Gerichtsmediziner damals bei der Namensänderung meinte, das könne schon mal passieren, wenn der Missbrauch schon relativ früh und kontinuierlich über Jahre passieren würde und auch größere Gegenstände benutzt würden. Das könne man aber kaum wieder beheben. Diese "durch äußere Umstände" erworbene "Missbildung/Fehlbildung" würde nun mein Leben lang bleiben! Von ihm nett formuliert, oder?! Dieser A.........! (Damit meine ich diesmal beide! Den Gerichtsmediziner und den Erzeuger!)

Heute habe ich einen Freund. Am Anfang hatte ich extreme Probleme, ihn an mich ran zu lassen oder ihm überhaupt zu vertrauen. Ich lernte ihn durch eine Bekannte kennen.

Aber er bewies seeehr viel Geduld und nahm seehr viel Rücksicht. Vor allem gibt er mir die Zeit, die ich brauche. Auch wenn ich mal Ruhe und Abstand brauche, kann und darf ich mir die selbstverständlich nehmen.

Allerdings können wir nur "platonisch" zusammen sein. Wenn wir mehr wollen würden, müsste erst durch eine OP versucht werden, mich zu "weiten" und wieder richtig zu "öffnen"!

Zum Glück (!) zeigt er Verständnis und akzeptiert es! Wir sind ja schon etwas älter und setzen auch andere Prioritäten als Sex. Man kann auch anders zusammen sein!

Misshandlung und Missbrauch im Kindes- und Jugendalter - Ein InterviewWo Geschichten leben. Entdecke jetzt