Das regelmäßige Rauschen des Fahrstuhls vermischte sich mit meinen eigenen Gedanken. Ich wusste nicht was genau ich dachte, nur das mein Herz auffällig schnell anfing zu schlagen und mein Kopf pochte. Ob das eine Reaktion darauf war dass ich meine Tabletten nicht genommen hatte?
Unwirsch schüttelte ich den Kopf und versuchte die Zweifel an mir selbst zu verjagen.
Ich hatte das richtige getan. Ich musste es tun! Diese Frau hatte mein ganzes Leben kontrolliert und das hatte jetzt ein Ende!Mit einem *ping* meldete der Fahrstuhl das wir den siebten Stock erreicht hatten und wir traten in den Gang.
Der Boden war mit einem Hellgrauen Teppich belegt, der jedes Geräusch verschluckte. Nur das leise Quietschen des Rollstuhls war zu hören während wir unseren Weg zu Zimmer Nummer einhundert-achtundzwanzig machten.
Die Tür war weiß und wirkte steril. Ganz im Gegensatz zum Raum dahinter. Durch die riesige Fensterfront die, die gesamte Wand einnahm, konnte man das Treiben auf den Londoner Straßen betrachten. Davor stand ein Glastisch, mit dahinter einem weißen Ledersessel. Ein junger blonder Man mit freundlichem Lächeln saß darin und erhob sich als wir zur Tür hereinkamen.
"Ma'am Twist, Sierra, schön dass sie da sind. Setzen Sie sich doch,"
Er zwinkerte mir zu, was ich nur mit einem verwirrten Blick abwandte und bot meiner Mutter einen Stuhl an.
"Und Sie sind Olivia, richtig?"
Wendete er sich an Olivia die meinen Rollstuhl zum Schreibtisch schob. Sie schüttelte seine Hand und nickte.
"Michael, schön sie kennenzulernen!"
Er bot ihr den zweiten Stuhl an und setzte sich wieder.
Michael, aha. Und der sollte mir jetzt in irgendeiner Art und Weise helfen? Eigentlich sah er ganz nett aus. Nicht so abgehoben wie der Rest der Spezialisten die ich in meinem Leben schon gesehen hatte.
Obwohl? Sicher konnte ich mir da eh nicht sein. Ich konnte mich nur an zwei erinnern: Rolf und Paul. Beide bildeten sich sehr etwas darauf ein, das sie ein Papier mit Doktortitel bei der Uni ergattert hatten und helfen konnte man das nicht nennen wie was in ihren Therapiestunden abging.
Von Bilder malen bis über Strichlisten führen, hatte ich alles schon erlebt.
Irgendwie tat Michael mir leid, meine Mutter würde ihn jetzt 2 Stunden voll labern und danach würden wir wieder fahren und er würde nichts mehr von uns hören.Schweigend starrte ich aus dem Fenster während meine Mutter die alte Leier wieder anfing.
Das Summen in meinem Kopf übertönte ihre Stimme und meine Gedanken drifteten ab.
Die Menschen draußen, meine wirr redende Mutter und der schwarze Kugelschreiber von Michael der eifrig übers Papier sauste, wurden zu einem Strudel der mich herab sog und mich verschling wie Zahnpasta die im Abfluss verschwindet. Mein Kopf wurde immer schwerer und meine Atmung immer unkontrollierter."Ich muss kurz aufs Klo."
Presste ich aus meinen Lippen und rollte zur Tür.
Olivia drehte sich um: „Soll ich mitkommen?"
Ich schüttelte den Kopf und wies zu meiner Mutter.
"Pass auf dass sie nicht wieder irgendwas erzählt dass nie vorgefallen ist."
Sie schmunzelte und drehte sich wieder zu Michael. Der nickte mir zu und gab mir damit zu verstehen dass ich getrost den Raum verlassen konnte."Siebte Tür links."
Ich lächelte ihn dankbar an und verließ den Raum.
Draussen auf dem Flur war Stille.
Das Summen in meinem Kopf klang ab und wurde durch einen hohen piependen Ton abgelöst. Immer schneller drehte ich die Räder des Rollstuhls. Meine Hände waren schweißnass und drohten ab zu rutschen. Den Blick aufs Ende des Flures geheftet, erhöhte ich mein Tempo. Der Ton in meinem Kopf wurde immer höher und lauter. Mein Herz raste und das Quietschen der Räder verschwamm zu einem Rausch der Geräusche.
Plötzlich knallte ich gegen jemanden.
Der Rollstuhl schlingerte nach links und kippte um. Mit einem dumpfen Knall prallte mein Kopf auf dem Flur auf. Meine Finger klemmten sich zwischen den Rädern ein und ein stechender Schmerz fuhr durch meinen Arm."Ahh, Fuck!"
Ich sah nur noch Sternchen.
Eine fremde Männerstimme brach in einem Fluss der Flüche und Beleidigungen aus. Ich versuchte meine Finger aus den Metallschienen zu befreien und mich hoch zu stützen, doch mein Ellenbogen war weich wie Butter und sackte einfach zusammen.
„Kannst du nicht hören?"
Hilflos wie ein nasser Sack lag ich am Boden, als plötzlich eine zweite Männerstimme hinzukam."Lou! was machst du denn da?"
Leicht verschwommen erkannte ich die Umrisse eines hochgewachsenen Mannes mit dunklen Locken, die hektisch hin und her hüpften, während er die zweite Person von meinem Rollstuhl runter zog. Ich wog nicht viel aber meine Augen brannten vom Schmerz, der sich von meinen Fingern, immer weiter hoch durch meinen Arm zog, bis in meinen Kopf und meine Sicht drohte wieder zu verschwimmen.
Auf einmal beugte sich der Lockenkopf nach unten und ich blickte in ein Paar stechend grüne Augen. Ein besorgter Blick lag darin und einen Moment lang starrte mich der Fremde einfach nur an. Dann legte seine warme Hand sich an meine Wange.
"Hallo, Kannst du mich hören?"
Eine Träne rollte meine Wange runter.
"Mein Arm!"
Stieß ich hervor und sackte wieder zusammen.Er wischte die Träne weg.
Eine Sekunde später griffen ein Paar starke Hände unter meine Arme und hievten mich aus dem Rollstuhl. Sobald meine Füße den Boden berührten, knickten meine Knie ein und ich fiel auf den grauen Teppich. Als ich einen Versuch startete um mich wieder auf zu rappeln fiel mein Blick auf meine Finger. Sie waren ganz blau und dick geworden. Ich spürte keine Berührung mehr in ihnen, nur noch ein pochender Schmerz der durch meinen Arm pulsierte. Mein Blick wanderte nach oben und ich sah zum ersten Mal meinen Kollisionspartner.Es war ein etwas kleinerer Mann mit braunen Glatten Haaren. Sie standen in alle Richtungen ab als ob er sich durchgehend durch die Haare gefahren war. Er trug einen Adidas Trainingsanzug und durchgelaufene Sneaker. Sein Brustkorb hob und senkte sich schnell, was mich den Rückschluss ziehen ließ das er wohl auch mit einem ziemlichen Tempo unterwegs gewesen sein musste.
Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und schaute mich mit einem Blick an den ich nicht ganz deuten konnte. Sein Blick fiel auf meine Jacke und danach auf die Beanie meines Bruders. Sie war mir vom Kopf gefallen während des Sturzes und lag einen Meter von mir entfernt.
Der Lockenkopf beugte sich nach unten und hob sie auf. Einen Moment hielt er inne und seine Augen wanderten von der Mütze zu meiner Jacke, zu meinem Hoodie bis zu meinem Gesicht.
Mein ganzer Körper kribbelte und ich hatte das Gefühl das mein Herz sich zusammen zog. Sein Blick war überrascht und traurig zu gleich. Dann hielt er mir die Mütze hin.
Dankbar nahm ich sie wieder an und setzte sie mir auf den Kopf."Darf ich dich was fragen?"
Seine Stimme war stockend und ganz leise.
Ich nickte nur."Wie heißt du?"
"Sierra Styles." antwortete ich zögernd.
Seine Augen weiteten sich und wurden glasig. Ich konnte ein Keuchen aus der Ecke des Kleinen hören und schaute ihn verwirrt an. Doch auch er starrte mich an wie ein Tier im Zoo. Langsam drehte ich meinen Kopf wieder zurück zum Lockenschopf der inzwischen vor mir kniete.
"Und wie heißen Sie?"
Verwirrt und fragend sah ich ihm in die Augen.
"Ich bin Harry. Harry Styles."
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Midsummer Season
Fiksi UmumWas wenn man Wahrheit nicht mehr von Illusion unterscheiden kann? » Alle gaben immer vor das ihr Leben so perfekt war und in Wirklichkeit war das einfach nur eine dumme Illusion, der wir uns gerne hingaben, weil wir die Wahrheit nicht wahrhaben woll...