Persönlichkeitsstörungen: Kann eine Persönlichkeit gestört sein?

153 14 3
                                    


Psychotherapeuten und Psychiater diagnostizieren Menschen nicht einfach so wie sie gerade lustig sind. Hierzu gibt es in Deutschland den ICD-10 (und die neuere Version, den ICD-11). Das ist eine Art Lexikon der Krankheiten. hier kann man nachgucken, was genau einen depressiven von einem nicht-depressiven Menschen unterscheidet und wann man von einer chronischen Depression anstatt von einer Phase sprechen kann.

Einer der Kapitel im ICD sind die sogenannten Persönlichkeitsstörungen. Hier von gibt es nicht wenige und im amerikanischen Lexikon der Krankheiten, dem DSM-V (also wie die römische Zahl fünf), gibt es sogar noch einige mehr.

Aber kann eine Persönlichkeit gestört sein? Das klingt etwas hart. Das hört sich an, als würde ein Mensch gar keine Krankheit haben, sondern einfach von Grund auf kaputt sein.

Deswegen sind mittlerweile viele Psychologen, Therapeuten und Psychiater nicht mehr der Meinung, dass es Persönlichkeitsstörung heißen sollte.

Man könnte zu den Persönlichkeitsstörungen stattdessen Bindungsstörungen sagen, da es sich meist nicht direkt auf die Persönlichkeit des Menschen, sondern auf ihren Umgang mit anderen bezieht. So machen Narzissten beispielsweise andere Menschen schlecht und sich groß, obwohl sie eigentlich innerlich der Meinung sind, dass sie selbst nichts wert sind.

Es ist also eher die Bindung gestört als die ganze Person.

Dann kommt noch das Problem dazu, dass sich Wissenschaftler nicht einig sind, was genau nun eine Persönlichkeit ist. Diese überhaupt erst einmal zu klassifizieren, ist schwer und meistens sehr allgemein. Man ist zum Beispiel extrovertiert oder introvertiert. Aber das heißt noch nicht viel und ist auch eher ein Spektrum. Menschen sind so unglaublich komplizierte Wesen, dass sie nicht einfach schnell im Vorbeigehen zugeordnet werden können und deshalb sollte man ihnen auch nicht mal eben sagen dürfen, dass sie einfach von Grund auf verloren sind.

Die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung kann man nämlich nicht einfach wieder wegradieren. Eine Depression kann diagnostiziert werden und nach ein paar Jahren wieder weg sein, aber die Persönlichkeitsstörung bleibt auf ewig.

Eine weitere bessere Formulierung ist die Persönlichkeitsakzentuierung. Das soll also heißen, dass in der Persönlichkeit eine gewisse Sache im Vordergrund steht, die aber auch wieder in den Hintergrund geschoben werden kann.

Denn mit Persönlichkeitsstörungen wird man nicht geboren. Zumindest nicht mit jeder. Sie sind eine Art und Weise des Umgangs mit schweren Ereignissen und sie können auch ein Schutzschild sein, dass einen vor der gefährlichen Außenwelt bewahrt.

Wenn ich in folgenden Kapiteln also von Persönlichkeitsstörungen schreibe, behaltet das hier dabei im Kopf. Ich persönlich bin nämlich auch nicht der Meinung, dass eine Persönlichkeit gestört sein kann.

So einfach sind Menschen nicht.

Mental HealthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt