Joels Sicht
Der Weg zum Flughafen hatte im Endeffekt doch länger gedauert als gedacht und so sprintete ich nach einem Blick auf meine Uhr sofort zu dem abgemachten Treffpunkt, den Vitus mir vorhin noch geschrieben hatte.
Meiner Ausdauer verdankend kam ich wenige Minuten später zum stehen und bekam von meinem Direktor direkt einen verwirrten Blick zu geworfen.
„Tut mir leid, wir standen im Stau" brachte ich dann nur heraus und ließ ihn sofort nachfragen.
„Was machst du hier Joel? Und wo ist Vitus?"
Gut, jetzt hoffen wir einfach mal, dass er mir meine Ausrede abkauft.
„Vitus hat sich heute nicht so gut gefühlt und seine Mutter hat ihn zum Arzt geschleppt, deswegen hat er mich gebeten für ihn einzuspringen" plapperte ich auch gleich schnell drauf los und ließ meinen Direktor aufgrund meiner Redegeschwindigkeit meinen Worten überfordert folgen.
Hatte ich schon mal erwähnt, dass, wenn ich nervös bin wie ein Wahnsinniger vor mich hin rede?
Wenn nicht, dann wisst ihr es jetzt.
„Aber-" fing mein Direktor zu meinem Leid direkt an Einspruch zu erheben, doch weit kam er nicht, denn wurde er im nächsten Moment von Mrs. Rodriquez unterbrochen – eine von den Spanisch Lehrerinnen.
„Sie kommen" aufgeregt sah sie uns an und ließ mich kurzer Hand darauf schließen, dass es sich wohl um spanische Austauschschüler handeln musste.
Mein Direktor sah nochmal unentschlossen zu mir, ließ mich nur zögerlich grinsen und mit den Schultern zucken.
„Ich kenne Vitus in und auswendig, sie werden gar nicht merken, dass er nicht hier ist"
Ich hatte mich schließlich schon mal als Vitus ausgegeben gehabt.
Noch heute erinnerte ich mich Haar genau an den Tag, wo der 14 jährige Vitus mich angefleht hatte für ihn zu diesem Tanzunterricht zu gehen, zu dem seine Mutter ihn einfach angemeldet hatte.
Und da Vitus nun mal ganz wie seine älteren Brüder nur an Fußball dachte und seine Freizeit dementsprechend nicht mit einem Tanzunterricht verplanen wollte, hatte er kurzer Hand so lange auf mich eingeredet bis ich zugestimmt hatte.
Und so beherrschte ich heute sämtliche Standardtänze und würde im Gegensatz zu ihm und seinen Brüdern ein paar Tage vor meiner Hochzeit nicht in Panik ausbrechen, weil ich gar nicht tanzen konnte.
Alleine der Gedanke an den maßlos überforderten Valentin ließ mich unwillkürlich auflachen und bekam dafür gleich von den beiden Erwachsenen einen verwirrten Blick.
Die beiden gekonnt ignorierend schweiften meine Gedanken wie von alleine zu diesem Tag vor knapp 4 Jahren.
Flashback
„Ich kann das nicht" verzweifelt raufte Valentin sich die Haare und ließ mich genauso verzweifelt ausatmen.
„Jetzt stell dich nicht so an, Valentin. Wenn deine beiden Brüder es geschafft haben, dann wirst du es auch schaffen"
Vincent und Viktors empörte Aufrufe ignorierte ich grinsend und widmete mich wieder Valentin, der in zwei Tagen heiraten würde und dem vor einer halben Stunde eingefallen war, dass es ja dann heißen würde er müsse mit Lilou tanzen.
„Valentin verflucht, du musst doch nur drei Schritte tun. Du bist doch sonst auch immer so geschickt mit den Füßen" nach verzweifelten weiteren Versuchen sah ich mehr am Ende mit meinen Nerven Valentin an, der überfordert mit den Schultern zuckte.
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Augenblick zielgerichtet ins Herz
Teen Fiction6. Augenblick zielgerichtet ins Herz --> sechster Teil der -ins Herz Reihe. Ich rate, die anderen Bücher vorher gelesen zu haben:) Eigentlich war Joel jemand, der aufgrund seiner Vergangenheit jedes Recht dazu hatte, nicht jedem Menschen blind zu...