VIII

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,,Ich lasse mich auf Jungs ein, um ihnen weh zu tun. Ich hasse sie", sprach Jeannice sich doch nach längerer Zeit aus. ,,Man nennt es auch Misandrie."

,,Und bei mir Misogynie. Aber anders als du gehe ich offen damit um. Ich versuche jemanden zu finden, der so ist wie ich, damit ich weiß, dass ich nicht alleine bin. Mir ist von Anfang an klar gewesen, dass du anders bist. Alleine wie du dich bewegst oder mit mir sprichst. Du hast mir auch nicht deinen wahren Namen verraten, Jean, richtig?"

,,Jeannice. Im Grunde genommen ist das eine Abkürzung und ich kann besser lügen als du. Kann ich jetzt gehen? Morgen ist Schule, falls du es vergessen haben solltest."

,,Natürlich. Wir sprechen uns hoffentlich wieder." Mit einem kurzen Nicken ließ Aaron Jeannice gehen, die in ihr Auto sprang und wegfuhr. An einer roten Ampel schlug und rüttelte sie kräftig gegen das Lenkrad, sodass das Auto wackelte. Jeannice war wütend. Wie konnte er nur so mit ihr umgehen!? Er hatte sie ordentlich um den Finger gewickelt wie eine Spaghettinudel um eine Gabel. Dabei sollte es doch eigentlich andersrum sein!

Am nächsten Tag sollte Jeannice wieder zum Therapeut. Was sollte sie ihr sagen, ohne gleich als Idiot dazustehen? Sich um den Finger gewickelt zu haben von einem Typ, der gleichermaßen war wie sie? Oder vielleicht sagte sie am Besten gar nichts davon?

,,Hallo, Jeannice", begrüßte die Therapeutin sie und lächelte freundlich. Ohne eine Aufforderung setzte sich Jeannice ihr gegenüber, mit einem Pokerface und Beine und Arme verschränkt. Die Frau seufzte. ,,Du willst dich wieder vor mir verschließen? Weißt du, Jeannice, ich hatte zumindest gehofft, dass du über dein letztes Treffen mit einem gewissen Jungen sprechen würdest. Er ist ebenfalls bei mir und‑"

,,Und hat mich um den Finger gewickelt, okay?", unterbrach Jeannice sie unhöflich. ,,Ich gib's ja zu! Meine Freundinnen haben ihn angerufen und gesagt, dass ich gerne ein Date mit ihm haben würde, dabei stimmte das garnicht! Und dann hat er auch noch das Eis gebrochen und mich geküsst!" Ein feuchter Schimmer legte sich in ihre Augen. ,,Sie haben ja keine Ahnung, wie sich das anfühlt!"

,,Doch. Ich bin schließlich verheiratet. Jeannice, ich habe dir doch schonmal von Hassliebe erzählt. Und du bist schlau. Hast du das denn wenigstens in Betracht gezogen?"

,,Was ist das denn für eine Frage? Ich schließe nie etwas aus. Aber..."

,,Aber du dachtest, dass es dazu nie kommen würde, richtig? Ich habe schon mit Aaron geredet und er meinte, dass er sich gerne mit dir öfters treffen würde. Jeannice, denk doch wenigstens darüber nach, okay?" Und das tat Jeannice auch. Sogar sehr lange. Für eine ganze Woche wusste sie nicht, was sie tun sollte. Sie hatte sich von ihren Freundinnen zurückgezogen, ihr Handy der Mutter überlassen und kaum geschlafen. Am Freitag nach der Schule, als endlich die Sommerferien begannen, kam sie endlich zu einem Entschluss und rief Aaron an. Wie es schien, hatte er schon ihrem Anruf entgegengefiebert, wie er erklärte. 

Liebe den Hass und hasse die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt