Vor einem Jahr
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König Constantin saß auf der Treppe und aß einen Apfel. Offensichtlich hatte er dort nichts verloren. Auch wenn das sein Palast war und damit auch seine Treppe. Er war genauso falsch an diesem Ort, wie die formelle Kleidung an ihm, oder die Krone auf der Stufe daneben.
Es war also überhaupt nicht merkwürdig, dass er ertappt zusammenzuckte, als sich die Fronttür öffnete und ein Mädchen im Ballkleid sich hereinquetschte. Sein Blick wanderte von ihr, zu der offenstehenden Tür des Ballsaals, aus dem sie eigentlich hätte kommen sollen und wieder zu ihr zurück.
Auch Julianna zuckte zusammen, als sie den König auf der Treppe herumlungern sah. Angespannt starrte sie ihn an, unsicher, wer die erste Bewegung machen sollte. Sie brauchte keine Zeugen.
Constantin sprach zuerst, die Augen verengt, als könne er so in Juliannas Kopf blicken.
„Warum bist du nicht auf dem Ball?"„Warum bist du nicht auf dem Ball?", gab sie genauso schnell zurück, ehe sie sich erinnerte, mit wem sie da gerade sprach. Mit einem Seufzen schloss sie die Tür hinter sich und ließ den Kopf hängen. „Tut mir leid, das war respektlos." Es war einfach nicht ihr Abend. Riden und der Mistelzweig... die Worte von Lakiras Freundin... Sie wollte einfach nur noch von hier weg.
Constantin winkte einfach ab und klopfte neben sich auf die Stufe, sodass die Krone die Treppe ein Stück hinunterkullerte.
„Natürlich darfst du respektlos sein, wenn du planst wegzulaufen. Die Chancen stehen gut, dass wir einander nie wieder sehen werden. Welchen besseren Zeitpunkt gäbe es, um die freundlichen Phrasen zu überspringen und direkt zur Wahrheit zu kommen?"Julianna konnte ihn einfach nur anstarren. Ihre Hände waren noch eisig von der kalten Luft draußen.
Seit ihrem Entschluss waren Minuten vergangen. Minuten!
„Wie..."Constantin zuckte mit den Schultern. Musik spielte aus dem Ballsaal auf.
„Ich kenne deinen Gesichtsausdruck. Ich habe eine Frau geheiratet, die mich mehr als einmal so angesehen hat."Julianna seufzte erneut und setzte sich schließlich neben ihn. Sie kannte Constantin seit sie ein kleines Kind war. Er hatte ihr immer die besten Geschichten über ihren Großvater erzählt. Es machte wenig Sinn, ihn jetzt noch anzulügen.
„Es ist nicht wegen dir, wenn das ein Trost ist."„Ist es", er nickte heftiger, als sie es erwartet hätte, aber ein kleines Lächeln spielte um seine Lippen, „Wenn es normalerweise immer deine Schuld ist, tut es gut zu hören, dass wenigstens einmal jemand anderes dran ist." Er sah hinunter auf seine Krone und verlor für einen Augenblick den Faden. Schließlich schüttelte er seine Gedanken ab. „Also?", wandte er sich Julianna zu, „Was ist dein Fluchtplan?"
„Ich- ich weiß es nicht?", sie fuhr mit den Fingerspitzen über die glatte Oberfläche der Marmorstufen, „Das klingt fürchterlich dämlich, aber..."
„Tut es nicht", Constantin rempelte sie mit der Schulter an, „Manchmal ist es in Ordnung, nur zu wissen, was man nicht möchte."
„Ich will nicht hierbleiben." Sie sparte lieber die Details mit seinem Sohn aus.
„Ich auch nicht", gab der König leichthin zurück, doch sein Blick wanderte für einen kurzen Moment wieder weit weg, „Zumindest nicht, als ich in deinem Alter war. Menschen können manchmal dabei helfen. Also die richtigen Menschen. Freunde. Liebe."
Julianna presste die flachen Hände auf den Stein.
„Menschen sind mein Problem."Constantins Brauen verdichteten sich, doch er ließ das Thema auf sich beruhen.
„Was würdest du denn einpacken für deine Reise?"
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(Keine) Geheimnisse zu Weihnachten
FantasyWas ist schöner, als zum Winterfest nach Hause zu kommen, wenn man das Jahr damit verbracht hat die Verwandtschaft auszurauben? Julianna Floristan hätte da eine Liste. Die beinhaltete allerdings nicht den Absturz ihres fliegenden Piratenschiffs oder...