10- Laaaast Christmas

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Zwei Tage vorm Winterfest

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          Julianna schlitterte um die letzte Kurve des Ganges. Ihre Schuhe verloren quietschend den Halt auf den glatten Marmorfliesen und sandten sie seitwärts in ein gläsernes Reh, das jemand inmitten von Kunstschnee in die Ecke gestellt hatte. Gefährlich wackelte es hin und her, ehe Lana es mit einer Hand stoppte.

Die oberste Magd trug einen Soldatenhelm und den passenden strengen Gesichtsausdruck. Energisch öffnete sie die Tür, die Julianna eben verpasst hatte und schob das Mädchen hindurch in den Empfangssaal.

Höflinge, Soldaten, Verbrecher und Piraten quetschten sich alle in das Zimmer und warteten sogar noch vor der offenstehenden Haustüre auf der Treppe. Doch sie alle hatten einen großen Kreis freigelassen um Cladina und Kapitän Abelein, die einander abwartend anstarrten.

„Hey! Abelein!", Julianna musste in die Luft springen, dass sie jemand überhaupt bemerkte. Mit Ellenbogen und Knien ausgefahren, schob sie sich durch die Menge, „Ich bin hier! Und mir geht es gut! Keinen Grund, einen Streit anzufangen."

Sie erreichte den Rand des Kreises gleichzeitig mit Riden, der mit seinem eigenen Schwert bewaffnet, Cladina hinter sich zog. Das brauchte mehr Mühe, als er jemals zugeben würde.

Abelein ließ die Vase sinken, kaum da er Julianna sah.
„Floristan! Was hast du mit diesem Palast angestellt?" Stolz strahlte er sie an und einige Piraten auf der Treppe brachen in Hurra-Rufe aus.

Julianna grinste, doch Riden kam ihr zuvor.
„Ihr seht sie ist unverletzt, aber es tut mir leid: Ihr könnt sie nicht haben."

Juliannas Mund klappte wieder zu.

Abelein schob seine grau durchzogenen Brauen zusammen und musterte Riden eingehend. Schließlich reichte er ihr die Vase, um seinen eigenen Säbel zu ziehen.
„Was soll das heißen? Wir brauchen sie! Sie ist Teil meiner Mannschaft und die beste Schlossknackerin, die wir jemals hatten."

Riden schüttelte energisch den Kopf.
„Ich brauche sie mehr."

Abelein stahl einen verwirrten Blick zu Julianna, doch sie konnte ihm nicht helfen. Er hatte nicht sonderlich viel Erfahrung mit Prinzen und Julianna hatte sich stets geweigert über Riden zu sprechen. Aber sollten sie normalerweise nicht beunruhigt sein, wenn man drohte, ihren Palast zu besetzten?
„Du brauchst gar nichts, du bist reich."

Er wollte mit seiner freien Hand nach Julianna greifen, doch Riden schlug mit der flachen Seite seines Schwertes auf seinen Arm. Irgendjemand von den Anwesenden schnappte nach Luft und ein Hund bellte, doch keiner der beiden Männer zuckte.
„Kämpft um sie. Ich fordere Euch heraus."

Das war Juliannas Zeichen. Sie konnte nur ein gewisses Maß an Dummheit auf einmal zulassen und Riden hatte es gerade erreicht.
„Ganz bestimmt nicht! Das reicht jet-..."

„Ich liebe sie", fiel Riden ihr ins Wort, auch wenn er immer noch an Abelein gewandt sprach.

„Du-...WAS?" Julianna fühlte sich, als hätte jemand ihren Kopf in einen Ofen gesteckt. Riden liebte sie nicht. Riden würde nie-... Es war schwer ihre eigenen Gedanken über ihr Herzklopfen zu hören. Er stand vor ihr, ohne auch nur den Schatten von Zweifel in seinem Gesicht. (Und auch nichts von Juliannas Röte.)

Abelein wollte ebenfalls etwas sagen, doch Riden kam gerade erst in Fahrt.
„Ich brauche sie mehr. Ich liebe sie", versuchte er, seine Argumente logisch darzulegen.

Hinter ihm lehnte sich seine Mutter gegen ihren Mann.
„Oh, er ist sowas von dein Sohn", raunte sie in sein Ohr, ein kleines zufriedenes Lächeln auf den Lippen.

(Keine) Geheimnisse zu WeihnachtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt