Kapitel 6 - Maya

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Mein Herz setzt für drei Schläge aus. Wir dürfen uns nicht küssen? Es war schon eben mein größter Wunsch gewesen, dass er mich küsst. Als sich unsere Gesichter so nahe kamen, hatte mein ganzer Körper jubiliert. Doch er hatte es nicht getan. Weil wir uns nicht küssen dürfen? Wer zur Hölle hat sich diese Regel ausgedacht? Und wenn wir es doch tun, was passiert dann?

Und außerdem macht es mich ziemlich panisch, dass Benedict eben von mehreren Leben sprach. Um genauer zu sein von ein oder zwei pro Jahrhundert? Bitte?? Und das die letzten zweitausend Jahre? Das kann doch nur ein Scherz sein? "Wieso sagst du so etwas?", frage ich nuschelnd an seinem Hemd. Doch es kommt keine Antwort.

Während ich kurz davor bin vor Panik an die Decke zu gehen, höre ich ein seeliges Seufzen. Als ich zu Benedict schaue, sehe ich wie er allen ernstes auf meinem Sofa eingepennt ist. Jetzt!

Meine Panik schlägt in Wut um und ich schüttele ihn an den Schulter. „Spinnst du! Du kannst doch nach so einem Statement nicht einschlafen! Verdammt noch mal, Benedict!“

Es bringt absolut nichts. Er ist nicht wach zu bekommen. Mit brennenden Armen lasse ich von ihm ab, um mich kurz auszuruhen. Aber nur, um danach eine weitere Attacke zu starten. Doch auch die hilft nicht. Wenn überhaupt bekomme ich es nur hin, dass er in eine gefährliche Schräglage kommt und aussieht wie der schiefe Turm von Pisa.

Hilflos die Arme in die Luft schmeißend versetzte ich Benedict einen letzten Knuff in die Seite. Was sich als großer Fehler erweist, denn jetzt rutscht er langsam aber sicher auf mich zu. Ich versuche noch vom Sofa zu springen, um nicht unter ihm begraben zu werden, aber mein elendes Bein gibt mal wieder einfach so unter mir nach. Mit einem weiteren wohligem Seufzen landet er auf meinem Bauch und schlingt seine Arme um meinen Körper, als wäre ich sein absolutes Lieblingskissen.

Stöhnend versuche ich mein verletztes Bein unter ihm raus zu ziehen. Vor Schmerz schießen mir die Tränen in die Augen. Man könnte meinen, dieser Mann besteht nur aus Stahl, so schwer wie er ist. Nach einigen Minuten, mehreren verzweifelten Weckversuchen und einem amüsierten Kater, der mir bei meiner Aktion zusieht, schaffe ich es. Schnaufend erhole ich mich. Ich habe das verletzte Bein endlich unter seinem Körper heraus ziehen können, jetzt weiß ich allerdings nicht, wohin damit. Es liegt genau zwischen Benedicts Körper und der Sofalehne. Auf der Lehne kann ich es nicht ablegen, da es dort immer wieder haltlos herunter rutscht. Mir bleibt also nur, das Bein auf seinem Rücken abzulegen, damit die Wunde nicht weiter belastet wird. Noch immer mit wild klopfenden Herzen vor Anstrengung und Panik schaue ich auf den braunen Schopf auf meinem Bauch herunter. Sein Duft steigt mir unangenehm angenehm in die Nase.

Kapitulierend reibe ich mir die Augen. „Na schön, aber wehe du sabberst mich voll!“, meckere ich Ben an und tippe an seinen Kopf. Erstaunt lasse ich meine Finger durch seine Haare gleiten. Sie sind so unendlich weich, dass es mir die Sprache verschlägt. In mir keimt ein wohliges Gefühl auf. Als wäre alles so richtig, wie es ist. Sein Kopf auf meinem Bauch, seine tiefe Atemzüge, die meinem Körper die Panik nehmen und meine Hände in seinem Haar. Es ist wie ein Dejá vu.

Als hätte ich genau diesen Augenblick schon einmal erlebt. Schnaubend löse ich die Hände von seinen Haaren. Japp, bestimmt nur ein oder zwei mal pro Jahrhundert in den letzten zweitausend Jahren. Wenn das nichts ist! Zumindest, wenn man seinen Worten glauben kann.

Maya & BenedictWo Geschichten leben. Entdecke jetzt