Kapitel 8 - Maya

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Oh man, was tue ich hier nur? Ich wusste ja schon immer, dass ich anders bin. Aber erst seit einem Jahr, als die Träume angefangen haben, weiß ich, wie anders. Nein, eigentlich ist das nicht richtig. Ich weiß erst wie anders ich bin, seitdem ich gestern auf dem Mann gelandet bin, von dem ich seit 12 Monaten träume.

Meine Mutter hat mich nie davon abgebracht, als ich ihr in meiner Jugendzeit von meiner Andersartigkeit berichtete. Obwohl ich es schon damals nicht wirklich habe erklären können. Kopfschmerzen breiten sich langsam in meinem Schädel aus, wenn ich an die Unterhaltung zurück denke.

„Ich habe das Gefühl, gar nicht hierher zu gehören. Als müsste ich eigentlich irgendwo anders sein. Und als... würde jemand fehlen. Ist das verrückt, Mutti? Werde ich etwa verrückt?“, hatte ich zu ihr gesagt, mit einem dicken Kloß im Hals und Tränen in den Augen. Lange Zeit sagte sie nichts. Wir waren ja noch nie das Mutter und Tochter Gespann gewesen, dass viel erzählt hatte. Aber dieses seltsame, stetig gleichbleibende Gefühl in meinem Bauch hatte mich dazu gebracht, mit meiner Mutter darüber zu reden. Ich hatte mich ihr gegenüber geöffnet. Doch meine Mutter wollte mir nichts sagen. Das einzige was ich erfuhr, war: „Es stimmt, Maya. Du bist anders. Aber es ist besser, wenn du so wenig wie möglich darüber weißt. Dann bist du vielleicht sicher vor...“ „Vor wem?“ „Vor niemandem. Dann wirst du sicher sein. Glaube mir. Ich will nur dein Bestes.“ Viel mehr sagte sie all die Jahre nicht zu mir. Egal wie viel ich gefragt hatte. Es war nichts mehr aus ihr heraus zu bekommen gewesen. Nur ab und zu ein paar ominöse Andeutungen, mit denen ich nichts anfangen konnte. „Es ist besser, wenn du es nicht weißt. Dann bist du in Sicherheit.“ Und jetzt wollte sie mir etwas sagen? Weil ich angefangen hatte zu träumen? Hätte ich ihr eher etwas davon gesagt, dann wüsste ich jetzt vielleicht, ob ich Angst vor dem Mann haben müsste, an dessen Brust ich mich gerade schmiege.

Tief durchatmend versuche ich meine Gedanken zu ordnen. Aber wenn er mir so nahe ist und ich seinen unwiderstehlichen Duft einatme, kann ich einfach nicht denken. Jetzt, da Benedict steht, habe ich nicht mehr die Möglichkeit, einfach mein T-Shirt über seinen Kopf zu ziehen. Das Aufwachen habe ich natürlich verpasst, was zu einer sehr seltsamen Situation geführt hat. Was mich daran aber noch mehr wundert ist, dass Benedict sich keineswegs darüber gewundert hat, auf meinem nackten Bauch aufzuwachen.

„Benedict, ich brauche mal ein paar Minuten für mich. Kannst du mich bitte zum Bad bringen?“ Er sieht mich ernst an und nickt dann. Ohne viel Federlesen hebt er mich auf seine Arme. Ich lotse ihn zur Badetür. Davor setzt er mich behutsam ab. „Lass dir Zeit. Ich warte hier auf dich.“ Ich nicke und humpele so schnell es mir mein Bein erlaubt ins Bad.

Vor Anstrengung keuchend stehe ich vor dem Spiegel. Meine Hände habe ich auf den Waschbeckenrand abgestützt. Doch sein Gesicht und sein Geruch sind noch zu präsent in meinem Kopf, als dass ich klar denken könnte. Also verpasse ich mir eine Ladung kalten Wassers ins Gesicht. Dann lasse ich erneut kaltes Wasser in meine zur Schüssel geformten Hand laufen und klatsche es an meinen Hals. Doch anstatt meine Hand wieder weg zu nehmen, bleibt meine rechte Hand an meinem Hals liegen.

An dieser Stelle waren vor noch wenigen Minuten seine Lippen gewesen. Fast liebkosend fährt mein Zeigefinger den Weg seines Mundes zu meinem Schlüsselbein nach.

Schaudernd kommt durch diese Bewegung die Erinnerung von vorhin wieder hoch. Die, die er mir sofort angemerkt hatte.

Maya & BenedictWo Geschichten leben. Entdecke jetzt