chapter eight

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"I can't remember..."


Evelyn

„Ich verstehe deinen Kleiderschrank nicht."

Gerade betrat ich mein Zimmer und fand eine verzweifelte Grace wider. Sie stützte die Hände in die Hüften und schüttelte den Kopf. Vor ihr waren die Türen meines Kleiderschrankes weit aufgerissen, Kleider lagen auf dem Boden und Shirts hingen heraus.

„Was ist so schwer daran zu verstehen?", fragte ich grinsend und ließ mich auf mein Bett neben Cathy plumpsen. „Es ist ein Schrank mit Kleidern darin."

Auch Cathy schüttelte lachend den Kopf und warf mir einen Blick zu. Ich zuckte mit den Schultern und nahm ein Schluck von dem Tee, den ich mir gerade gemacht hatte.

Grace drehte sich mit einem wütenden Gesichtsausdruck zu uns um. „Genau das ist ja das Problem!" Sie warf die Arme in die Luft und ich musste mir ein weiteres tiefes Lachen verkneifen. Sie wäre eine perfekte Kardashian.

„Dass sie einen funktionierenden Kleiderschrank hat?", hakte nun auch Cathy nach und ihre Lippen verzogen sich gefährlich.

„Nein", seufzte Grace. „Ihr seid wirklich schwer von Begriff." Ohne sich dem Schrank zu widmen, zeigte sie hinter sich. „Die Kleider darin sind das Problem. Eve hat nichts zum Anziehen."

„Das stimmt überhaupt nicht!", wehrte ich mich sofort. „Da sind doch genügend Sachen drin."

Grace zog die Brauen nach oben und warf demonstrativ ihre blonden Haare über die Schulter. „Aber nichts für eine Houseparty, zu der wir übrigens in einer halben Stunde erscheinen müssen und ich bin hier scheinbar die Einzige, die schon fertig gerichtet ist."

Das war sie tatsächlich. Sie trug eine schwarze Hose, die nach unten weiter wurde und hoch saß. Passend dazu hatte sie sich für ein kurzes Top entschieden, welches einen hohen Kragen hatte, aber dafür einen tiefen Rückenausschnitt. Mit den vielen Accessoires und den hohen schwarzen Stiefeletten, war es Grace durch und durch.

„Du weißt schon, dass man zu einer Party nicht pünktlich erscheint?", erklärte Cathy und presste anschließend die Lippen aufeinander.

Grace verdrehte die Augen. „Natürlich weiß ich das. Deswegen kommen wir eine Stunde später, aber mehr nicht! Und das ist in einer halben Stunde." Es war immer wieder faszinierend, wie sehr Grace nach meiner Mutter klingen konnte. „Was trinkst du da überhaupt?"

Ich hielt mitten in der Bewegung inne und schluckte dann den Tee in meinem Mund hinunter. „Tee?", antwortete ich und es klang dabei eher nach einer Frage.

„Hoffentlich mit Schuss", warnte mich Grace und widmete sich wieder meinem Kleiderschrank.

„Natürlich", murmelte ich und warf Cathy einen vielsagenden Blick zu. Dabei schüttelte ich den Kopf. Tee mit Schuss? Das konnte nur Grace erfunden haben.

„Vielleicht sollten wir dieses Mal keinen Tequila trinken", warf ich hinterher und verzog dabei das Gesicht. „Ich spüre ihn noch vom letzten Mal."

Grace begann ein paar Sachen herauszuziehen und warf sie zu uns auf das Bett. Gerade flog ein rotes Top in meinen Schoß. „Du verträgst einfach nicht viel", korrigierte sie mich.

Ich schnaubte. „Sagt die, die-"

„Einmal betrunken auf dem Tisch getanzt hat", vervollständigte Grace genervt meinen Satz. „Wie lange wird mich das noch begleiten?"

„Vermutlich dein ganzes Leben", mischte sich Cathy ein und blickte auf ein weißes Kleid aus Spitze.

Vorsichtig nahm ich es ihr aus der Hand. „Das kannst du gerne anziehen, wenn du magst", schlug ich ihr vor. Sie nickte und legte es beiseite.

„Wisst ihr noch letztes Mal", fing ich an und musste leicht lächeln. „Grace war total in Hunter verschossen und Brandon hat angefangen sich zu prügeln."

„Oh mein Gott", stöhnte Grace. „Und Tyler ist im Krankenhaus gelandet."

Wie konnte ich das vergessen? Zu dieser Zeit hatte Brandon ein gewaltiges Problem mit Hunter und seinen Freunden. Die Tatsache, dass mich Dave damals verarscht hatte, Grace in Hunter verknallt war und Rachel mit Tyler anbandelte, machte ihn rasend vor Wut. Das entschuldigte sein Handeln zwar nicht, aber man konnte es mehr nachvollziehen.

„Vielleicht sollten wir uns lieber nicht darüber lustig machen", schlug ich vor und biss die Zähne aufeinander. „Für Brandon war das echt eine harte Zeit."

„Richtig", stimmte mir Grace zu und warf weitere Kleidungsstücke auf das Bett.

Cathy lachte und wühlte sich durch den Haufen an Stoff. „Das muss sicher eine großartige Party gewesen sein."

Ich runzelte die Stirn. „Du warst doch dabei."

Sie hielt mitten in der Bewegung inne. Ihr Mund öffnete und schloss sich wieder, während sie von dem Bett zu mir aufblickte. Kurz sah sie aus, als müsste sie sich gleich übergeben. Doch dann lächelte sie plötzlich wieder. „Stimmt. Manchmal vergesse ich sowas."

Verwundert wollte ich etwas sagen, doch Grace kam mir zuvor: „Nein. Cathy war ganz sicher nicht auf der Party. Daran würde ich mich erinnern." Sie hob den Zeigefinger und gesellte sich endlich zu uns. „Um ehrlich zu sein, weiß ich überhaupt nicht mehr, warum Cathy nicht dabei war." Mit der Hand schob sie ein paar Tops zur Seite und setzte sich an das Bettende. „Komisch. Solche Dinge merke ich mir eigentlich."

Nun richtete ich mich ein Stück weiter auf. „Ich bin mir ganz sicher, dass sie dabei war. Wir haben uns zusammen fertig gemacht und haben mit dir auf der Party diese widerlichen Tequila Shots getrunken." Zwar vergaß ich oft Dinge, aber diese Erinnerungen waren so echt, dass ich mich einfach nicht irren konnte.

„Das kann nicht-"

„Vielleicht warst du einfach schon etwas betrunken und erinnerst dich nicht daran. Ich war dabei", unterbrach Cathy Grace und atmete tief ein. Dabei vermied sie jeglichen Augenkontakt. Irgendetwas war komisch an ihr.

Bevor ich etwas sagen konnte, klatschte Cathy in die Hände. „Wie wäre es, wenn du etwas von dem anprobierst, das Grace ausgesucht hat, Eve?" Ihre Stimmlage war höher geworden und sie blickte immer noch nicht zu mir.

„Okay", sagte ich nur und stand auf. Zwar war ich mir auch sicher, dass Cathy dabei war, aber dass sie sich zuerst nicht erinnern konnte, kam mir komisch vor. Außerdem war es immer Grace, die sich alles merkte. Warum sollte sie sich so sehr täuschen? Vielleicht lag es tatsächlich am Alkohol. Anders erklären konnte man sich das sowieso nicht.

Dennoch hatte ich die ganze Zeit ein mulmiges Gefühl, als Grace mich ankleidete und wir uns fertig für die Party machten. Auch noch, als die Haustür hinter uns ins Schloss fiel.

Condition - BedingungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt