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[heuler]

|hermine|

Die blonden Strähnen, welche ihm in die Stirn fielen, verbargen das zornige Funkeln. Und noch bevor Hermine es erhaschen konnte, schien es matt geworden zu sein.

"Dass ich hier bin hat geschäftlichen Hintergrund. Du bist noch immer Kundin.",
"Geschäftlich, so so.", Hermine spürte das Blut in ihren Wangen und drehte sich unangenehm weg. Mit langsamen Schritten ging sie um den Schreibtisch, griff ihre Handtasche von dem kleinen Haken, der an der Wand befestigt war und schaute dann etwas selbstbewusster wieder auf in der Hoffnung, die rötliche Farbe habe sich mittlerweile wieder gelegt.

"Also wenn du meinen Feierabend schon hinauszögerst, könntest du als Entschädigung dazu beitragen, dass er erträglich wird."

Malfoy schien einen Moment überrascht über Hermines unerwarteter Aufforderung, ihr einen Drink auszugeben. Dann zog er beide Hände aus den Hosentaschen und zog sein Hemd gerade. "Zu deinem Glück kenne ich einen hochwertigen Pub, ganz in der Nähe.",
"Mir reicht auch was mittelmäßiges.",
"Wieso sollte man eine Frau auf ein mittelmäßiges Getränk einladen?", die tiefhängenden Augenbrauen zeigten deutlich sein Unverständnis. Dass Hermine noch nie in etwas teureres als das Goldtropf Restaurant ausgeführt wurde, behielt sie vorerst für sich.

Die Straße in welche Malfoy mit Hermine appariert war wurde von großen, fingerhutförmigen Straßenlaternen beleuchtet. Haufenweise Boutiquen drängelten sich aneinander und die eine sah teurer aus als die nächste.
Unwohl in ihrem Rock, dem etwas zerknitterten Hemd mit den goldenen Akzenten und den ungemütlichen schwarzen Pumps folgte sie Draco, der zielbewusst an einigen der Boutiquen entlang ging.

"Sind wir in London?",
"Wir sind nur einige Meilen von der Winkelgasse entfernt. Ist ein Geheimtipp unter der obersten Arbeiterklasse.", als Hermine gerade etwas sagen wollte, brach Draco ihr in ihren begonnenen Atemzug, "Ich war hier oft mit meiner Mutter, Granger. Nicht, weil ich mein Reichtum präsentieren wollte." Mit dieser Antwort tat sich Hermine zufrieden und folgte ihm nun in eine Gaststätte.

Es war gedimmtes Licht. In der linken Ecke, hinter einer breiten Säule, schwebte ein Spielerloses Orchester und spielte heitere Jazzmelodien. Eigentlich mochte Hermine keinen Jazz. Doch hier passte es ins Ambiente einer edlen, aber doch verruchten Bar.

"Mr Malfoy.", der Mann hinter der Theke trug eine dunkelorangene Haube auf welcher das Logo, ein goldenes Jagdhorn, abgebildet war.
"Keith, das ist Hermine Granger.", stellte Malfoy sie einander vor und es überkam Hermine ein Gefühl der Befremdnis.

"Willkommen im goldenen Horn. Was kann ich euch bringen?",
Malfoy setzte sich an einen der Tische und deutete Hermine, sich ebenso zu setzen.
"Zwei Heuler." Keith nickte beschwingend und drehte den zwei seinen Rücken zu.

"Was sind Heuler?" In Hermines Kopf kam das Bild der Brief Heuler auf und sie fragte sich, ob sie sich denken könnte, was es sein würde.
"Ein sagenhaft starker Alkohol. Wenn man den trinkt, hat man das Bedürfnis aufzuheulen.", das verwaschene Grinsen auf Malfoys Lippen verhieß nichts gutes.

"Ich hatte nicht vor, heute Abend sturzbetrunken zu werden.", stellte sie deutlich klar. Doch Malfoy machte bloß eine abwertende Handbewegung.
"Ach was, das ist bisschen stärkeres Zeug aber deshalb kriegt man ja auch keinen ganzen Krug davon. Es ist eine Art Whiskey, Granger.",
"Achso. Na gut."

Die zwei Gläser Whiskey schwebten vor den beiden und sanken dann runter auf die Tischplatte. Malfoy nahm sein Glas und hielt es Hermine etwas entgegen. Diese musterte noch etwas besorgt die dunkelrote Flüssigkeit, die sich auch leicht mit Blut verwechseln ließ.
"Stell dich nicht so an. Es ist klarer, starker Whiskey. Und nein,", grinsend deutete er auf ihre weiße Bluse, "er färbt nicht."

Hermine nahm mit einem aufgesetzten Augenrollen ihr Glas hoch und stieß es leicht gegen Malfoys. Dieser setzte es augenblicklich an seine Lippen und nahm einen kleinen Schluck. Kaum war der Alkohol in seinem Mund, wandelte sich seine Miene in ein etwas angewidertes Gesicht. Dieses klärte sich jedoch schnell wieder.

"Wenn selbst du dein Gesicht verziehst, dann kann ich davon vermutlich nicht mal einen Schluck nehmen.", bemängelte die Brünette. Doch Malfoys drängender Blick ließ sie schließlich doch das Glas ansetzen.

Es schmeckte wie Whiskey, nur irgendwie besonderer. Ekelhafter.
Mit verdorbener Miene setzte Hermine das Glas ab und warf Malfoy einen drohenden Blick zu, welcher sich ein leises Auflachen nicht verkneifen konnte.

"Halt die Klappe.", fauchte sie und nahm ihr Glas wieder in die Hand. Mit einem gönnerhaften Grinsen kippte sie nun ihren restlichen Whiskey in Malfoys Glas. Dieser sah mit künstlich runtergezogenen Mundwinkeln dabei zu.

"Guten Durst.",
"Ist mir ein Vergnügen.", winselte Malfoy gegen den Glasrand.

"Wieso warst du überhaupt im drei Besen? Dort kennen dich doch die Leute und–",
"Und sie wissen was ich getan habe und was für ein schlechter Mensch ich bin? Ich weiß, Granger. Danke.", seine trockene Vervollständigung ließ Hermine unwohl schlucken.

Sie hatte nie darüber nachgedacht, dass Malfoy mittlerweile wissen musste, welch ein Ausmaß sein Handeln gehabt hatte. Und dass er nach vier Jahren eventuell einige seiner Denkweisen abgeändert hatte.
Und auch, seit sie ihn wiedergetroffen hatte, war es ihr nicht in den Sinn gekommen, dass er ein anderer war. Ein anderer Zauberer. Ein anderer Junge. Ein anderer Mann.
Ein erwachsener Mann.

"Es war nicht meine Absicht, dort hin zu apparieren. Ich war einfach da.",
"Wie appariert man denn aus Versehen woanders hin?", Malfoys Augenbrauen sanken tiefer über seinen Augen und seine, noch immer sturmgrauen,  klammerten sich an seinem Whiskey fest.

"Ich war aufgebracht." Seine Stimme war kaum mehr als ein Murmeln. Dieses wurde jedoch gleich wieder abgelöst von einem selbstsicheren Ausdruck. "Hab mich einfach umgedreht und bin weg."

"Und wieso? Wegen deinem–",
"Nein, Granger." Es störte Hermine unheimlich, dass er sie dauernd unterbrach.
"Astoria und ich hatten eine.. wie sagt man?", mit angestrengten Blick schien er zu überlegen, "Meinungsverschiedenheit."

"Oh.", Hermine wischte sich eine Strähne hinters Ohr und schaute dann unwohl nach links und rechts. "Dann solltest du zurückkehren.",
"Was interessiert es dich?",
"Naja,", das leere Glas zwischen Hermines Fingern strahlte Kälte aus. "Ich weiß, wie es ist im Streit alleine gelassen zu werden. Es ist kein schönes Gefühl. Und außerdem,", jetzt schaute sie unangenehm genau in seine Augen, "würde sie dich hier sehen, mit Whiskey und einer anderen Frau–", Malfoy wollte das Wort erheben, doch Hermine ließ ihn nicht. "Ich weiß, dass es bei mir keinen Grund zur Sorge gibt aber ich mein ja nur, falls sie dich hier so sieht und sie zuhause sitzt und weint.. Naja, ich würde wollen, dass dann Jemand bei mir ist. Selbst wenn ich sauer auf denjenigen bin."

Malfoy schien eher weniger angetan von Hermines Ansprache. Er schaute sie verständnislos an.
"Ja, wenn ich derjenige gewesen wäre, der Scheiße gebaut hätte, könnten wir darüber reden."

Hermines Wangen färbten sich in ein leichtes rosa, weshalb sie sich einige Strähnen ins Gesicht fallen ließ. "Achso."
"Aber schön, dass du automatisch davon ausgehst, dass ich mal wieder Dummheiten gemacht habe.",
"Sorry.", Hermines Stimme war mehr ein Flüstern. "Konnte ja nicht ahnen, dass Astoria Greengrass Fehler macht.", diese Aussage klang schon weniger nach einem Flüstern, weshalb Malfoy ein leichtes Lächeln mit seinen Lippen formte.

"So unfehlbar ist sie auch wieder nicht.", Malfoys Stimme klang erschöpft und mit dem weiteren Seufzer unterstrich er nur noch einmal, wie schief der Haussegen zu hängen schien.

what do i say to you? | dramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt