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- forgive, but don't forget / girl, keep your head up / and when he tells you / you ain't nothing / don't believe him / and if he can't learn to love you / you should leave him - // tupac shakur - keep ya head up

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pov: gabriel

Austin hat nicht übertrieben. Es sind wirklich schöne Mädels hier. Besonders Alexis ist mir sofort ins Auge gefallen und es fällt mir verdammt schwer, nicht zu ihr rüber zu gehen und sie anzusprechen. Ich habe mich schon den ganzen Abend immer wieder dabei erwischt, wie mein Blick auf ihr geruht hat und ich nicht umhin konnte, sie dabei zu beobachten, wie sie den Abend mit ihren Freunden genießt.

Ihre langen braunen gebrannten Beine stecken in einer hellen, kurzen Stoffhose und vor einer halben Stunde hat sie sich einen beigen Pullover drübergezogen, der locker ihre Silhouette umhüllt. Die goldene Kette, die in dem tiefen V-Ausschnitt hängt, wird umrandet von der hellen Spitze, die an ihrem eigentlichen Oberteil befestigt ist und die blonden Locken hat sie an ihrem Kopf in zwei Zöpfe geflochten, die in Pferdeschwänze übergehen. Ihr Makeup ist schlicht und unterstreicht ihre natürliche Schönheit.

Wie, um mich selbst in die Realität zurückzuholen, schüttele ich den Kopf und wende mich wieder dem Gespräch zwischen Josh und Mike zu, Austin hat sich schon vor ein paar Minuten ausgeklinkt und sich wieder Chloe gewidmet. Sie hängt den ganzen Abend schon an seiner Seite und lässt ihm keine ruhige Minute mit seinen Jungs. Und trotzdem scheint ihr zu entgehen, wie er immer wieder zu Grace schielt, wenn er sich unbeobachtet fühlt.

Josh und Mike unterhalten sich gerade über die vergangene Footballsaison und ich versuche, ihnen aufmerksam zuzuhören.

"Gabriel, wie sieht's aus? Kommst du nächstes Jahr mit ins Team?", fragt plötzlich Mike und wendet sich mir zu. "Ich versuche schon seit zwei Jahren, Josh davon zu überzeugen, aber du siehst definitiv aus, als könntest du eine Bereicherung in der nächsten Saison sein."

Ich muss schmunzeln. Ich habe bereits an meiner alten Schule Football gespielt und der Coach hat mich stets als einen der heißesten Anwärter auf ein Footballstipendium in Stanford bezeichnet, was aber wahrscheinlich nur daran liegt, dass wir insgesamt eher ein ziemlich mieses Team waren. "Keine Ahnung, ob ich gut genug für euch bin", lache ich also und zucke mit den Schultern.

"Bewirb dich einfach! Du bist mit Austin verwandt und der ist unser Captain, so schlecht wirst du schon nicht sein", ermutigt mich Mike, aber bevor er weiterreden kann, wird er von Austin unterbrochen.

"Ey, Jungs! Lexi und Ethan verschwinden zusammen", grinst er, während er Josh mit dem Handrücken gegen den Oberarm klopft. Sofort richten alle ihren Blick in Richtung des Feldweges. Tatsächlich stapft Alexis mit einigem Abstand vor Ethan über die Wiese, die Arme hat sie offenbar vor der Brust verschränkt und ihr schnelles Tempo wirkt, als wöllte sie so schnell es geht von Ethan wegkommen.

"Haben die beiden was?", frage ich.

"Sie waren fast zwei Jahre zusammen", informiert mich Austin.

"Aber Ethan hat sie übel betrogen", setzt Josh noch hinterher. Ich sehe ihn an und sein angespannter Kiefer bestätigt die Wut, die man schon in seiner Stimme hören konnte. "Ich hoffe, sie lässt sich nicht von ihm bequatschen."

"Quatsch! Lexi ist nicht so dumm, sich nochmal auf ihn und seine Lügen einzulassen. War doch eh ein Wunder, dass das nicht viel früher um sie herum zusammengebrochen ist", murmelt Mike und ich ignoriere das ungute Gefühl, dass sich direkt in meiner Brust breit macht.

Alexis wurde von Ethan belogen und betrogen. Ein Grund mehr, mich von ihr fernzuhalten. Ich kann ihr nichts Besseres bieten.

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pov: alexis

"Lexi, können wir reden?" Ich schrecke beim Klang von Ethans Stimme zusammen. Auch wenn es mir bereits den ganzen Abend gelungen war, ihm aus dem Weg zu gehen, so war eine Konfrontation doch unvermeidlich. Dass er jetzt allerdings das Gespräch sucht, ist dennoch überraschend.

Grace und Penny mustern mich von der Seite, beide die Augenbrauen in die Höhe gezogen und würde sich nicht gerade ein rießiger Kloß in meinem Hals bilden, dann müsste ich wohl darüber lachen. Wieder einmal habe ich das Gefühl, dass die beiden bei der Geburt getrennte Zwillinge sind.

"Natürlich", antworte ich und erhebe mich dabei. Ich habe viel zu lange für diese Antwort gebraucht und Ethan ist bereits unruhig geworden. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen gehe ich an ihm vorbei, weg von meinen Mädels und stapfe einige Meter den beleuchteten Feldweg entlang, bis ich mit genügend Abstand zu den feiernden Leuten zum Stehen komme, dann drehe ich mich zu Ethan um. "Was gibt es ?"

"Ich will mit dir reden, Lexi."

"Worüber?" Ich verschränke meine Arme vor meinem Oberkörper.

"Über uns."

"Ich wüsste nicht, was es da noch zu reden gibt. Es gibt kein Uns mehr. Du hast mich mit beiden, und ich betone nochmal: beiden, von euren Au-pair-Mädchen in den zwei Jahren unserer Beziehung betrogen und hätte Amelie nicht so ein schlechtes Gewissen gehabt und es mir gesagt, das arme Mädchen, dann hättest du wohl immer so weiter gemacht."

"Es war ein Ausrutscher, das habe ich dir doch schon mal gesagt." Er hebt verzweifelt die Arme.

"Ethan, das würde ich dir glauben, wenn dir das einmal passiert wäre - nicht, dass ich es dir dann verzeihen könnte - aber nicht, wenn du das quasi jede Nacht gemacht hast, die wir nicht miteinander verbracht haben. Und da kommen schon einige Nächte zusammen."

"Lexi...", er atmet laut aus und ich warte, ob er weiterredet. "Ich - ach, keine Ahnung, Lexi."

"Kommt da noch was?" Fragend ziehe ich eine Augenbraue in die Höhe.

"Lexi-", setzt er erneut an. Nach wenigen Sekunden Stille unterbreche ich ihn.

"Ich weiß, wie ich heiße, Ethan. Und wenn du nichts weiter zu sagen hast, außer meinen Namen und dass es dir leid tut, dann erzählst du mir nichts Neues. Du hast mein Herz gebrochen und alles, was ich bekomme, ist ein dahingerotztes Entschuldige? Das kannst du dir von mir aus so tief in den Arsch stecken, dass es dich von innen am Hals kratzt, aber lass mich damit zufrieden." Damit gehe ich an ihm vorbei, ohne mich noch einmal umzudrehen oder auf seine Rufe zu reagieren. Erst jetzt merke ich, wie sehr meine Knie zittern und wie sehr ich mich zusammenreißen muss, um nicht gleich los zu weinen, während mein Blut heiß vor Wut durch meine Adern kocht. Ethans Stimme zu hören hat mir mehr zugesetzt, als ich zugeben möchte, genauso wie die Tatsache, dass er - warum auch immer - noch immer versucht, um mich zu kämpfen, obwohl ihm seit unserem letzten Gespräch klar sein müsste, dass das nichts bringt.

Grace kommt mir entgegen, sobald ich die Bucht betrete und ohne ein Wort zu sagen, zieht sie mich zu den Getränken und gießt uns beiden einen Schnaps ein.

"Du weißt einfach immer, was ich brauche", seufze ich, nachdem wir beide getrunken haben und lasse meinen Kopf auf ihre Schulter sinken.

"Was wollte Ethan denn?", hakt sie vorsichtig nach.

Ich habe nicht viel über die Trennung von ihm gesprochen, das Thema war für mich schnell erledigt, aber Grace hat trotzdem immer wieder zaghafte Versuche gestartet, mich darauf anzusprechen. "Er meint, dass es ihm leidtut und es ein Ausrutscher war", schnaube ich. "Ein zweihundertfacher Ausrutscher mit zwei verschiedenen Mädchen."

"Ich fasse es nicht."

"Weißt du, was ich nicht fassen kann?" Wir laufen mittlerweile zurück an das Ufer zu unserer Decke, beide mit einem neuen Getränk in der Hand. "Dass er das so lange geheim halten konnte. Ich meine, niemand hat das gewusst, nicht einmal Austin und das will schon was heißen. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie lange er das durchgezogen hätte, wenn Amelie nicht irgendwann zu mir gekommen wäre."

Amelie war im vergangenen Schuljahr das Au-pair-Mädchen von Ethans Familie. Sie kommt aus Deutschland, wo sie gerade ihren Abschluss gemacht hat und wollte vor dem Studium noch ein Jahr raus und erstmal eine Pause von dem ganzen Lernen haben. Und eigentlich habe ich mich echt fantastisch mit ihr verstanden, genau wie mit ihrer Vorgängerin Clara, aber jetzt kann ich es nicht mehr erwarten, bis sie endlich das Land verlässt. Wäre ich nicht so wütend, fände ich es tatsächlich schade, denn sie hat sich in den vergangenen Monaten zu einer guten Freundin entwickelt.

Aber das Leben hat wohl andere Pläne.

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