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- when all you know / is fight or flight, / red flags and butterflies / all feel the same - cindy cherie

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pov: gabriel

„Hey, Mann!" Ich lasse meine Tasche von der Schulter fallen und schlage mit dem großen Blonden ein, der in der offenen Tür des weißen Hauses steht. Die Tasche fällt auf die Holzbohlen der Veranda und Austin zieht mich in eine feste Umarmung.

„Ich bin so froh, dass ihr da seid!", murmelt er an meine Schulter und ich drücke ihn noch fester an mich. Auch wenn mir Emotionen sonst zuwider sind, so fällt gerade eine unglaubliche Last von mir ab. Mit jedem Kilometer, der hinter mir und meiner Mutter liegt, fiel mir das Atmen leichter und ich habe auch gespürt, wie sich meine Mutter neben mir nach und nach entspannte. Je näher wir dem Haus meiner Tante kamen, desto lauter hat sie die Musik gedreht und am Ende sogar mitgesungen. Ganz ehrlich, keine Ahnung, wann ich sie das letzte Mal habe singen hören und der Klang ihrer Stimme hat mein Herz gleichzeitig unendlich schwer und unendlich leicht werden lassen. Jetzt hier zu stehen, auf dieser Veranda und meinen Cousin zu umarmen besiegelt für mich, dass wir es geschafft haben.

Wir sind frei.

„Jungs, ich will euch wirklich nicht stören, aber es wäre sehr freundlich, wenn mir wenigstens einer von euch mit dem Gepäck helfen könnte", höre ich meine Mutter lachen und Austin lässt von mir ab.

„Natürlich, Tante Nadia", sagt er und eilt den gepflasterten Weg entlang.

„Nenn mich nicht 'Tante', da fühle ich mich so alt", hebt meine Mutter den Zeigefinger und droht ihm scherzhaft damit.

„Du bist doch aber alt, Mom", sage ich, als ich mich zu den beiden geselle.

„Und du bist enterbt", lacht sie und ich schlinge meinen Arm um ihre Schultern. Ich habe lange keinen mehr von ihren Scherzen gehört und genieße jeden davon, egal, wie schlecht sie sind.

„Austin, sei so gut, und nimm die zwei Taschen hier", löst sie sich aus meinem Arm und stellt sich neben ihren Neffen an den Kofferraum. Wir haben nicht viele Sachen mitgenommen, nur die wichtigsten und unser ganzes Leben passt in wenige Taschen und zwei Kartons, in einen Kofferraum. Ich weiß nicht, ob es dafür spricht, dass wir bis jetzt ein ziemlich beschissenes Leben hatten oder wir tief in unserem Inneren immer auf diesen Tag vorbereitet waren. Ich schätze, es ist ein bisschen von beidem.

Aber, wie auch immer es nun ist, wir haben endlich meinen definitiv beschissenen Vater verlassen, uns in einer Nacht- und Nebelaktion in unser Auto gesetzt und sind die unzähligen Kilometer bis zum Haus meiner Tante gefahren. In dieses trägt Austin jetzt die zwei Taschen und meine Mutter streicht sich ihre langen Haare hinter ihr Ohr. Der blaue Fleck auf ihrer Wange ist noch frisch, genauso wie der Schnitt an ihrer Augenbraue. Die Freiheit scheint sie zu packen und auch der Wille, der Welt ihr Gesicht zu zeigen. Ich wusste schon immer, dass meine Mutter stark ist, aber mit jedem Tag, an dem mein Vater wieder besoffen nach Hause kam und sie verprügelte, hat sie jedes Mal aufs Neue noch mehr Stärke bewiesen.

Ich greife mir den Karton, der im Kofferraum steht und folge Austin nach drinnen.

„Wir haben euch das Gästezimmer und Dad's Büro freigeräumt", sagt er über seine Schulter. „Er nutzt es sowieso nicht mehr und Mom hat die Gelegenheit genutzt und ihm gleich nochmal gesagt, dass er zu viel arbeitet."

„Das war bestimmt ein lustiges Gespräch", murmele ich, kann aber nichts gegen das Grinsen tun, dass sich unweigerlich auf meinem Gesicht ausbreitet. Mein Onkel liebt seinen Job als Arzt und würde sich vermutlich eher drei Finger und ein Bein abhacken, bevor er weniger arbeiten würde. Außerdem hat er im Krankenhaus damals Austins Mutter kennengelernt und rechtfertigt sich seitdem bei jeder Diskussion damit, dass er mit dem Krankenhaus eine tiefe emotionale Bindung pflege, weil ihn dort alles an seine Frau erinnere. Als ich noch jeden meiner Sommer hier verbracht habe, habe ich ziemlich viele dieser Gespräche mitbekommen.

„Gabriel, möchtest du auch einen Kaffee?", fragt meine Tante, während sie die Tassen aus dem Schrank holt.

„Das wäre großartig, danke."

„Milch und Zucker, wie immer?"

„Nein, schwarz", murmele ich und sie hält in ihrer Bewegung inne.

„Seit wann trinkst du deinen Kaffee schwarz?", lacht sie mit großen Augen und bevor ich antworten kann, schaltet sich meine Mutter ein.

„Er ist jetzt erwachsen, ein richtiger Mann geworden", ruft sie aus dem Gästezimmer und ich rolle mit den Augen.

„Wie auch immer", murmelt ihre Schwester, als sie die Tasse unter die Kaffeemaschine schiebt und ein paar Knöpfe drückt. „Schön, euch hier zu haben."

Sie dreht sich um und ich breite die Arme aus, woraufhin sie mich in eine feste Umarmung schließt. Ich umarme sie mindestens genauso fest zurück und atme tief ein. Die Erinnerungen an vergangene Sommertage in diesem Haus durchströmen mich und im Rückblick wird mir klar, wie sehr ich das alles hier vermisst habe. Auch wenn meine Mutter an erster Stelle steht, so hat sich die Zeit bei meiner Tante und meinem Onkel doch immer sehr nach zu Hause angefühlt und ich kann das untrügliche Gefühl nicht abschütteln, dass ich angekommen bin. Auch Hannah macht keine Anstalten, die Umarmung so schnell zu lösen, also genieße ich den Moment, bis ich ein leises Schniefen vernehme.

"Weinst du?", frage ich und drücke sie ein Stück von mir weg.

"Nein. Ja. Ich bin... ich bin einfach nur froh, dass ihr endlich da seid. Es hat viel zu lange gedauert." In ihren Augen sehe ich die vielen Sorgen, die sie sich in den vergangenen Jahren um mich und meine Mutter gemacht hat und auch die Angst, die sie vor dem hat, was kommt und ich bin mir sicher, dass sie in meinem Gesicht die gleichen Gefühle lesen kann.
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Zwei Stunden später sitze ich auf Austins grauer Couch und beobachte ihn, wie er zwei Gläser Wasser und eine Schüssel Chips in den Raum balanciert. Ich möchte aufstehen und ihm etwas abnehmen, aber sein strafender Blick ist Mahnung genug und ich bleibe sitzen. Er stellt alles auf dem Tisch ab und lässt sich neben mich fallen.

„Also, hast du heute Abend Bock auf Party?", nuschelt er, nachdem er sich eine Hand voll Chips in den Mund gesteckt hat. „Gibt auch ein paar hübsche Mädels."

„Austin, du hattest mich schon bei Party", lache ich. „Außerdem habe ich keine Lust mehr auf Mädels. Wann geht es los?"

Er wirft einen Blick auf die Uhr an seinem Handgelenk. „In einer Stunde ist Start, also wenn wir in zwei Stunden da sind, sollte das reichen. Aber vorher müssen wir noch Chloe abholen. Und seit wann hast du keine Lust auf Mädels?

Ich verdrehe die Augen. „Chloe?", ziehe ich eine Augenbraue in die Höhe. So langsam verliere ich den Überblick über Austins Bekanntschaften. „Was ist mit – wie hieß sie nochmal – Grace? Und ich bin einfach froh, dass ich das Drama hinter mir gelassen habe." Wie auf ein Stichwort vibriert mein Handy in meiner Hosentasche und das Display zeigt mir einen Anruf von Loraine an. Genervt halte ich es meinem Cousin unter die Nase. „Siehst du, was ich meine. Die ist auch eine von denen, die nicht versteht, was Freundschaft Plus bedeutet." Ich drücke sie weg und lasse mein Handy auf den Tisch fallen. „Deswegen, keine Mädels erstmal. Aber von mir aus können wir gehen."

Austin nickt zufrieden und ich strecke mich. „Das mit Grace ist eine komplizierte Geschichte."

„Will ich es wissen?"

„Vermutlich nicht. Wie auch immer, dann halt keine Mädels für dich, wenn du keinen Bock hast."

Natürlich ist das alles gelogen.

Okay, vielleicht nicht alles. Ich war wirklich froh, Loraine losgeworden zu sein mit dem Umzug hierher. Aber es hat mich in keiner Weise gestört, dass mir die Mädels zu Füßen lagen. Trotzdem ist das nicht der Grund, warum es in nächster Zeit keine weibliche Nähe für mich geben soll. Aber Austin muss den wahren Grund nicht kennen.

Noch nicht.

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