Kapitel 4

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Es musste jetzt bereits 3 Uhr in der Nacht sein. Ich war endlich kurz davor einzuschlafen, da hörte ich ein tippendes und kratzendes Geräusch am Fenster. Ich zog mir die Decke noch etwas höher übers Gesicht, um so das Geräusch zu dämpfen. Da klierte es und ich hörte wie die Fensterläden gegen die Wand knallten. Genervt richtete ich mich auf, um mir anzusehen was die Ursache ist. Aber mit dem was ich dann am Fenster sag hatte ich ganz sicher nicht gerechnet.

Auf meinem Fensterbrett hockte ein kleines Mädchen, das den Körper eines Hundes besaß. Vor Schreck sprang ich vom Bett und verfing mich mit meinem linken Fuß in der Bettdecke, wodurch ich stöhnend auf meinen Hintern fiel. Das Hundemädchen sprang ins Zimmer und kam langsam auf mich zu getapst. Ich trat meinen Fuß von der Decke los und griff nach dem nächstbesten Gegenstand und warf ihm dem Mädchen entgegen. Jenes wich dem Gegenstand aus, der sich als Nachtischlampe entpuppte. Ich tastet erneut nach einer behelfsmäßigen Waffe, als ich zusah, wie sich das Hundemädchen in eine faltige alte Frau mit einen Schlangenunterkörper verwandelte. Warum musste es schon wieder Schlangen sein? Das sind mir mittlerweile wirklich die unliebsten Tiere...

Ich kroch im Krebsgang zurück und stieß gegen mein Bücherregal. Das Frauen-Schlagenwesen nicht aus den Augen lassend, drehte ich mich leicht nach hinten und griff mit beiden Händen nach den Büchern, die ich dann auf das Wesen warf. Meine armen Bücher...

Da sprang die Tür rechts von mir auf und ein nur in Boxershorts bekleideter Agisiloas trat mit gezücktem Schwert ins Zimmer. Wäre ich gerade nicht so von der neuen Schlangenfrau so abgelengt, dann hätte ich ihm vermutlich einen längeren Blick unterzogen. "Empusa, dass hätte ich mir denken können. Hat dich Hekate mal wieder von der Leine gelassen?"

"Meine Herrin hat keine Leinen.", sagte die alte Frau mit einer kratzigen Stimme.

"Das ist doch auch nur ein Sprichwort.", sagte Agis und stürzt auf das Wesen zu. Jenes wandelte sich wieder in das Hundemädchen zurück und sprang flink zur Seite. Ich rappelte mich auf und griff nach meiner Stehlampe links von mir.

"Das ist nicht fair. Ich mag Hunde. Wie soll ich dich jetzt guten Gewissens in den Hades schicken?", nörgelte Agis. Er ging in Angriffshaltung und nahm sein Schwert in beide Hände. "Das wird mich in meinen Träumen verfolgen."

"Für Träume wirst du im Hades viel Zeit haben, wenn du mir nicht aus dem Weg gehst Agisilaos.", sprach das Hundemädchen mit trällernder Stimme. Der/das, ich weiß wirklich nicht welches Personalpronomen hier angebracht war, versuchte an Agis vorbei auf mich zuzuspringen. Jener vollführte einen Ausfallschritt zur Seite und versperrte ihm/ihr so den Weg. Unbeeindruckt wechselte das Wesen wieder in die Gestalt der Alten Frau und schlängelte sich zwischen Agis Beine hindurch. Hinter ihm richtet sie sich wieder auf. Doch bevor sie weiter schlängeln konnte schlug ich ihr das obere Ende meiner Stehlampe um die Ohren. Verdutzt schaute sie mich an, vermutlich hatte sie nicht damit gerechnet, dass ich mich erneut wehren würde. Sie fauchte mich an, als aus ihrer Brust eine Schwertspitze trat und sie grugelnd zu Goldstaub zerfiel.

"Gut gemacht. Aus dir könnte eine richtige Kämpferin werden.", lobte Agisilaos mich. Und kam auf mich zu. "Mmmh, hast ein bisschen was abbekommen. Scheint aber nichts all zu Schlimmes zu sein.", murmelte er vor sich hin. Er hatte recht. Jetzt wo mein Adrenalinspiegel sich wieder langsam senkte spürte ich an meinen Händen und Beinen einen stechenden Schmerz dort, wo die Haut aufgeschürft ist. Sich davon überzeugt, dass mit mir soweit alles in Ordnung war stellte er sich vor mich und betrachtete mich. "Wusste ich doch, dass sich unter der Kellnerkutte eine Hammer Figur versteckte. Wirklich dein Hintern ist einsame Spitze."

Bitte was... Mit vor Überraschung großen Augen starrte ich ihn fassungslos an. Uns hatte gerade wiederholt ein Monster angegriffen und er flirtete mit mir?

"Was ist? Du stimmst mir da doch wohl zu?", er setzte wieder sein Grinsen auf.

"Wir sind gerade fast gestorben und du hast nichts Besseres zu tun, als meine Figur zu beurteilen? Was war das überhaupt für ein Wesen?", ich stellte die durch den Schlag leicht verbogene Lampe ab, die ich bis eben krampfhaft umklammert hielt.

"Das Honighintern war Empusa. Eines von Hekates Schoßhündchen, sowas wie ein Spuckgespenst.", antwortet er mir. Er sah sich in meinem verwüsteten Schlafzimmer um. "Das in so kurzer Zeit zwei Monster auf dich aufmerksam wurden ist ungewöhnlich. Es wird wohl besser sein, wenn wir dich direkt zu Cocles bringen. Pack dir ein paar Sachen zusammen und wir machen uns auf den weg."

"Warte was? Ich kann hier nicht einfach so weg. Ich habe einen Job und Freunde, um die ich mich kümmern muss. Ich hatte vorhin, bevor ich zu Bett ging noch mal mir Meg geredet. Alexander hatte eine Blinddarmentzündung und musste operiert werden. Sie hörte sich zwar gefasst an, aber ich hatte eigentlich vor sie morgen vor der Arbeit zu besuchen.

"Hier bleiben können wir nicht Honighintern. Wenn das mit den Viechern so weiter geht, dann kommt irgendwann noch jemand richtig zu Schaden", erwiderte Agis.

"Aber meine Arbeit? Wer soll denn Morgen den Laden öffnen?"

"Hey, was ist dir wichtiger, deine Arbeit oder dein Leben. Also ich weiß wo meine Prioritäten liegen und deswegen sag ich dir, pack deine Sachen zusammen."

Er ging aus dem Zimmer raus, vermutlich um sich selbst wieder richtig anzuziehen. Ich stand, mit der Situation überfordert, einfach weiter in meinem Schlafzimmer. In meinen ramponierten Zimmer. Im ganzen Raum lagen überall verteilt meine Bücher rum. Gott meine geliebten Bücher. Und meine Nachtischlampe war gleich meiner Stehlampe in eine Form verbogen. Das dieses Wesen bei mir zu Hause eingedrungen war machte das Ganze für mich nun wirklich real. Ok, jetzt merkte ich doch etwas Panik hochkommen. Es war bei mir zu Hause, hier müsste ich doch in Sicherheit sein.

"Jetzt mach hin und pack deine Sachen", schallte es aus dem Wohnzimmer rüber. Aus meinen Gedanken gerissen sah ich böse zur offenen Tür hinüber, kam jedoch seiner Forderung nach. Was blieb mir auch anderes übrig.

Tochter des ThanatosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt