Dir gehört mein Herz

62 0 0
                                    

"Schlampe!", faucht Tiffany mich an und schubst mich. Nicht fest, aber es reicht, dass ich überrascht ein paar Schritte zurückstolpere. "Versuchst dich einfach an meinen Freund heranzumachen. Wie hinterhältig ist das denn?"

Verwirrt erwidere ich ihren funkelnden Blick. "Deinen Freund? Welchen denn?"

Zora, die an der Seite steht, und dem Geschehen hilflos zusieht, kann sich ein kleines Kichern nicht verkneifen, was Tiffany dazu veranlasst, ihr einen vor Wut glitzernden Blick zu zuwerfen. Sofort verstummt Zora. Zwar sind wir so etwas wie Freundinnen, aber unsere Freundschaft endet genau dann, wenn Tiffany und ihr Gefolge sich eine von uns als Opfer krallt.

"Blake natürlich!", zischt Tiffany mir entgegen und kommt einen weiteren Schritt auf mich zu. Ihre beiden Freundinnen, die wie in einem schlechten American-Highschool Film zwei Meter hinter ihr stehen und sie von beiden Seiten flankieren, folgen ihrer Bewegung nach vorne. "Er hat dich angelächelt!"

Irritiert erwidere ich ihren Blick. "Er hat mich nicht angelächelt. Noch nie in seinem ganzen Leben. Und wenn, dann wäre er es mit dem du reden müsstest, nicht mit mir. Ich kann doch nicht entscheiden, was dein Freund tut."

Streng genommen sind die beiden gar nicht mehr zusammen, zumindest laut den Gerüchten, die meinem Tisch in Kunst besprochen worden sind. Aber ich denke, Tiffany diesen Fakt unter die Nase zu reiben, würde sie nur noch schneller zur Furie werden lassen. Wenn sie es nicht schon ist. 

"Du lässt gefälligst die Finger von Blake, du kleine Schlampe!" Tiffany ist mittlerweile so nah an mich herangekommen, dass ich unwillkürlich kleine Schritte zurückweiche. Sie folgt mir. Bis ich irgendwann mit dem Rücken an die Wand des Flures stoße und zu Tiffany aufsehe, die mit ihren gigantischen Absätzen sicherlich einen Kopf größer ist als ich. "Wenn mir noch einmal zu Ohren kommt, dass du dich an ihn herangemacht hast, dann setzt es was, haben wir uns verstanden?" Ihre Stimme ist so leise, dass noch nicht einmal ihre Kumpaninnen, die einen Meter entfernt stehen, sie hören können. Unwillkürlich läuft mir eine Gänsehaut über den Rücken. 

"Und nur, damit du dich darauf einstellen kannst", flüstert sie weiter in einer so süßlichen Stimmlage, dass ich dem Drang widerstehen muss, meinen Mageninhalt zu entleeren. "Hier ein kleiner Vorgeschmack, was passiert, wenn du dich noch einmal an meinen Freund heranmachst!" Zwei Sekunden später landet ihre Hand auf meiner Wange. 

Um ehrlich zu sein habe ich bis jetzt keine Sekunde gedacht, dass sie gewalttätig wird. Und ich habe definitiv nicht mit einer solchen Kraft gerechnet. Meine Wange brennt heiß und ich muss aufsteigende Tränen unterdrücken. Zora mustert mich besorgt von der Seite, hält sich aber weiterhin im Hintergrund. 

"Halt dich von Blake fern.", zischt Tiffany mir noch einmal zu, bevor sie mit ihren Freundinnen davonzieht.

"Geht es dir gut, Nova?" Mit einem entgeisterten Gesichtsausdruck stürzt Zora auf mich zu und dreht mein Gesicht sanft zur Seite, um meine Wange zu begutachten. "Sie hat ziemlich fest zugeschlagen. Du hast sogar noch ihre Fingerabdrücke auf der Wange."

Ich zucke die Schultern, blinzele die Tränen weg. "Besser ich gewöhne mich dran, was? Ich kann wohl kaum etwas daran ändern, dass ich in Englisch neben Blake gesetzt wurde."

Zora mustert mich eingehend. "Sollen wir vielleicht doch mit einem Lehrer sprechen? Ich meine, sie hat dich geschlagen. So etwas können wir ihr doch nicht durchgehen lassen."

Erneut zucke ich die Schultern und schiebe ihre Hand sanft von meiner Wange. "Es tut schon kaum noch weh." Gelogen. "Außerdem wird sie uns schon nicht verprügeln. Im Allgemeinen ist ihre bessere Waffe die psychische Schikane." Auch wenn die nicht unbedingt erträglicher ist. Aber wesentlich schwerer nachzuweisen.

One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt