Kapitel 2

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Nachdem ich mit allen angestossen habe, beginne ich mein Geschenk zu öffnen. Alle Freunde haben zusammengeschmissen und mir tatsächlich einen Tandem-Fallschirmsprung geschenkt. Ein Traum von mir wird wahr und ich kann es nicht fassen. Ungewollt fließen Tränen der Freude und ich umarme alle, anders kann ich mich grad echt nicht bedanken. Philipp ist der letzte in der Runde und er nimmt mich in den Arm, als würde er mich nie wieder loslassen wollen.

„Ich hab auch noch was für dich" flüstert er mir ins Ohr.

„Du hast dich doch schon an dem Geschenk beteiligt" erwidere ich irritiert.

„Ja, und?" grinst er, seine Hand streicht mir langsam über meinen Nacken und er sieht mir tief in die Augen. „Bevor du mein Geschenk bekommst, muss ich dir aber noch ein bisschen über mich erzählen. Ich möchte erst deine Zweifel ausräumen und deine Fragen beantworten. Komm mit."

Hand in Hand gehen wir nach draußen und ich kann die Blicke meiner Freundinnen in meinem Rücken spüren. Ja, ich weiß, ich und der Bad Boy, dass sollte es niemals geben.

Philipp führt mich zu der kleinen Hollywoodschaukel, die im Garten von Nicoles Elternhaus steht. Wie immer, wenn es trocken ist, liegt dort eine kuschelige Decke, die Philipp mir direkt über die Beine legt.

„Dann schieß mal los" sage ich selbstbewusster, als ich es gerade eigentlich bin.

Philipp lacht leise und gibt der Schaukel ein bisschen Anschwung. Mit meiner Hand in seiner beginnt er zu reden.

„Ich wohne jetzt vier Jahre hier und ich weiß, welchen Ruf ich habe. Ich möchte dir eigentlich nur sagen, dass nichts davon stimmt. Absolut nichts und ich hab keine Ahnung, wer immer solche Sachen über mich verbreitet" sagt er leise und schaut stur geradeaus.

„Na, was meinst du genau? Das du jede Woche ein anderes Mädchen abschleppst? Ist das etwa nur ein Gerücht? Ich meine, es ist ja nicht so, dass ich es nicht selbst schon gesehen hätte" was meint er, ich bin verwirrt.

„Genau das meine ich. Niemand von euch hat gesehen, dass ich mit den Mädchen schlafe, oder? Das wird mir nachgesagt, aber es stimmt einfach nicht. Ja, da waren einige, denen ich etwas näher gekommen bin, aber mehr auch nicht" er hört sich unzufrieden an.

„Warum genau erzählst du mir das eigentlich?" will ich wissen.

„Warum? Weil ich möchte, dass du mir glaubst und mir vertraust. Ich habe wirklich bis jetzt nur mit zwei Mädchen geschlafen und mit denen war ich zusammen. Ich bin nicht der Draufgänger und der Typ der alle Mädels verarscht. Ich schlage keine Kerben in meinen Bettpfosten und ich bin mir da auch selbst zu schade für" mittlerweile schaut er mich an, mir tief in die Augen und ich kann nichts anderes sehen als Aufrichtigkeit.

„Habe ich dich je angelogen?" fragt Philipp weiter.

„Nein" antworte ich nach kurzem Überlegen, „aber gab es jemals einen Grund, warum du es hättest tun sollen?"

„Du hast recht, gab es nicht. Aber ich hätte es auch nicht getan. Ich bin immer ehrlich, zu allen" kommt es von ihm.

„Aber warum genau ist es dir jetzt so wichtig, dass ich das weiß?" frage ich. Ich kann mir da noch keinen Reim drauf machen. 

„Ok, du hattest in den letzten Monaten nur Augen für Tom und hast niemand anderen so richtig wahr genommen" sagt Philipp leise während er den Kopf wegdreht und ich kann hören, dass er verletzt ist.

„Du hast nicht gesehen, dass ich auch noch da bin. Du hast auf jeder Fete deinen Spaß mit ihm gehabt und bei der letzten ist er dann mit Melina abgezogen. In dem Moment habe ich gesehen, dass es für dich abgeschlossen ist. Das du eventuell bereit bist, mich zu sehen. Bereit, dich auf mich einzulassen. Auf mehr als ein Techtelmechtel" seine Stimme wird immer leiser und ich muss schlucken.

Sagt Philipp gerade, dass er eine Beziehung mit mir will? Oder es zumindest versuchen will? In meinen Gedanken gehe ich die letzten Monate und die Begegnungen mit ihm durch. Jedes Mal hat er mich umarmt und einen Moment länger festgehalten als normal wäre. Einmal hat er sich fast wegen mir geprügelt, als ein Typ mich in der Disco blöd angemacht hat. Und nach jeder verdammten Feier hat er mich nach Hause gebracht.

Als er langsam wieder zu mir blickt und mich ansieht, sehe ich ihn zum ersten Mal wirklich. Seit etwa einem Jahr passt er auf mich auf, beschützt mich und gibt mir Sicherheit. Auf ihn konnte ich mich im letzten Jahr immer verlassen, ohne das wir drüber sprechen mussten. Ich habe es als selbstverständlich hingenommen und nicht drüber nachgedacht.

Bei dieser Erkenntnis überkommt mich ein schlechtes Gewissen und ich merke, wie ich meine Stirn in Falten lege.

„Denk nicht so viel nach" sagt er zärtlich und streicht mit seinem Finger über Stirn. „Darf ich dich küssen?" flüstert er und ich kann nur nicken.

Ich sitze an ihn gekuschelt auf dieser Schaukel und kann nicht glauben, was sich in der letzten Stunde ereignet hat. Seine Hand streicht meinen Arm auf und ab und mich überkommt eine Gänsehaut.

„Lass uns zurück gehen, die anderen wundern sich sicher schon" sage ich leise.

„Gehst du mit mir als meine Freundin zurück?" fragt Philipp und schaut mich bittend an.

„Nichts lieber als das" antworte ich ehrlich und nehme seine Hand, die sich wundervoll an meine anpasst.

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Der Abend vor meinem Geburtstag gehörte zu den schönsten meines bisherigen Lebens, der Tag danach sollte der schlimmste werden.

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