Kapitel 4- Kekse mit Büffelscheiße

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Nun. Seoul ist groß, mein Orientierungssinn klein. Oder nicht vorhanden. Nachdem ich vergeblich versucht habe, zurück zu meinem Apartment zu finden, bin ich in einem Park gelandet. Bäume, Menschen, Bank. Das übliche Parkfeeling halt.

Da kommt mir Genius der rettende Einfall: es gibt etwas, das schimpft sich Mobiltelefon. Google Maps. Da mein Handy aber immer noch eine kleine zickige Bitch ist, schreit es verzweifelt nach Strom. 2% Akku. Normalerweise wäre das jetzt der Moment, in dem ich einen doppelten Rückwärtssalto vom Sofa mache, 150 km/h Sprint zur Steckdose und dann das Ladekabel mit einem thormäßigen Hammerfaustschlag ins Handy reinhaue.

Normalerweise. Aber normalerweise hocke ich auch nicht in einem Park in Seoul, komplett orientierungslos. Taxi will ich nicht schon wieder rufen, es gibt ja was das sich "sparsam" nennt. Und diese Sparsamkeit macht sich bei mir immer in den ungünstigsten Momenten bemerkbar.

Also Plan B. Versuchen, zurückzuverfolgen, wo ich langgelaufen bin. Nur leider hört es beim Ausgang des Parks auf. Verflucht seist du, nicht vorhandener Orientierungssinn! Und Perry das Schnabeltier natürlich auch.

"Entschuldige, aber kann man dir vielleicht helfen?" ertönt eine Stimme, die verdächtig nach einem Marvin klingt. Alecto, macht das Sinn? Ein Marvin in Korea? Seriously? Wird wohl kein Marvin sein.

"Nein, im Prinzip nicht. Bei mir ist soziemlich alles bis auf mein Appetit verloren." Der Typ, der sicherlich weder Marvin noch Kevin heißt, lacht auf. Dafür erntet er meinen Du-hast-drei-sekunden-um-deine-scheiß-visage-hier-rauszubringen-Blick. Und da hört er plötzlich auf zu lachen.

"Du siehst nicht besonders koreanisch aus. Kann es sein, dass du dich verlaufen hast?" Als ob. Der Typ ist anscheinend Wahrsager. Und in seinem Job besser als Professor Trelawney. "Willst du jetzt nen Keks? Oder nen Oscar?" Ich versuche freundlich zu sein, wirklich. Aber sobald mich irgendwer anspricht und ich auch nur leicht genervt bin, wechsele ich automatisch zu sarkastisch mit einem ironisch-beleidigenden Akzent.

"Du hast Kekse? Ernsthaft? Was für Kekse? Krieg ich welche? Sind da Nüsse drin? Ich bin nämlich gegen Nüsse allergisch. Wenn nicht, kann ich..." In meinem schönsten Ton, der so trocken wie der billige Fertigbraten meiner Tante ist, antworte ich:"Nein." "Nein im Sinne von keine Nüsse? Oder nein im Sinne von ich krieg keine ab." Nein im Sinne von das sind Kekse mit Büffelscheiße und ich weiß nicht, ob der vorher Nüsse gegessen hat. "Nein im Sinne von ich hab keine Kekse."

Es folgte eine enttäuschte Schweigeminute für die nichtvorhandenen Kekse, die eventuell Nüsse enthalten. Und dann schaltet mein Gehirn automatisch in den du-tust-was-ich-sage-oder-ich-kastrier-dich-modus, mit dem ich eine detaillierte Wegbeschreibung fordere.

Die dann aus 1 Satz besteht. Ich hätte einfach nur 1 Straße weiter gehen und dann links abbiegen müssen. Stattdessen denk ich über Kekse mit Büffelscheiße nach. Das... ist ein ganz neues Level. Achtung Käpten Niveau, wir sinken.

Und natürlich gehe ich, ohne mich zu bedanken. Immerhin hat mich der Typ Gehirnzellen gekostet. Ich schlafe auf der Seite, soll heißen, wenn das so weitergeht rollt mein Gehirn irgendwann beim Schlafen aus meinem Ohr raus.

Endlich! Meine 4 Wände. Trautes Heim, Glück allein. Die kleine Bitch steck ich erstmal ans Ladekabel. Und das ohne Rückwärtssalto, Sprint und hammermäßigen Faustschlag. Naja, man kann nicht immer 100% geben. Oder 50% oder 10%. Manchmal sind es halt nur 5%, deprimierend aber wahr.

Jetzt wartet mein Laptop auf mich, der zum Glück nur halb so zickig ist wie mein Handy, das ich ganz nebenbei Rhababerbarbarabarbarbarenbartbarbierbierbarbärbel getauft hab. Der Laptop heißt Karl-Heinz-Günter, es geht ja nichts über gute deutsche Namen.

Aschenputtel und die 4 Ritter, auch bekannt als Cinderella and the Four Knights. Folge 9 wartet auf mich. Also schnell Nachos mit Käsedip machen, was zu trinken holen und dann let's get it!

Wenn mich jemand fragt, ich bin definitiv der Nacho-Typ. Nichts gegen Popcorn. Aber Nachos sind einfach ein Träumchen, aus dem man nicht mehr aufwachen will.

Während Eun Ha Won also ganz verkartert auf einem Stück Seife ausrutscht, versuche ich meinen Mund trotz Lachanfall zu treffen.
Nur leider wiederholt sich der Ramen Vorfall. Scheiß drauf, mich sieht heut eh niemand mehr. Wen juckt denn da Käsedip. Genau, das bockt kein Schwein.

Denkste. Life is a bitch. Ich dachte eigentlich, ich hätte das gelernt, nun anscheinend nicht. Den irgendein Horst klingelt an der verfickten Tür, wobei mir einfällt: Ich muss dringend über ein vergesst-die-bissigen-Hunde-vorsicht-vor-dem-Besitzer-Schild nachdenken.

Da ich aber so ein reizendes Persönchen bin, ignoriere ich das Klingeln. In 90% der Fälle geben die Leute nämlich irgendwann auf. Während Kang Hyun Min mit den anderen nun diskutiert, wie sie es schafft sich im Bad eine Gehirnerschütterung zuzuziehen, klingelt sich jemand die Seele aus dem Leib.

Sag mal, geht's dem noch gut? Warum hört der Spaß nicht einfach auf zu klingeln? Merkt der nicht, dass ich eigentlich gar nicht da bin? Zumindest von seiner Sicht betrachtet. 5 min später gebe ich auf. "Wenn du Kontakt suchst, greif in die Steckdose!", zetere ich los bevor ich überhaupt nachschaue, wer es ist. Scheiße Alecto, wenn es jetzt der Papst ist? Oder ein FBI Agent?

Zu meinem Glück weder das eine noch das andere. Stattdessen steht dort der Typ, der wie Marvin klingt aber nicht so aussieht."Was willst du Mav-Mav." "Also eigentlich wollte ich fragen ob du Milch hast. Aber Mav-Mav? Was ist das? Und hast du jetzt Kekse? Ich hab dir schließlich vorhin geholfen. Und eigentlich heiße ich..." Den Rest höre ich nicht mehr, weil ich in der Küche verschwunden bin. "Hier hast du deine scheiß Milch. Und jetzt sieh zu, dass du wegkommt, bevor ich dir meinen bissigen Pitbull auf den Hals hetze!"

Der bissige Pitbull existiert zwar nur in meiner Fantasiewelt, aber das weiß Mav-Mav ja nicht. Und noch bevor er sich bedanken kann, landet die Tür in seiner Visage. Woraufhin er höher jault, als es mein Fantasiehund tun würde. Geschieht ihm recht, verbraucht ja schließlich meine Milch.
Und jetzt: zurück zu meinen Nachos!

Be my hope {jhopexreader} Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt