Es ist eine Woche vergangen, seit meiner seltsamen Begegnung mit dem Mädchen im Wald. Jeden Tag kam ich um dieselbe Uhrzeit wie an jenem Tag, aber sie war nie da. Wie sie sagte, die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns wieder sehen ist sehr gering.
Aber immerhin nicht unmöglich.
Ich kenne nichtmal ihren Namen, aber sie geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf.
Ständig denke ich an sie, egal wo, wann oder mit wem ich bin.
Und ich weiß nicht einmal wieso. Es mag überstürzt klingen, aber ich sehne mich nach ihrer beruhigenden Stimme und nach der Euphorie, wenn sie über ihre Pläne erzählte.
Ich kenne sie nicht.Mein Tag vergeht langsam und schleppend. Ich habe keine Energie mehr und auch keine Motivation. Die Jungs planten, heute in einen Club zu gehen und rieten, vor allem mir, mich abzulenken. Ich fand die Idee eher weniger gut, aber ich habe schon lange keinen Spaß mehr gehabt, also ist es einen Versuch wert.
Ich mache mich auf den Weg, um mich mit meinen Jungs vor dem Club zu treffen.
Als ich ankomme sehe ich schon alle ungeduldig warten. Ismael hat gute Connections, was uns schnellen Eintritt und auch nicht für jeden Zulässige Sitzplätze sicherte.
Wir bestellen einige Flaschen und genießen den Abend. Nach zirka einer Stunde setzt sich eine Gruppe Mädchen in unserem Alter auf die andere Hälfte der Bank. Sie scheinen gut angetrunken zusein, bestellen aber trotzdem noch alle einen Drink und zwei Pfeifen. Meine Jungs hatten gefallen an ihnen gefunden. Mir stach keine sonderlich ins Auge. Sie waren eben alle genau die Sorte Mädchen, die man im Club schnell klären könnte. Jede von ihnen hatte sehr kurze Kleider an und war stark geschminkt. Jedoch ist das vollkommene Geschmacksache, mir gefielen sie eben nicht, auch wenn sie nett zusein schienen.
In der Regel mag ich Frauen, die sich zurecht machen und auch freizügig selbstbewusst sind, aber irgendwie sahen alle ein wenig billig aus und so wirkliche Eleganz besaß keine von ihnen.
Eigentlich habe ich mich ein wenig auf den Jungsabend gefreut, aber inzwischen hängen alle an irgendeiner von den Mädels und ich sitz etwas allein gelassen am Ende der Bank und puste Ringe in die Luft.
Auf einmal nehme ich das Gekreische der Mädchen neben uns wahr.
„Omg Delia! Endlich bist du da!", quietscht eine mit einer grässlich hohen Stimme. Ich sehe nach oben und erkenne sie.
Delia. Ihr Name ist Delia.Sie umarmt ihre Freundinnen. Eine kleine betrunkene Asiatin stellt ihr lallend die Jungs vor. Ich muss mir ein lautes Lachen echt verkneifen, weil Ismael aufeinander zu Ismaeli wurde, Mert zu Mehmet und Furkan zu Freddi, die anderen Namen packte sie noch grad so. Delia schaute sich lachend die Jungs an bis ihr Blick bei mir landete. Sie lächelte mich verschmitzt an und setzte sich an das andere Ende der Bank, gegenüber von mir. Seitdem sie da ist, versuche ich die ganze Zeit, sie unauffällig zu beobachten, aber ich denke, dass sie mich das ein oder andere mal beim Starren erwischte.
Die Mädels überredeten die Jungs tanzen zu gehen, wobei ich gar nicht in der Stimmung war. Zu meiner Verwunderung blieb auch Delia sitzen.
„Willst du eine Rauchen gehen?", fragt sie mich aus dem nichts und ich nicke nur blöd.
Sie steht auf und sieht mich mit einem Auf was wartest du? Blick an. Schnell erhebe ich mich und wir machen uns auf den Weg zur Dachterrasse. Ich holen meine Packung Marlboro rot aus der Hosentasche und halte ihr dir offene Schachtel hin. Mit ihren rot lackierten langen Nägel greift sie eine Zigarette heraus und für den Bruchteil einer Sekunde stelle ich mir vor, wie sie mit ihren Nägel über meinen Rücken kratzt und meinen Namen stöhnt. Geschockt von meinen eigenen Gedanken schüttle ich kurz meinen Kopf und lege mir auch eine Zigarette zwischen die Lippen.
Sie geht einen Schritt auf mich zu und hält ihr Feuerzeug an das Ende meiner Zigarette. Ich schaue zu ihr und unsere Augen treffen sich. Einige Sekunden starren wir uns intensiv in die Augen, bevor sie wieder etwas zurück geht und elegant an ihrer Kippe zieht. Ihre roten Lippen umschließen die Zigarette und pusten etwas später den Rauch hinaus.
Sie sieht so unglaublich attraktiv aus.
Ich sehe gerade aus und genieße den unglaublichen Ausblick auf München, den man durch diese Dachterrasse hat.
Nach einiger Zeit sehe ich zu ihr rüber und mustere sie von oben bis unten.
Im Gegensatz zu ihren Freunden hat sie eine schwarze weite Hose an, die sehr elegant wirkt und dazu ein schwarzes Oberteil mit dünnen Trägern, was ihr Dekolleté perfekt aber auch unscheinbar hervor hebt. Sie trägt zwei dünne goldene Ketten, einer der Anhänger hängt tief in ihrem Ausschnitt und man kann ihn nicht erkennen, lässt das Ganze jedoch noch verlockenderer aussehen.
Ich lecke mir über meine Lippen und versuche auf andere Gedanken zu kommen.
„Naja, so sieht man sich wieder", erwähne ich und sie sieht mich lächelnd an.
„Ich hab dich die letzten Tage nicht mehr gesehen, im Wald. Wo warst du?", frage ich sie neugierig. „Ich war zuhause, in Polen", erzählt sie und schaut traurig auf die vielen Lichter der Stadt.
„Siehst nicht sehr glücklich aus.", meine ich zu ihr. Vielleicht erinnert sie sich ja an unser Gespräch. „Bin ich auch nicht", sagt sie grinsend. „Und wieso?", anscheinend erinnert sie sich doch. „Ich denke nicht, dass dich das etwas angeht."
Wir grinsen uns beide nur blöd an.
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Where my heart goes
Fanfiction„Ich habe noch nie eine starke Person kennengelernt, die eine einfache Vergangenheit hat, Altin.", sagt sie, bevor sie an ihrer Zigarette zieht und mich ansieht. Ihre dunkelbraunen, fast schwarzen Augen treffen mich. Jedes Mal zieht es mich in ein...