Teil 9

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Throwback to a Open Air Music Festival in Summer 2019 - Part 3

Seine Lippen waren zart, schmeckten ein wenig bitter, sicher vom ganzen Bier, das er getrunken hatte, und doch waren sie auch süss, wie Schokolade. In ihrer Brust explodierte ein Gefühl, das mit dem Feuerwerk am Silvester zu vergleichen war. Für sie fühlte es sich an, als wäre dies der Moment, auf den sie all die Jahre gewartet hatte.

Die Hoffnung auf ein solchen Treffen, war ihr Grund gewesen, das Leben noch nicht ganz aufzugeben. Es hatte sich also doch gelohnt. Es hat sich gelohnt, all das Negative in ihrem Leben durchgehalten zu haben, um einen solchen Moment erleben zu können.

Das Licht am Ende des dunklen Tunnels brannte wieder. Der Weg dahin schien doch nicht mehr so unendlich lang. Endlich war wieder ein Ende zu sehen. Das Licht brannte stark und erhellte ihr den Ausweg, wie schon lange nicht mehr. Ihr wurde zum ersten Mal seit langem wieder warm. Ihr wurde zuerst warm ums Herz und dann breitete sich die Wärme in ihrem ganzen Körper aus.

Sie fror nicht mehr. Die Eisschicht war aufgetaut, die Mauer durchbrochen. All die Gefühle, die sie all die Jahre ausgesperrt hatte, kehrten zurück: Liebe, Freude und Hoffnung. Aber mit den positiven Gefühlen, kamen auch die unangenehmen zurück, die sie lieber vergessen hätte. Was, wenn er nicht das Gleiche fühlte wie sie?

Der Kuss war sanft, zögerlich und schüchtern. Seine Lippen waren ihr Wasser und sie war am Verdursten. Sie wollte mehr und nie mehr damit aufhören. Ihre Augen waren geschlossen. Sie spürte seine Fingerspitzen zuerst an ihren Wangen. Dann wie sie sich in Richtung Nacken bewegten. Jede von ihm berührte Körperstelle zitterte und war wie aufgeladen. Er fühlte den leichten Griff ihrer Hände in seinen Haaren, das Kratzen ihrer Fingernägel auf seiner Kopfhaut. Wie gut sich das anfühlte.

Ein leises Stöhnen verliess seine Lippen. Als Antwort küsste sie ihn inniger, fester und mit mehr Gefühl. Er erwiderte den Kuss mit geteilter Sehnsucht, denn auch er konnte nicht genug von ihr kriegen. Er wollte nie im Leben aufhören, diese wundervollen, schmalen und doch so weiche Lippen zu küssen.

Er drückte sie fest an seine Brust, so dass sie sein Herz klopfen hörte. Und wie schnell sein Herz raste. Ihr Herz hingegen hüpfte auf und ab, setzte manchmal sogar für mehrere Sekunden aus, wenn er den Kopf zu ihr runter drehte und ihr tief in die Augen blickte.

Das Gefühl von Geborgenheit war ihr ganz fremd. Sie hatte sich schon lange nicht mehr so sicher gefühlt. Als hätte sie endlich den fehlenden Teil gefunden, auf den sie jahrelang auf der Suche war. Durch ihn fühlt sie sich vollständig, ganz.

Irgendwann schlief er ein. Sie hingegen lag hellwach neben ihm da und beobachtete, wie sich seine Brust zum Atmen hob und sank. Es war auf irgendeine Art beruhigend jemanden beim Schlaf zuzusehen. Wahrscheinlich eher unheimlich und creepy für ihn, falls er etwas davon mitbekommen sollte. So friedlich wie sein Gesicht aussah. Kein Schmerz, einfach Nichts.

Sein Gesicht war teilweise bedeckt mir silbernen Glitzer, den sie am Abend zuvor auf ihre Wangen geschminkt hatte. Süss sah er damit aus, wie ein Prinz. Vielleicht hatte sie endlich ihren Traumprinzen gefunden. Vielleicht gab es ihn wirklich.

9 Uhr hielt sie es nicht mehr  aus. Sie musste raus aus dem Zelt und ihre Blase musste sie auch leeren, denn die war randvoll. Als sie von ihrem Geschäft zurückkam, war sie nicht mehr die Einzige, die wach war. Momo und drei andere Freunde sassen schon wieder in ihren Campingstühlen und rauchten ihre morgendliche Zigarette. Der eine mit einem Kaffee in der Hand und der andere mit einem Bier.

L: Tom, trinkst du schon wieder Bier? Es ist doch erst 9 Uhr.
T: Na klar. Konterbier am Morgen muss immer sein.
L: Konterbier?
T: Bier gegen den Kater. Wenn du einfach weiter trinkst, dann kriegste auch kein Kater. Schlau oder?
L: Hahaha. Sehr schlau eigentlich. Krieg ich auch eins?
T: Klar, komm her.

L: Momo, kannst du mir echt eine Rette schrauben? Ich habe gerade echt Bock.
M: Fräulein, wenn du deine Lunge schaden willst, dann musst das du schon selber machen.
L: Ach, pleeeeeaaaaase. Ich kann einfach nicht rollen.
M: Okay ... das ist aber das letzte Mal. Versprochen?
L: Versprochen.

M: Na, bist du auch mal wach?
S: Geht so.
M: Was hast den du da auf deinem Gesicht?
S: Was meinst du?
M: Dein Gesicht ist voller Glitzer. Linn, warst du das?
L: Pssst, sag jetzt ja nichts falsches, Momo.

S: Egal, ich geh zum Fluss, um mir das Gesicht zu waschen, damit du aufhörst so zu grinsen. Kommt wer mit?
L: Ich komme mit.
T & A: Wir kommen auch mit.

Shit, eigentlich wollte er mit ihr alleine an Fluss, um über die letzte Nacht reden zu können. Hoffentlich war es nicht zu spät.

Verlorene Liebe?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt