6. Kapitel

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Mit schnellen Schritten ging ich auf Gales Auto zu. Umbringen konnte ich ihn ja schlecht, dafür war mir meine Freiheit doch zu schade. Was konnte ich dann tun, um ihn so richtig eins auszuwischen?

In Berlin war alles viel leichter, jeder wusste über mich und Víto bescheid und verhielt sich auch dem entsprechend..
Aber hier musste ich mir noch den Kopf über Rachepläne zerbrechen und meine Zeit mit Vollidioten verschwenden.

Apropos Vollidioten..ich hatte die Idee!

Mittlerweile war ich bei Gales Auto angelangt und Gale lachte sich immer noch einen ab als gäbe es kein morgen mehr.
Das Lachen würde ihm schon noch vergehen..

Ich sammelte all meine Kraft zusammen die ich hatte und trat mit vollem Karacho gegen die Autotür. Und siehe da, sofort verschwand das dämliche Grinsen aus Gales Gesicht.

Mit zufriedenem Blick betrachtete ich mein Werk. Eine ordentlich Bäule hatte ich da hinterlassen. Anerkennend Pfiff ich durch meine Zähne. Ich hatte ganz schön was drauf, wenn ich wollte.

Gale war inzwischen ausgestiegen und als sein Blick auf die Bäule fiel, lief sein Gesicht hochrot an.

"Wer denkst du eigentlich wer du bist, das du eine BAÜLE IN MEIN AUTO machen kannst!?!"

Bevor er mich weiter anschreien konnte, schnitt ich ihm das Wort ab.

"Wer denkst DU eigentlich wer DU bist, das DU dir das Recht herausnimmst zu erzählen, das WIR miteinander ausgehen würden?!?" schrie ich mindestens genauso laut zurück.

"Du solltest dich geehrt fühlen! In Wirklichkeit würde ich sowieso niemals mit jemandem wie dir ausgehen! Dafür müsste ich schon ganz schön tief sinken."

Mittlerweile hatte sich eine kleine Schülergruppe ansgesammelt die ab und zu Dinge wie "ICH will mit dir ausgehen Gail!" "Mach sie fertig Gale!" "Lass dir das nicht bieten Gale!" rief.

Also das war nun wirklich die Höhe! Ohne darauf einzugehen trat ich nochmal kräftig gegen die Autotür und machte mich dann auf geradem Wege zur Bushaltestelle.

"HOPE! Komm sofort zurück!"

Pff, den Teufel würde ich tun! DAS musste ich mir nun wirklich nicht bieten lassen.

-

Erschöpft lies ich mich auf einen Sitz der Bushaltestelle sinken. Der einzige Bus der in dieses gottverdammte Dorf fuhr, würde erst in zwei Stunden kommen. Mein Handy hatte ich zu Hause gelassen, weil ich es eigentlich nie benutzte. Wozu auch? Um meinen nicht vorhandenen Freunden zu schreiben?

Die meiste Zeit des Tages verbrachte ich doch sowieso nur damit um an ihn zu denken. Und ich wollte es auch ehrlich gesagt nicht anders. Was würde mir dann schon noch von ihm bleiben? Meine Erinnerungen waren das einzige was mich noch mit Víto verband. Daher WOLLTE ich ihn garnicht vergessen.

Aber wenn ich jetzt so darüber nachdenke..ich hatte bis jetzt den ganzen Tag noch nicht einmal an Víto gedacht. Vor Schreck lief es mir eiskalt den Rücken herunter. Was hatte das zu bedeuten?

Plötzlich landete ein dicker Tropfen mitten auf meiner Nase. Ich schaute hoch in den Himmel. Schwarze Wolken hatten sich über mir gebildet. Ein Gewitter? Im Ernst? Heute war eindeutig nicht mein Glückstag. Aber wann hatte ich schon mal Glück?

Von Minute zu Minute wurden die Tropfen mehr und ich nässer. Nichtmal eine Jacke hatte ich mir eingepackt. Resigniert schloss ich meine Augen.

Schlimmer konnte es nun wirklich nicht mehr werden.

Mit der Zeit begann ich zu frieren, doch ich ignorierte es so gut wie möglich und lauschte stattdessen dem Plätschern des Regens. Irgendwann mischte sich ein anderes Geräusch unter. Ein Motor. Kam der Bus etwa jetzt schon? Verwirrt öffnete ich meine Augen und blickte auf ein schwarzes Auto mit einer mir nur allzu bekannten Bäule in der Beifahertür.

Ich hatte mich getäuscht. Es KONNTE noch schlimmer werden.

Lost HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt