Ab da war nichts mehr wie zuvor.
Gale brachte mich nach Hause, trug mich hoch in mein Zimmer.
Mein Vater beobachtete alles schweigend und verlor auch später kein Wort darüber.
Ich wurde krank, holte mir eine ordentliche Erkältung. Verbrachte die Tage in meinem Bett. Sagte Tessa ab, das ich nicht kommen würde. Zog mich in mich zurück. Bloggte jegliche Versuche Gales ab, mit mir zu reden. Kappte den Kontakt zur Ausenwelt.
Die Therapeuten sagen, das ich nun in der zweiten Phase wäre. Erst käme die Trauer. Dann die Depression.
Doch das war nicht die Wahrheit.
Die Wahrheit war, das es mir damals schlagartig klar wurde. Stellt euch einfach vor jemand würde ein Messer direkt in euer Herz stoßen und es ganz langsam herausziehen, nur um es wieder hineinzustoßen.
Ach was rede ich da. Der Schmerz ist unbeschreiblich. Und das schlimmste ist, ich weiß, das er nie enden wird.Denn ich werde ihn für immer lieben. Víto war kein Qlichee. Er war mehr als das. Perfekter. Besser.
Als er noch da war, habe ich das Buch 'Das Schicksal ist ein mieser Verräter' gelesen. Ich habe an vielen Stellen des Buches geweint, Víto und mich wiedererkannt, aber vorallem konnte ich das Leid, das Hazel verspürte, nachvollziehen.
Nachdem ich das Buch zuende gelesen hatte, beschäftigte es mich noch tagelang. Damals hatte ich meinen 16. Geburtstag. Ich bekam viele schöne Geschenke, doch das was ich mir am meisten wünschte, konnte man nicht schenken.Ich wünschte mir, das ich vor ihm sterben würde. Das, wenn ich Hazel gewesen wäre, ich gestorben wäre. Denn Víto würde es schaffen. Er war stark. Stärker als ich. Optimistischer. Er würde nach vorne schauen. Ich weiß, das er mich nie vergessen würde, denn er liebte mich genauso bedingungslos wie ich ihn, aber er würde weiterleben. Er würde vielleicht sogar eine Familie gründen, sich neu verlieben. Ich würde ihm das verzeihen. Denn ich wollte das er glücklich war. Wenn es sein musste, auch ohne mich.
Ich wusste, wenn Víto mich verlassen würde oder ich das selbe Schicksal wie Hazel haben würde, das ich zu Grunde gehen würde. Ich würde nicht nach vorne schauen oder weiterleben. Denn es würde dann für mich keinen Grund mehr zum Leben geben.
Deshalb betete ich an meinem 16. Geburtstag zu Gott, das er Víto nicht sterben lassen sollte. Das er uns nicht trennen sollte. Das er mein Leben nehmen konnte, wenn dafür seines verschont bliebe.
Ich war nicht gläubig, aber an diesem Abend betete ich zu Gott, für das, was mir im Leben am meisten bedeutete.
Und ich wurde bitter enttäuscht.
Ich habe seit dem nie wieder gebetet, denn Gott gibt es nicht. Wenn es ihn tatsächlich geben würde, hätte er das nicht geschehen lassen.
Das einzige worauf man sich wirklich verlassen kann, ist die Wahrheit.
Und die traf mich an dem Tag wo es regnete wie ein Schlag.
Es war wie als ob sich ein Schalter in meinem Kopf umgelegt hätte.
Plötzlich begriff ich, das er tot war. Das er wirklich tot war. Gestorben, beerdigt, begraben, für immer.
Vorher war es so, das ein kleiner Teil von mir immer daran geglaubt hatte, ihn eines Tages wiederzusehen. Wie als ob er auf eine lange Reise gegangen wäre und wenn er wieder kommen würde, würde ich ihn in die Arme schließen und sagen das er mich nie wider alleine lassen sollte. Ich würde weinen vor Glück, das er zurückgekehrt war.Doch dieser Teil war jetzt weg. Es gab ihn nicht mehr.
Stattdessen, saß ich hier in meinem Zimmer und weinte vor Schmerz und nicht vor Glück.
Ich weinte schon seit Tagen. Ich wusste nicht wo ich die ganzen Tränen her hatte, aber sie wollten nicht enden.Es war an einem Freitag Abend. Ich hatte Spätschicht in der Bar in der ich arbeitete, um für meinen Führerschein zu sparen. Eigentlich wollte ich mit Víto zu einer Party gehen, die im angesagtesten Club der Stadt stieg, doch kurz bevor wir loswollten rief mich mein Chef an. Ich sollte für eine Arbeitskollegin einspringen, deren Kind krank war.
Víto ging also alleine in den Club.
Es war 1 Uhr morgens als Vítos Mutter plötzlich in der Tür stand. Ich hatte sie immer so schlecht verstanden, durch ihren stark ausgeprägten französischen Akzent. Deshalb dachte ich auch erst ich hätte mich verhört, als sie sagte, das Víto einen Unfall hatte.
Doch das hatte ich nicht.
Ab da nahm ich alles irgendwie nur noch verschwommen und verschleiert wahr. Wie in Zeitlupe.
Wir fuhren auf direktem Weg ins Krankenhaus. Vítos Mutter weinte die ganze Fahrt ununterbrochen, sie hatte Nick vorher schon gesehen.
Ich stieg aus dem Auto aus, rannte zum Eingang des Krankenhauses. Rannte durch die vielen Gänge und Flure, bis ich sie erreicht hatte. Seine Zimmernummer war 167 gewesen.
Ich öffnete die Tür, ohne zu wissen was mich drinnen erwartete. Ein Unfall konnte vieles bedeuten. Äußere Verletzungen konnte man heilen. Innere nicht.Und da lag er.
Überall aus seinem Körper ragten Schläuche. Er war an alle erdenklichen Geräte angeschlossen. Eines davon gab ein Piepgeräusch von sich.
Doch das einzige was ich wahr nahm war sein Gesicht. Sein wunderschönes Gesicht, das jetzt von blauen Flecken und Wunden überzogen war. Seine wunderschönen Augen die jetzt geschlossen waren.
Ich griff nach seiner Hand, hielt mich an ihr fest, als wäre sie mein Anker, der mich retten würde.
Ich lies meinen Kopf auf seinen Bauch sinken und wartete. Ich konnte spüren wie sich sein Brustkorb hob und senkte. Er würde aufwachen. Es war nur ein Unfall. Nur ein paar harmlose Wunden im Gesicht. Nichts weiter. Er würde das schaffen. Wir würden das schaffen.
Still und leise rollten mir Tränen über die Wangen.Ich wartete 2 Wochen. Zwei Wochen in denen ich ihm nicht von der Seite wich. In denen ich mit den Ärzten kämpfte. In denen ich die Hoffnung nicht aufgab.
Doch sie meinten, er würde nicht mehr aufwachen.
Nach genau zwei Wochen und 5 Tagen schalteten sie die Geräte ab.
Am 17. März vor 1 1/2 Jahren ging meine Sonne unter.
Seit diesem Tag an bestand meine Welt nur noch aus Grautönen.
Denn er war meine Sonne, mein Mond, meine Sterne, meine ganze Welt gewesen.
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Lost Heart
Storie d'amoreIhr Herz? Verloren. An Wen? Die Liebe ihres Lebens. Warum dann verloren? Weil er schon unter den Toten weilt. - Hope Lanchester hatte alles und verlor alles. Im Versuch, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen, zieht sie mit ihrem Vater in ein k...