fünf.

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Um 15:34 Uhr stehe ich nun zwei Tage später vor meinem Spiegel und betrachte die müde junge Frau mit den tiefen Ringen unter den Augen, die da vor mir steht. Kurz reibe ich daran, als würden die Ringe verschwinden, wenn ich nur lange genug daran kratzen würde. Ich seufze und schmiere mir den hellen Concealer unter die Augen, was jedoch auch nicht wirklich hilft.
Ich habe die letzte Nacht leider kein Auge zugedrückt. Gerade vor so einem wichtigen Meeting wie heute haben sich mein Geist und mein Kopf einfach nicht beruhigen lassen. Vor ein paar Stunden, ich schätze, es war so um Mittag herum, bin ich dann doch noch eingenickt - für solide 10 Minuten. Denn dann hat mich auch schon wieder der nächste Traum aufschrecken lassen.
Meine dunklen Haare habe ich in einem tiefen Dutt zusammengebunden, und um nicht zu spießig auszusehen, fummele ich noch ein paar Strähnen aus dem Dutt und lege sie neben meine Schläfen.

In 30 Minuten erwarten Janna und ihre Kollegen mich bei ihrem Firma-Sitz, und da ich auf keinen Fall zu spät sein will, beschließe ich, jetzt schon los zu laufen und dafür das typische deutsche 20-Minuten-Früher-dran-sein in Kauf zu nehmen.

Draußen ist es eisglatt. Ich muss mich wirklich bemühen, nicht bei jedem Schritt auf die Fresse zu fliegen. Zum Glück bin ich früher losgelaufen. Bei dem schleppenden Tempo werde ich die übergebliebenen 20 Minuten wahrscheinlich noch brauchen.
Ich biege um die Ecke und schaue auf mein Handy. Google-Maps soll mir eigentlich den Weg zur Firma zeigen, jedoch spinnt es die ganze Zeit nur und ändert alle 5 Sekunden seine Route. Ich tippe verzweifelt auf dem Display herum in der Hoffnung, Google-Maps irgendwie reparieren zu können - dabei sieht es von außen wahrscheinlich so aus, als würde ich mein Handy als Anti-Stress-Ball benutzen, so aggressiv bin ich - und stolpere schnurstracks in jemanden hinein.
Ich liege mit meinem Körper halb auf diesem jemand, da stoße ich mich in letzter Sekunde von ihm ab. Während er mit dem Gesicht im Schnee liegt, stehe ich (zum Glück) noch vor ihm.

„Oh mein Gott. Tut mir leid. Ich habe Sie nicht gesehen. Verdammt...", sage ich hastig mit einer schrillen Stimme.

Der Fremde zieht langsam sein Gesicht aus dem Schnee und lässt mich in zwei skeptische Augen blicken, die mich mit hochgezogenen Augenbrauen anstarren.

„Ich...es tut mir wirklich leid. Kann ich etwas für Sie tun? Oh man. Verdammte Scheiße. Oh Gott..."
Oh man. Peinlich, peinlich, peinlich, peinlich.
Svea, meine Fresse, du Tollpatsch.

Plötzlich fängt er an...zu lachen?
Sehe ich da gerade richtig?
Einen Moment...schreit er gerade vor Wut oder lacht er wirklich? Nein, keine Frage, es ist ein Lachen.

„Schau doch nicht so verwirrt, es ist doch nichts passiert.", lacht er immer noch und grinst mich daraufhin freundlich an.
Er hält mir seine Hand hin. Erst verstehe ich nicht, wozu, doch dann ergreife ich seine Hand und ziehe ich ihn zu mir hoch, was ehrlich nicht leicht war. Ich bin ein Fliegengewicht im Gegensatz zu ihm.

„Du hast...du hast da noch..." Ich zeig3 auf seine Stirn.
Fragend wischt er sich mit der Hand durch das ganze Gesicht, bis er den restlichen Schnee abgeschüttelt hat.

„Nein, wirklich. Alles gut. Ich hasse Schnee zwar, aber mir gehts gut. Kann ich gerade noch aushalten", lacht er wieder. Und schon wieder dieses Grinsen.

„Also dann, ich muss los. Man sieht sich bestimmt mal wieder."
Und mit diesen Worten und mit diesem süßen Grinsen schlendert er die weiße Straße entlang.
Ein wenig perplex schaue ich ihm hinterher. An seinem Arsch - und nein, ich habe natürlich nicht dorthin gesehen, weil sein Arsch wirklich bombe aussieht - hat er noch Schnee, aber ich beschließe, ihm nicht hinterher zu laufen, um ihn darauf hinzuweisen.

Wenn der Schnee fälltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt