Draußen angekommen genieße ich erst einmal kurz die Wärme der Sonne und die frische Luft, die mir entgegen weht. Ich reiße allerdings überrascht meinen Kopf zur Seite, als ich ein tiefes bedrohliches Knurren wahrnehme. Das Geräusch kam anscheinend aus dem ersten Nebengebäude und ich spüre, wie sich eine Gänsehaut auf meinem Körper ausbreitet.
„Was zur Hölle war das?" frage ich ein wenig geschockt und Erica und Charlie lachen mich kurz aus, bis ihnen einzufallen scheint, dass ich keine Ahnung habe. „Das waren die Werwölfe in Gebäude eins, entweder sie übertreiben es mal wieder oder Kol will angeben." erklärt Caleb mir und ich lächle ihn dankbar an.
Eine Sekunde später schüttle ich ein wenig den Kopf. „Werwölfe, ich fasse es nicht." sage ich zweifelnd und der Hexer sieht mich belustigt an. „Glaub es oder nicht, aber es ist wahr." kommt es von ihm und ich schüttle nochmal kurz den Kopf. Im nächsten Moment geht die Tür des Nebengebäudes auf und zwei Jungs kommen raus.
Der eine hat dunkelbraune Haare und goldbraune Augen. Er ist größer als sein Freund und vermutlich auch größer als Caleb, das lässt sich auf die Entfernung schlecht abschätzen. Der Andere hat zu meiner Verwunderung violette Augen und silberne Haare und ist nicht ganz so muskulös wie der Erste.
Ich will die anderen Drei gerade fragen wer das ist, aber als ich mich zu ihnen drehe kann ich sehen, wie sie gleichzeitig die Augen verdrehen. Dies sieht zwar ziemlich witzig aus, verwirrt mich aber. Als Erica auch noch ein genervtes Geräusch von sich gibt ziehe ich eine Augenbraue nach oben und drehe mich wieder um. Ich schreie fast auf, denn die beiden Jungs stehen direkt vor mir und mustern mich prüfend.
„Hat euch niemand beigebracht einem Mädchen nicht so auf die Pelle zu rücken?" frage ich und verschränke die Arme vor der Brust, was die Beiden nur amüsiert verfolgen. „Das tut mir Leid. Wir sind nur neugierig, schließlich sehen wir hier nicht oft unangekündigt neue Leute." antwortet der silberhaarige und ich sehe ihn etwas zweifelnd an, vor allem weil noch keiner von ihnen einen Schritt nach hinten gegangen ist.
„Wie heißt du?" fragt der Andere und ich wende mich ihm zu. „Wer will das wissen?" entgegne ich ihm und seine Mundwinkel zucken belustigt nach oben. „Ich bin Kol Hale und mein Freund hier ist Calum Young. Jetzt bist du dran." antwortet er und sieht mich auffordernd an. „Lucy Turner." sage ich schlicht und er nickt kurz. „Na dann, man sieht sich Lucy Turner." kommt es von ihm, bevor er und Calum an uns vorbei gehen Richtung Hauptgebäude.
Kaum sind sie durch die Tür verschwunden verfallen Erica und Charlie in schallendes Gelächter und auch Caleb sieht sehr amüsiert aus. „Was ist denn jetzt los?" frage ich verwirrt und verstehe mal wieder nur Bahnhof, wahrscheinlich ist das in nächster Zeit mein Dauerzustand. „Bisher hat noch niemand so mit Kol gesprochen. Er ist es nicht gewohnt Konter zu bekommen." antwortet Erica und ich verstehe immer noch nichts.
„Du musst wissen Kol ist nicht nur ein Werwolf, er ist auch der Sohn des derzeitigen Alphas hier in Phoenix, weshalb er sobald er achtzehn wird die Führung des Rudels übernimmt. Allein seine Aura schüchtert viele hier ein, aber dich scheint das ja überhaupt nicht interessiert zu haben." erklärt Caleb mir und ich bin echt froh, dass er hier ist. „Auf mich hat er jetzt nicht gerade sehr bedrohlich gewirkt." kommt es schulterzuckend von mir und die Drei schütteln den Kopf.
„Das ist er aber und seine dämliche Freundin ist auch nicht zu verachten. Wenn ein Mädchen Kol zu nahe kommt, dann flippt Mandy sofort aus und droht derjenigen. Halte dich also lieber von ihm fern." sagt meine Schwester und ich unterdrücke einen Kommentar. Ich mag keine Vorurteile beziehungsweise Erzählungen von anderen. Ich mache mir lieber selbst ein Bild von der Person.
„Kol ist also ein Werwolf, ist Calum denn auch einer?" frage ich, ohne auf die Aussage meiner Schwester einzugehen und sehe die Drei interessiert an. „Calum ist ein Phönix, kein Werwolf." antwortet Charlie mir und ich nicke verstehend. „Kols Freundin ist ein Vampir, du solltest dich also nicht mit ihr anlegen." sagt Erica keine Sekunde später und ich sehe sie verständnislos an. „Weshalb sollte ich mich mit ihr anlegen?" frage ich verwirrt, sie winkt aber nur ab und beginnt stattdessen eine Diskussion mit Charlie.
„Ignoriere die Beiden einfach, ich zeig dir inzwischen die Nebengebäude." sagt Caleb augenverdrehend und ich folge ihm bereitwillig. Er erklärt mir zu jedem Gebäude etwas und ich höre ihm aufmerksam zu. Bei Erica hatte ich vorhin noch Probleme mir alleine die einzelnen Räume zu merken, aber bei Caleb sauge ich die Informationen förmlich in mich auf und speichere sie sofort in meinem Kopf ab.
„Hoffentlich blamiere ich mich morgen nicht zu sehr." sage ich seufzend, als wir uns das letzte Gebäude angesehen haben und zu Charlie und Erica zurück gehen. „So schlimm wird es schon nicht werden, außerdem bekommst du sowieso einen Mentor an deine Seite. Das jemand erst später auf unsere Schule kommt und seine Kräfte komplett neu für ihn sind kommt häufiger vor als du vielleicht denkst." erklärt er mir und ich muss wieder lächeln.
„Hoffentlich wirst du mein Mentor, bei dir kann ich mir wenigstens merken was du mir erzählst. Ich glaube ich habe schon alles vergessen, was Erica mir vorhin erklärt hat." sage ich und er lächelt. „Ich würde dir gerne helfen, aber die Lehrer bestimmen den Mentor." entgegnet er mir, als wir wieder bei den Mädchen ankommen und ich seufze kurz. Die Beiden scheinen uns nicht einmal bemerkt zu haben und stecken immer noch in ihrer Diskussion zum Thema Kol und Mandy fest.
„Schluss jetzt mit dem Scheiß, ich muss Lu noch die Nebengebäude zeigen." beendet mein Zwilling die Diskussion und Caleb fährt sich ein wenig verzweifelt durch sein Gesicht. Er muss wohl täglich so einiges mit den beiden Mädchen durch machen. „Nein, musst du nicht. Das hat Caleb schon erledigt." kommt es kopfschüttelnd von mir und ich frage mich wirklich wie zwei übernatürliche Wesen nicht bemerken können, wenn wir weg sind und wieder kommen.
„Na dann können wir ja nachsehen, ob Dad mit den Unterlagen fertig ist." sagt Erica begeistert und klatscht einmal in die Hände. Im nächsten Moment läuft sie auch schon los und wir folgen ihr einfach mal. „Gehen wir nicht in die falsche Richtung?" frage ich Charlie flüsternd und sie schüttelt ergeben den Kopf. „Deine Schwester hat es nicht so mit der Orientierung, deshalb ist es gut, dass sie im dritten Haus ist und nicht weiter hinten." antwortet Charlie mir und ich sehe zweifelnd zu meinem Zwilling.
„Charlie wir standen gerade am ersten Haus und Erica läuft trotzdem in die falsche Richtung." flüstert Caleb und hält Erica im nächsten Moment am Arm fest. Diese sieht sich kurz verwirrt um und dreht sich dann etwas zerknirscht in die andere Richtung und geht mit uns zurück zum Hauptgebäude. „Bist du dir sicher, dass du morgen früh die Schule findest?" frage ich meine Schwester neckend und sie sieht mich kurz böse an. „Ich habe bis jetzt immer zur Schule gefunden." verteidigt sie sich und ich nicke lachend.
Als wir wieder im Hauptgebäude ankommen kann ich schon unseren Vater vor dem Sekretariat stehen sehen. Wir gehen zu ihm und ich bekomme von ihm zwei Zettel in die Hand gedrückt. Auf dem einen ist mein Stundenplan und auf dem anderen steht meine Spindkombination. Er selbst hat noch meine Schulbücher in den Händen und sie sehen ziemlich schwer aus.
Caleb und Charlie verabschieden sich von uns, während Dad, Erica und ich uns auf die Suche nach meinem Spind machen. Dort angekommen gebe ich schnell meine Nummer ein, da Dad langsam zu schnaufen beginnt und öffne schnell den Spind. Die Bücher sind schnell verstaut und wir können uns wieder auf den Rückweg machen.
„Habt ihr euch alles ansehen können?" fragt Dad, als wir wieder im Auto sitzen und er vom Parkplatz fährt. „Erica und Caleb haben mir glaube ich alles erklärt. Ich kenne jetzt auf jeden Fall jeden Raum und jedes Nebengebäude." antworte ich und er lacht kurz. „Das klingt doch toll." sagt er sarkastisch und ich muss schmunzeln. „Lu musste leider auch Kol und Calum kennenlernen." kommt es trotzig von Erica und ich sehe sie verwirrt an. Sie scheint die Beiden wirklich nicht zu mögen.
„Na warst du geschockt von Kols Aura, schließlich nimmst du diese als Hexe noch deutlicher wahr?" fragt Dad und ich bin wieder verwirrt. An diesem Jungen ist mir nichts einschüchternd oder Furcht einflößend vorgekommen. „Ich hab mich normal mit ihm unterhalten." antworte ich ihm deshalb nur und kurz sieht er mich überrascht an.
„Das kommt sicherlich, wenn du deine Kräfte aufgeweckt hast." murmelt er vor sich hin, aber ich kann ihn gut verstehen. Das kann doch nicht sein, oder doch? Sollten die Kinder alles erfahren? Durch seine Gedanken bin ich nur wieder verwirrt, weshalb ich meinen Kopf an die Fensterscheibe lehne und nach draußen sehe. Der Tag heute hat mich wirklich viel Kraft gekostet und ich hoffe nur bald ins Bett gehen zu können.
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Verbundene Seelen
FantasyDie 16 jährige Lucy Turner lebt alleine mit ihrer Mutter in Dallas, Texas. An ihren Vater kann sie sich nicht erinnern und obwohl ihre Mutter, Nathalie Turner, bei einigen Gesprächen immer wieder gesagt hat, dass er sie ohne ein weiteres Wort verlas...