Kapitel 4

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Kapitel 4: Montag


Jetzt bin ich innerhalb von drei Tagen schon das zweite mal in einem Krankenhaus. Das kann doch kein Zufall sein. Nachdem ich gestern Abend den Anruf erhalten habe, bin ich sofort ins Krankenhaus gefahren. Ich wollte eigentlich Lunas Eltern informieren, aber ich habe keinen erreicht, beziehungsweise gab es keinen Anschluss unter dieser Nummer. Im Krankenhaus hab ich dann erfahren, dass Luna sofort Notoperiert wurde. Das waren mit Abstand die schlimmsten Stunden meines Lebens. Dieses Gefühl, nicht zu wissen, wie es der Person geht, ist schrecklich. Ich war noch nicht bereit dazu, sie zu verlieren. Zumal sie unschuldig im Jugendgefängnis sitzt. So wahr mir Gott helfe, ich bringe diese Person um. Und wenn es das letzte ist, was ich tue.

Nach dem ich erfuhr, dass Luna bereits in der OP ist, hab ich jede Stunde, die vergangen ist, mindestens einmal gebetet, mit der Hoffnung, dass sie es schafft. Leider haben sich ihre Eltern immer noch nicht gemeldet, was sehr komisch ist. Ich habe mich auf den Boden sinken lassen und Stunde für Stunde gewartet. Wie konnte das passieren? Ich bezahle eine Menge Geld dafür, dass die Gefängniswärter auf Luna aufpassen und ihren Aufenthalt möglichst angenehm machen. Aber dass denn so etwas bei rauskommt, hätte ich bei weitem nicht erwartet. Und wenn sie dann auch noch schwerverletzt ist, dann muss es echt schlimm gewesen sein, vor allem, da sie sich eigentlich ziemlich gut verteidigen kann. Vielleicht bekomme ich nachher ein paar Informationen welcher der Insassen sie so zugerichtet hat. Aber bis dahin muss ich versuchen ruhig zu bleiben.

Mehrere Stunden vergehen und ich sitze immer noch ahnungslos auf dem kalten Boden des Krankenhauses. Es ist schon wieder fast morgen, als ich plötzlich höre, wie die elektronischen OP-Türen aufgehen und eine Frau heraus kommt. „Bist du Elijah?“, fragt sie mich gleich und nimmt ihren Mundschutz ab. Ich kann nur nicken. „Gut. Ich bin Frau Professor Doktor Penelope Eastwood. Wir haben zusammen telefoniert“, erfahre ich. „Ja. Ich erinnere mich. Wie geht es Luna?“, möchte ich sofort wissen und stehe auf. „Lass uns das nicht hier auf dem Flur bespreche. Komm mit“, bittet sie und geht mit mir in eines der Schwesternzimmer.

Lautlos folge ich ihr und frage sie gleich noch mal: „Was ist mit Luna?!“ Sie dreht sich zu mir und reicht mir ein Glas mit Leitungswasser. „Hier trink erst mal“, bittet sie mich. Angespannt nehme ich einen Schluck und stelle es auf einem Tisch ab. „Luna ist noch nicht richtig über den Berg. Sie hat sehr starke Verletzungen, hatte sehr viel Blut verloren, mehrere Knochenbrüche und wir mussten sie zwei mal zurückholen. Wir haben sie zur Sicherheit ins künstliche Koma versetzt.“ Mir läuft ein Schauer über den Rücken. „Wird sie...wird sie es...wird sie es schaffen?“, frage ich mit ganz leiser Stimme nach. Mir läuft eine Träne über die Wange. „Wir wissen es nicht. Wir können nur hoffen. Noch ist sie nicht über den Berg. Die nächsten 24 Stunden sind entscheidend“, erklärt sie. Scheiße. Ich muss mich an der Arbeitsplatte festhalten, damit ich nicht zusammenbreche. Warum muss mir das immer passieren? Ich hab mir das doch nicht ausgesucht. „Kann ich zu ihr?“ Mit zitternden Händen trinke ich noch ein Schluck Wasser. „Sie wird noch fertig gemacht. Aber danach denke ich, sollte das klappen.“ Ich atme ein wenig erleichternd aus. „Wissen Sie, wer es war?“ „Eine Insassin. Ein Mädchen, mit dem sie des Öfteren Streit hat“, antwortet sie. Oh Gott. Das kann nicht sein. „Ich weiß, wen Sie meinen.“ Ich muss mit ihr reden. Ich merke, wie ich wieder von Sekunde zu Sekunde wütender werde. „Ist das in Ordnung, wenn ich noch kurz was erledige und dann wieder hier her komme?“ Sie nickt. „Klar. Ich denke, wenn du wieder da bist, ist die Kleine auf der Intensivstation.“ „Passen Sie gut auf Luna auf. Ich beeile mich“, sage ich schnell und verlasse den Raum. „Und du auf dich!“, ruft sie hinter her.

Ich hatte keine Lust, die öffentlichen Verkehrsmittel oder meinen persönlichen Chauffeur zu nutzen, deshalb hatte ich mich dazu entschieden, ein wenig Frühsport zu machen und lief zum Jugendgefängnis. Auf dem Weg dorthin machte ich halt bei einem Bankautomaten, um den Wärter für sein Schweigen zu bezahlen. Ein paar Minuten später war ich schon in der Anstalt.

„Es tut mir leid, was mit Luna passiert ist“, höre ich sofort, als ich zu Lunas Wärter gelange. Ich versuche ruhig zu bleiben. „Ich bezahle eine Menge Geld dafür, dass es Luna hier so gut wie möglich hat und dann werde ich abends angerufen und erfahre so etwas?!“ „Ich weiß. Und es tut mir unfassbar leid. Aber ich weiß nicht, was genau passiert ist, beziehungsweise wie das hätte passieren können“, entschuldigt er sich. Ich beruhige mich wieder. Er kann nichts dafür. Er ist auch nur ein Mensch. „Alles gut. Sie trifft nicht die Schuld. Suchen Sie bitte alle Informationen zusammen, die sie mir verschaffen können“, bitte ich ihn.  „Das mach ich. Und eins noch Elijah. Es muss  beim Dienstwechsel passiert sein. In einem Zeitfenster von circa zehn Minuten.“ „Danke. Wenn Sie mich entschuldigen würden. Ich habe ein hoffentlich erfolgreiches Gespräch zu führen“, antworte ich und betrete einen Raum.

Leise schließe ich die Sicherheitstür. Ich drehe mich um und sehe, wie ein Mädchen mit Hand und Fußfesseln an einem Tisch, mitten im Raum sitzt. Das Mädchen, dass Luna aufs übelste zugerichtet hat und dank ihr, im sterben liegt. Ich muss mich zusammenreißen. „Elijah...“, höre ich sie sagen, als sie bemerkt, wer gerade in den Raum gekommen ist. Ich setze mich ihr gegenüber und schaue direkt in ihre Augen. Sie sehe Wut, aber auch Angst. „Cecilia...“ Ich lasse den Blick auf sie gerichtet, nehme ihren beiden Hände und beruhige sie. Sie entspannt sich. „Wie geht es Luna?“, fragt sie mich sofort. „Dein ernst?! Du fragst mich gerade wie es ihr geht?! Erst schlägst du sie fast zu Tode und jetzt interessierst du dich, wie es ihr geht?! Was soll der scheiß?!“ Ich lasse von ihr los und versuche, nicht auf irgendetwas einzuschlagen. „Es tut mir leid...“ „Es tut dir leid Cecilia?! Deine Entschuldigung kannst dir sonst wo hin stecken. Luna liegt ihm sterben und du bist daran schuld!“ Meine Faust landet lautstark auf dem Tisch. Sie schreckt nicht ein bisschen zurück.

Cecilia und ich kennen uns seit der Schulzeit in den USA. Sie war mit Luna gut befreundet, aber nachdem Luna inhaftiert wurde, hat sie sich komplett geändert. Ich machte mir Sorgen und mit der Hilfe von Jason haben wir ihr Handy angezapft. Es stellte sich heraus, dass sie Drogen an Schüler verkaufte. Quellen nach zufolge, war sie eine Marionette von Mr Vans, aber so wahr ich ihn verabscheue, kann ich mir das nicht vorstellen. Aber wir haben keine Beweise gefunden. Ich weiß auch nicht, warum sich Luna und Cecilia so sehr hassen, dass so etwas wie hier bei heraus kommt. Wieder ein Puzzle, was gelöst werden muss.

„Das war nicht ich...“ Das soll wohl ein Witz sein oder? „Nicht du?! Wer dann?! Nur du kannst es gewesen sein!“ Ich kann nur schwer meine Stimme ruhig halten. „Das mein ich nicht...“, antwortet sie mit zittriger Stimme. „Was dann! Red mit mir Cecilia“, bitte ich und kann mich wieder einigermaßen beruhigen. „Ich war es, dass weiß ich, aber nicht ich. Also ich war nicht ich. Ich konnte klar denken, aber mein Handeln konnte ich nicht kontrollieren. Es war so, als würde etwas von mir Besitz ergreifen.“ Ihr läuft eine Träne über ihre Wange. Sie greift nach meinen Händen und sagt: „Ich wollte das wirklich nicht. Wenn ich könnte, dann würde ich das sofort rückgängig machen. Es tut mir leid.“ Ich weiß, dass es ihr leid tut, aber ich weiß nicht, was stimmt. Aber jetzt, wo ich so darüber nachdenke, kommt mir einiges bekannt vor. Zumindest der Teil, wo sie meinte, dass sie zwar klar denken konnte, aber handlungsunfähig war. Das erinnert mich an die Sache mit Mika in der Jugendherberge, da war ich auch sozusagen „benebelt“. Aber wie kam es dazu? „Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, ist das einzige, was ich gerade hervorbringen kann.

Kurz bevor Cecilia was sagen kann, klopft es an der Tür. „Ich habe die Unterlagen, die sie gefordert haben“, höre ich den Wärter von draußen sagen. „Gut. Kommen Sie rein.“ Ich hoffe, dass wir jetzt mehr Antworten bekommen.

„Ist sonst alles in Ordnung bei dir Elijah?“, fragt er mich und legt mir die Unterlagen, sowie ein Laptop auf den Tisch. „Ja. Alles gut“, antworte ich nickend. „Warum der Laptop?“, frag ich gleich hinterher. „Das sind die Überwachungskameras. Aber sei gewarnt, „dass das, was du dort siehst, nicht für schwache Nerven ist“. „Oki. Danke für ihre Hilfe.“ „Bevor ich es vergesse. Ich kann dir nicht mehr als zwanzig Minuten mehr mit Cecilia geben.“ „Warum?“ Ich bin ein wenig angespannt. „Dann kommt Ms. Bloom ihr Anwalt“, erklärt er und verlässt wieder den Raum.

„Das ist nicht mein Anwalt“, höre ich Cecilia plötzlich sagen. „Wie meinst du das?“ „Das wird nicht mein Anwalt sein. Ich habe keinen Anwalt bestellt. Ich weiß nicht was hier vor sich geht Elijah.“ Ich hab es sehr ungutes Gefühl bei der ganzen Sache. Wie viel Wahrheit steckt hinter den Aussagen von ihr? „Darüber reden wir gleich“, beruhige ich sie und öffne den Laptop. Ich merke, wie Cecilia anfängt, leicht Panik zu bekommen. Wenn sie das wirklich unbewusst gemacht haben soll und ihr wirklich was an Luna liegt, dann muss das hier jetzt echt hart für sie sein. Oder? Das Überwachungsvideo wurde anscheinend schon vor gespult. Selbst ich muss jetzt ein wenig zittern. Mit leicht zitternden Fingern drücke ich auf fortfahren. Doch was mir gezeigt wird, ist grausam. Cecilia kommt in Lunas Zelle. Erst freut sie sich, doch als Cecilia dann näher kommt, fängt der Albtraum an. Ich kann erkennen, wie sie plötzlich ein Messer aus ihrer Hosentasche zieht. Sie sticht mehrmals auf sie ein. Luna singt zu Boden. Sie steht eiskalt in der Mitte des Raumes und sieht, wie Luna verletzt auf dem Boden liegt. Als wäre das nicht schon schlimm genug, kommt sie auf sie zurück und schlägt gefühlt hunderte male mit einer Art Schlagring auf sie ein. Meine Augen werden immer größer und ich muss mir meine Hand vor den Mund halten. Es schmerzt, sich das anzusehen. Als ich dachte, dass es vorbei war, wird es noch schlimmer. Ich sehe, wie sie Luna am Arm packt. Sie holt das Messer von eben raus. Oh gott... Sie legt es an ihren Arm an und... und... und schneidet ihr das Tattoo vom Arm. Ich hab noch so etwas schreckliches gesehen.

Ich kann mir das nicht länger anschauen. Ich klappe schnell den Laptop wieder zu und sitze geschockt da. „War das... war das wirklich ich?“, fragt sie mich mit leiser, zittriger Stimme. „Schau es dir selbst an“, kann ich nur sagen und drehe ihr den Laptop zu.

Schon nach wenigen Sekunden sehe ich den schockierenden Ausdruck in ihrem Gesicht. Sie kann das sicher selbst alles gar nicht glauben. Ich sehe, wie ihr die Tränen übers Gesicht laufen und dann wird es ihr zu viel. Nicht gerade sanft macht sie den Laptop zu, um dann ihren Kopf in ihren Händen zu vergraben und anfängt zu weinen. „Cecilia...“, versuche ich zu sagen, aber ich weiß nicht weiter. Sie war schon immer sehr temperamentvoll, aber ich kann mir das einfach nicht vorstellen. So sehr ich gerade sauer auf sie bin, das war nicht Cecilia.

Ein paar Minuten des Schweigens vergehen, bis sie sich die Tränen aus dem Gesicht wischt. „Ich bin ein Monster“, sagt sie plötzlich. „Nein. Das bist du nicht.“ „Doch! Ich bin ein Monster!“, sagt sie, diesmal etwas kräftiger. Sie wiederholt es immer wieder. Ich schau auf meine Uhr. Scheiße. Nicht mehr lange. „Nein. Hör auf das zu sagen, dass stimmt nicht.“ „Schau doch an was ich angerichtet habe.“ „Cecilia. Du bist kein böser Mensch. Du bist ein guter Mensch, dem Böses widerfahren ist.“ Sie lächelt. „Du und deine Zitate Elijah.“ Wir müssen beide lachen. „Was denn? Joanne K. Rowling hat eine der besten Bücherreihen geschrieben. Wenn nicht sogar DIE beste.“ „Oki oki. Ist gut. Ich mag sie doch auch.“ „Das will ich doch hoffen“, scherze ich. „Ich wollte das wirklich nicht. Glaub mir. Ich weiß nicht, was mit mir passiert ist.“ „Hey. Ganz ruhig. Ich glaub dir. Es war nur sehr hart für mich, das mit anzusehen.“ Ich atme erleichtert aus. „Das kann ich verstehen. Mir tat es auch sehr weh, als ich das Video gesehen habe.“ „Kannst du dich an irgendetwas erinnern?“ Sie schüttelt den Kopf. „Das einzige was ich noch weiß ist, dass ich wie gewohnt mein abendlichen Snack bekommen habe, sowie was zu trinken, dann kommt ein komplettes Blackout, dann hab ich ein komisches Geräusch gehört und wenige Sekunden später, war ich wieder bei vollen Bewusstsein. Ich habe das Messer in meiner Hand gesehen, zusammen mit all den Blut. Kurz darauf sind die Wärter gekommen.“ „Du kannst dich wirklich nicht mehr daran erinnern, was dazwischen passiert ist?“, frage ich noch mal nach. „Nein. Leider nicht“, antwortet sie und senkt den Kopf. Ich muss kurz überlegen. Dann fällt mir wieder ein, dass vor mir ja die ganzen Unterlagen liegen. Fast hätte ich die vergessen. Mir bleiben nur noch fünf Minuten.

„Steht irgendwas in den Unterlagen, die uns helfen könnten?“ Ich überfliege die Seiten. „Keine großen Auffälligkeiten. Ein paar Rangeleien am Anfang, aber sonst nichts auffälliges. Bemerkungen: Die Insassin Cecilia Bloom zeigt ein sehr gutes Benehmen im Jugendgefängnis. In den ersten Wochen hatte es Cecilia nicht gerade einfach. Sie geriet mit einer weiteren Insassin, Luna Johnson, aneinander. Dies legte sich aber in den darauf folgenden Tagen. Sie beteiligte sich an vielen Aktivitäten, sowie am wöchentlichen Sport. Ebenfalls nahm sie am täglichen Schulunterricht, der im Jugendgefängnis stattfindet, teil und erbrachte gute Leistungen. Cecilia wirkt sehr offen und selbstbewusst, zudem hilft sie den neuen Insassen, sich schnell einzuleben. Die psychologischen Tests haben keine Auffälligkeiten gezeigt. Zusammengefasst sind wir sehr zufrieden mit Cecilia. In Rücksprache mit Frau Jennifer Kyle schlagen wir eine Strafmilderung vor. Eine vorzeitige Entlassung auf Bewährung. Der Antrag wird am 23.12 dem Haftrichter vorgelegt. Sollte Ms Bloom sich bis dahin weiterhin positiv verhalten, steht einer vorzeitigen Entlassung nichts im Wege.“ Das hat mich jetzt ein bisschen aus der Fassung gebracht.

„Wusstest du das?“, frage ich sie und sehe in ihr geschocktes Gesicht. Es hat alles Farbe verloren und ist Käsebleich. Sie schüttelt den Kopf. „N...nein. Das...wusste ich nicht.“ Eine Träne läuft ihr über die Wange. „Das war es dann mit der vorzeitigen Entlassung.“ „Elijah ich kann das nicht. Ich kann hier nicht länger bleiben. Ich habe Angst“, höre ich sie sagen und ihre Arme umfassen fest meine Handgelenke. Ich wische ihr die Träne weg. „Ich kann dich verstehen Cecilia. Ich schaue...“, doch bevor ich den Satz beenden kann, öffnet sich lautstark die Tür. Eine Person mit dunkelblauen Anzug, Brille und Dreitagebart tritt ein. Ich bin angespannt und Cecilia leicht in Panik. „Ms Bloom. Ich bin ihr Anwalt. Sie sagen am besten gar nichts mehr. Kommen sie mit.“ Ohne ein Wort zu sagen steht sie auf und folgt ihm. Oh nein. Das lass ich nicht zu. Schnell stehe ich auf und will diesen Mann am Arm packen, dass das einzige was ich spüre, ist ein Schlag ins Gesicht. „Was fällt ihnen ein“ Ich merke, wie mir Blut aus der Nase tropft. Er schaut mich mit einem eiskalten Blick an. Er packt mich am T-Shirt und flüstert in mein Ohr: „Komm mir nicht mehr in die Quere oder ich sorge dafür, dass DU hier sitzt und jetzt geh mir aus den Augen.“ Er lässt mich los. „Ich glaube, der junge Mann hier brauch mal etwas Zeit in der Ausnüchterungszelle.“ Danach verlässt er den Raum. Keine Sekunden später packen mich zwei Wärter und bringen mich in eine Zelle. „Nur zu Ihrem Schutz Elijah“, flüstert der eine Wärter.

Jetzt sitze ich schon mehrere Stunden in dieser scheiß Zelle. Was ist das bloß für ein Typ, der sich als Anwalt von Cecilia ausgegeben hat? Ich mache mir ein wenig Sorgen um sie. Wenn er von Mr. Vans geschickt wurde, dann schreckt er wahrscheinlich vor nichts zurück, aber bevor ich in die Zelle gebracht habe, versicherte mir einer der Wärter, dass sie ein Auge auf ihn werfen. Das hat mich ein wenig beruhigt. Aber eine Frage bleibt mir immer noch. Wieso hat Cecilia plötzlich Luna angegriffen? Wurde ihr irgendetwas unters Essen gemischt? Oder hat sie irgendwelche anderen Medikamente bekommen? Ich weiß es nicht, aber ich hoffe, dass ich es schnell herausfinde und ich Cecilia hier rausholen kann. Ich hoffe, ich kann auf die Hilfe von Jason hoffen. Vielleicht findet er ja was heraus. Ich würde ja gerne selbst „ermitteln“, aber das geht leider nicht. Unsere Gruppe fliegt heute Abend nach Kairo. Jacke hat uns alle eingeladen und Mika kann es kaum erwarten. Ich freue mich auch schon. Ich denke es wird auf jeden Fall besser als die letzte Ferienfahrt.

Als ich schon anfange, mich zu Tode zu langweilen, höre ich, wie plötzlich die Gittertüren meiner Zelle aufgehen. Ruckartig springe ich auf. Vor mir stehen ein Wärter und...meine Cousine Claire. Mit ernsten Blick schaut sie mich an. „Ihre Cousine war so freundlich und hat ihre Kaution bezahlt. Sie können gehen“, sagt der Wärter. Ohne ein Wort zu sagen verlasse ich die kalte Zelle und folge den beiden. „Tut mir leid für die Unannehmlichkeiten, aber wenn sich herausstellt, dass ihr Vater, dem Direktor dieser Anstalt, eine Menge Geld spendet, dann...“ „Alles gut. Das ist nicht schlimm. Passen sie bitte auf Cecilia auf.“ Er nickt. „Das machen wir. Einen schönen Tag noch und pass auf dich auf“, sagt er, als er uns nach draußen geleitet hat.

Keine Minute später fängt meine Cousine an zu fluchen. „Was fällt dir eigentlich ein, dich hier festnehmen zu lassen Elijah!? Weißt du, was hätte passieren können!? Einen Anwalt anzugreifen geht zu weit!“ Mir bleibt die Spucke weg. Noch nie habe ich Claire so laut fluchen gehört. Noch nicht mal nach... egal. „Das war keine Absicht“, versuche ich mich zu verteidigen, aber zwecklos. „Keine Absicht!? Was dann!?“ „Jetzt komm mal runter. Es ist nichts passiert.“ „Nichts passiert!? Nichts passiert!!!? Ich zeig dir gleich mal, was hier nicht passiert! Ich wurde angerufen, mit der Bitte, dich hier abzuholen. Du kannst froh sein, dass er deinen Dad nicht angerufen hat!“ „Danke“, ist das einzige, was ich gerade sagen kann. „Das ist auch das mindeste, was du machen kannst. Aber jetzt mal was anderes, was hast du da eigentlich gemacht?“

Ich atme tief durch. „Ich habe gestern Abend einen Anruf aus dem Krankenhaus erhalten. Luna wurde mit lebensbedrohlichen Verletzungen eingeliefert. Im Nachhinein hat sich dann herausgestellt, dass Cecilia sie zugerichtet hat. Das kann beziehungsweise konnte ich mir aber nicht vorstellen, deswegen habe ich mit ihr geredet. Unter vier Augen. Ich habe mir die Akten geben lassen und habe mir ein Überwachungsvideo angeschaut. Was ich dort gesehen habe, war... schrecklich. Aber sie hat mir erzählt, dass sie sich an nichts erinnern kann. Und das sie für ein bestimmten Zeitraum, einen Filmriss hat. Aber das erstaunlichste kommt erst noch.“ Ich merke nebenbei, wie angespannt Claire neben mir läuft. „Ich habe mir die Protokolle von Cecilia durchgelesen und habe ein Empfehlungsschreiben gefunden, wo drin steht, dass sie positives Verhalten ans Tageslicht bringt. Sie hat sich gut geführt und es wurde ein Antrag auf Vorzeitige Entlassung gestellt. Dieser soll am 23.12. dem Haftrichter vorgelegt werden, aber so wie es jetzt aussieht, kann sie es Wahrscheinlich vergessen. Sie hat sich so darauf gefreut. Und dieser Anwalt ist mir nicht ganz geheuer. Als ich mit Cecilia geredet habe, kam einer der Wärter und hat gesagt, dass wir nicht mehr als 20 Minuten haben, da dann der Anwalt von ihr kommen würde. Aber Cecilia meinte, dass sie gar keinen Anwalt hat, außer meine Tante. Das hat mich dann stark ins Grübeln gebracht und als dann dieser Anwalt kam, ist es aus dem Ruder gelaufen. Ich hoffe, du nimmst mein Handeln nicht allzu übel.“ Sie bleibt wie angewurzelt stehen. Tränen bilden sich in den Augen und bevor ich etwas sagen kann, hat sie mich auch schon ganz fest in den Arm genommen. Ich bekomme kein Wort raus und schließe einfach nur die Arme um sie.

Nach ein paar Minuten des Schweigens lässt sie mich wieder los und wischt sich die Tränen aus dem Gesicht. „Es tut mir leid, was mit Luna passiert ist und auch die Situation mit Cecilia muss nicht gerade einfach sein. Ich weiß ja, wie viel dir Luna bedeutet. Ich bin dir nicht böse oder so. Ich kann es jetzt besser verstehen und es tut mir leid, wenn ich dich eben so angeschnauzt habe.“ Ich lächle. „Alles gut Claire. Ich kann deine Reaktion verstehen. Ich hätte vermutlich auch so gehandelt, wenn ich wüsste, was auf dem Spiel steht. Aber ich meintest es nicht böse und du bist für mich da und das bedeutet mir unheimlich viel. Danke.“ Grinsend schaut sie zu mir rüber. Die Sonnenstrahlen lassen ihr Haar ein wenig funkeln. „Ich hab dich lieb Elijah“, sagt sie und umarmt mich noch einmal kurz. „Ich hab dich auch lieb Claire.

Wir sind gerade aus einem kleinen Wald raus, als sie mich fragt: „Weißt du denn, wie es Luna geht?“ Ich schüttel den Kopf. „Bevor ich zur Jugendstrafanstalt bin, waren sie gerade dabei, Luna für die Intensivstation fertig zu machen. Sie wird ins Koma versetzt und ist noch nicht über den Berg. Die nächsten 24 Stunden sind entscheidend.“ „Ich hoffe, sie schafft es.“ „Sie wird es schaffen. Sie ist eine Kämpferin.“ „Das stimmt Elijah. Das ist sie.“ „Jetzt wo du schon mal hier bist. Ich wollte sowieso noch mal ins Krankenhaus. Magst du vielleicht mitkommen? Nur wenn du magst.“ „Klar. Gerne. Jetzt lass ich dich erst recht nicht alleine.“ Wir beide müssen lachen.

Es dauert nicht lange, bis wir endlich da sind. „Und du bist dir sicher, dass du mit rein möchtest? Ich weiß, dass du Krankenhäuser nicht gerne magst.“ Sie nickt. „Ich bin mir sicher. Und jetzt lass uns endlich rein.“ „Gut.“ Wir gehen den Gang entlang und kommen zu dem Schwesternzimmer, wo ich zuletzt mit Frau Doktor Eastwood geredet habe. „Hier entlang“, sage ich und deute auf eine Frau in weißem Kittel.

„Da seid ihr ja und du hast Besuch mitgebracht.“ Doch bevor ich was sage kann, kommt mir wer zu vor. „Das ist Claire Black. Die Cousine von Elijah.“ „Dr. Curdle“, antworte ich, als er sich zu uns stellt. „Sie kennen meinen Namen?“, fragt Claire ihn überrascht. Er lacht auf. „Ich kenne die Eltern von euch beiden. Das reicht fürs erste.“ „Ach so.“ „Ihr seid wegen Luna Johnson hier oder?“, mischt sich Frau Dr. Eastwood ein. „Ja“, reagieren Claire und ich. „Dann kommt mit.“

Mit bläulichen Kitteln betreten Claire und ich das Intensiv Zimmer, wo Luna liegt. „Verhaltet euch ruhig. Redet mit ihr. Auch wenn es vielleicht nicht so aussieht, aber sie kann euch hören.“ „Machen wir. Danke.“ Claire hält sich den Mund zu, als sie Luna mit den ganzen Kabeln sieht. Erst diese Mey und jetzt Luna. Warum muss mir so was passieren. Ich nehme mir einen Drehhocker, der unter dem Bett steht, setze mich drauf und halte Lunas Hand. Sie ist Eiskalt. „Es ist schrecklich, sie so zu sehen“, höre ich Claire plötzlich sagen. „Da hast du recht. Es schmerzt. Sie war immer so energiegeladen und lebensfroh, aber jetzt liegt sie da einfach bloß und man weiß nicht, wann und ob sie wieder aufwacht.“ Ich versuche nicht zu weinen, aber der Damm bricht. „Hey. Nicht weinen Elijah.“ Meine Cousine steht auf, nimmt ihren Stuhl, setzt sich dicht neben mir und nimmt mich tröstend in den Arm. „Alles wird gut. Ja?“, sagt sie immer wieder und streicht mir durchs Haar. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal für eine Person so viele Emotionen besitze, wie gerade. „Du schaffst das Luna. Hast du das gehört? Du schaffst das. Du musst das schaffen. Ich glaube an dich und die anderen auch. Ich weiß, dass du es nicht immer einfach hattest, aber ich glaube an dich. Du bist ein unheimlich starkes Mädchen. Du warst immer für mich da, wenn es mir nicht gut ging. Hast mir immer zugehört, wenn ich was auf dem Herzen hatte. Wir sind durch dick und dünn gegangen. Haben gelacht und geweint. Aber das darf einfach nicht zu Ende sein. Das kann ich nicht. Ich brauche dich und ich weiß, dass du es auch tust. Du schaffst das Maus. Das weiß ich. Ich bin nur einen Herzschlag entfernt. Ich habe dich lieb Luna.“ Ich beuge mich zu ihr und gebe ihr einen leichten Kuss auf die Stirn. Danach nehme ich wieder ihre Hand. Claire umarmt mich weiter und weicht mir nicht von der Seite. Danke.

Wir saßen noch ein paar Stunden an ihrem Bett und haben ihr alte Geschichten von damals erzählt. Es war sehr schön, in alten Erinnerungen zu schweben. Zumal einige auch sehr lustig waren, aber ein paar auch emotional. Ich hoffe, dass Luna schnell wieder gesund wird. „Ich denke, es ist gut, wenn wir sie erst mal wieder ein wenig allein lassen. Es ist schwer, aber Luna braucht jetzt ganz viel Ruhe“, meint Claire und streicht mir über den Rücken. Sie nimmt sich ihre Handtasche und geht schon mal aus dem Raum. Am liebsten würde ich die ganze Zeit bei ihr sein, aber ich muss noch für heute Abend packen und einkaufen wollte ich mit Claire auch noch. Es fällt mir echt schwer, sie hier so zurückzulassen, aber mir bleibt leider keine andere Wahl. Ich hole ein kleines Bild aus meiner Brieftasche und lege es auf ihren Nachttisch. Es ist ein Bild von Luna und mir. Glücklich. Als wir einen Sommer zusammen verbracht haben. Danach gebe ich ihr noch ein Kuss auf die Stirn und verlasse anschließend das Zimmer, wo draußen auf dem Flur auch schon Claire, Frau Dr. Eastwood, sowie Dr. Curdle warten.

„Ich werde euch beide auf dem laufenden halten. Wenn es irgendwelche Neuigkeiten gibt, werde ich dich sofort anrufen Elijah.“ „Danke. Passen sie bitte gut auf Luna auf.“ Beide nicken. „Sie ist in guten Händen. Aber zwei Sachen wären da noch. Kommen sie mit.“ Claire und ich folgen Dr. Curdle in sein Sprechzimmer. Leise schließt er die Tür und setzt sich uns beiden gegenüber. „Ich bekomme die Eltern von Luna nicht erreicht. Dass muss unter uns bleiben, aber würdest du vielleicht in Lunas Akte Unterschreiben, sodass du Vollmacht über sie bekommst. Das sozusagen du im Notfall entscheiden darfst, ob die Geräte an bleiben oder... wir sie abschalten. Denn ich weiß nicht, wie ihre Eltern entscheiden würden und ich weiß, wie viel ihr gegenseitig bedeutet, von daher.“ Er hat recht. Sie würden wahrscheinlich die Geräte abschalten. Aber das kann ich nicht zulassen. Ich schaue zu Claie, die mir nickend antwortet, dass ich es machen soll. „Ich unterschreibe. Aber haben sie noch ein leeres Blatt bitte?“

Wenige Augenblicke später liegen vor mir das Stück Papier, was ich Unterschreiben soll, sowie ein leeres Blatt, worum ich gebeten habe, sowie ein Füller und ein Kugelschreiber. Zuerst nehme ich mir den Füller und das leere Blatt und beginne zu schreiben...

Wenn ich einmal in der Situation bin, in der ich nicht mehr entscheiden kann, ob Leben oder Tod, dann entbinde ich hiermit meiner Familie diese Entscheidung und übertrage sie auf Elijah Black. Er soll jegliche Vollmacht erhalten und im Ernstfall über mein Leben entscheiden.

Luna Johnson

„Ich denke, damit es etwas „legaler“ aussieht, sollte das so gehen.“ Ich schiebe das Blatt mitsamt Füller zurück. „Das sieht gut aus.“ Schnell unterschreibe ich das andere Dokument, damit wir das hinter uns haben. „Ich hoffe, dass ich diese Entscheidung niemals treffen muss.“ „Das hoffen wir auch.“ Ich entspanne ich ein wenig. „Und was ist die zweite Sache?“, frage ich neugierig. „Ach so. Ja. Ganz vergessen.“ Er öffnet eine Schublade am Schreibtisch und stellt eine durchsichtige, kleine Dose mit roten Pillen vor mir hin. „Das reicht bis Mitte nächsten Monats. Wie bisher eine Pille Abends, mit reichlich Wasser und sie sollten keinerlei Schmerzen haben.“ „Danke.“ „Nächstes Mal vielleicht ein bisschen früher Bescheid sagen, dass du neue brauchst.“ Ich muss kichern. „Mach ich.“ „Gut. Das war es fürs erste. Dann wünsche ich euch noch ein halbwegs Rest Tag und wir hören uns. Ich nehme meine Pillen, stecke sie in meine Jackentasche und verlasse den Raum, gefolgt von Claire. „Tschüss.“

„Wie geht es dir?“, fragt mich Claire, als wir den ganzen Weg zum Supermarkt schweigen. Ich zucke mit den Schultern. „Ich habe nur Angst um Luna.“ „Das kann ich verstehen und das ist auch völlig normal, aber sie wird es schaffen. Das weiß ich und das weißt du auch. Ich bin für dich da“, versucht sie mich zu beruhigen. „Danke“, antworte ich lächelnd.

„Ich hab eine Liste von den anderen bekommen, was ich ihnen mitbringen soll“, sagt Claire, als wir den Supermarkt betreten. „Lass mich raten Süßes, Chips und Energiedrinks?“ „Genau“, antwortet sie und wir beide müssen lachen. Brauchst du denn noch irgendwas Elijah?“ Ich überlege. „Ein paar Tüten Gummibärchen und ein paar Erdnüsse sollten fürs erste reichen Claire.“ „Hätte ich mir denken können. Packst du mir auch zwei Tüten in den Einkaufswagen?“ „Klar“, sage ich und suche zwei ihrer Lieblingssorten raus.

Nach dem wir bezahlt haben, machen wir uns in Ruhe auf dem Nachhauseweg. Ich finde es schön, mal wieder etwas Zeit mit meiner Cousine zu verbringen. Das hat mir echt gefehlt. Allein das Einkaufen reicht schon. Claire ist eine tolle Cousine, schon fast wie eine Schwester. Ich hätte gerne eine Schwester. Sie ist auch wie eine Mum für mich. Sie war immer da für mich. Wir haben so viel Scheiße gebaut. Claire war fast immer dabei. Sie ist einfach wundervoll. Aber wir haben  auch nicht so tolle Sachen erlebt. Aber es ist gut, wenn die Vergangenheit, Vergangenheit bleibt. Fürs erste.

„Freust du dich schon auf Kairo?“, fragt mich Claire, als wir kurz vor der Einrichtung sind. „Ja sehr. Ich war noch nie da und ich freue mich, endlich mal Jake kennenzulernen.“ „Das glaube ich dir. Er freut sich auch sehr, dich mal zu sehen.“ „Ich hoffe mal, dass alles klappt Elijah.“ „Warum sollte es denn nicht klappen?“, hacke ich nach. „Weil wir diesmal ganz allein auf Ferienfahrt gehen. Schon vergessen?“ „Ach soo. Da war ja was. Upsi.“ Claire kichert. „Doofkopf du.“ „Ich dich auch Claire.“

Kaum sind wir wieder oben angekommen, kommen uns auch schon Kira und Mey entgegen, die wie es aussieht, gerade duschen waren. „Eljah“, höre ich Kira rufen und springt mir sofort in die Arme. „Tut mir leid, dass ich gestern Abend so schnell weg bin.“ „Alles gut. Das ist nicht schlimm“, sagt sie bloß und drückt ihre Lippen auf meine. „Ehmm. Ich glaube, wir sollten die beiden mal in Ruhe lassen“, höre ich Mey sagen und unterdrücke mir ein lachen. „Gehen wir in dein Zimmer?“, flüstert Kira in mein Ohr. Ich nicke wortlos.

Sie schließt leise die Zimmertür und drängt mich Stück für Stück an mein Bett. Mit einen kleinen Stoß schubst sie mich aufs Bett und setzt sich anschließend auf mein Schoß. Sie zieht mir ungeduldig das T-Shirt vom Leib, krallt sich an meinem Rücken fest und küsst mich erneut. „Ich liebe dich Elijah. Ich liebe dich so unfassbar doll.“ Ich dich auch Kira“, und lasse mich von ihr nach hinten drücken.

„Kannst du mir mal meinen...?“ „Meinst du den?“, frag ich und halte ihre pinke Unterhose hoch. „Wedel ruhig noch mehr damit“, antwortet sie und reißt es mir aus der Hand. „Bist du schon fertig mit Packen Kira?“ „Klar. Aber so wie ich sehe, hast du noch nicht mal damit angefangen.“ „Ehm... also... wie soll ich sagen...“ „Das ist doch nicht schlimm. Geh du in Ruhe duschen und ich pack deine Sachen.“ „Meinst du das ernst?“ „Nein weißt du. Jetzt geh, bevor ich es mir anders überlege.“ Mit einem Grinsen im Gesicht schnappe ich mir frische, bequeme Sachen und gehe ins Bad. Ich hoffe, dass ich es nicht vergesse, täglich die Pillen zu nehmen, sonst hab ich ein ernsthaftes Problem. Ich habe keine Lust, auf der Ferienfahrt ins Krankenhaus zu müssen und erst recht nicht, dass Kira irgendwas davon mitbekommt. Ich weiß, dass ich es ihr irgendwann erzählen muss, aber ich kann es nicht. Zumindest jetzt noch nicht.

Ich ziehe mir bequemere Sachen für den Flug an, öffne das Badezimmerfenster und gehe zurück in mein Zimmer. Ich sehe, dass Mey Kira beim Packen hilft. Sehr nett. „Es wird warm sein, wenn wir landen, bist du dir sicher, dass du mit Jogginghose los willst“, werde ich von Mika gefragt, die ebenfalls gerade ins Zimmer kommt. Was machen die denn alle in mein Zimmer? „Jap. Das bin ich. Sie ist luftig und im Notfall hab ich eine kurze Hose in meinen Rucksack gepackt.“ „Gut. Seid ihr soweit? Wenn ja, dann gibt es jetzt noch essen und danach müssen wir auch schon los.“ Die anderen nicken und verlassen mein Zimmer. „Ich komme gleich nach“, rufe ich hinterher und schließe meine Tür.“

Beim zweiten Versuch nimmt er endlich ab. „Hast du kurz Zeit Jason?“ „Was gibt es den Elijah?“ „Hör zu. Folgende Situation. Du erinnerst dich doch sicher noch an Luna und Cecilia. Von damals.“ „Klar. Was ist passiert?“ „Ich habe gestern Abend erfahren, dass Luna lebensgefährlich verletzt wurde. Im Krankenhaus wurde sie ins künstliche Koma versetzt. Die nächsten 24 Stunden sind entscheidend. Zudem hat sich herausgestellt, dass es Cecilia war, die Luna so zugerichtet hat. Aber sie kann sich an den Vorfall nicht erinnern. Sie hat ein Blackout für den Zeitraum, als sie das letzte mal gegessen hat und als sie von den Wärtern gefunden wurde. Irgendwas muss man ihr untergemischt werden. Aber ich weiß nicht was. Das beste kommt erst noch. Uns zwar habe ich mir die Akte von Cecilia geben lassen. Sie hatte nur in den ersten zwei Wochen Startschwierigkeiten, aber ansonsten zeigte sie mehr als positives Verhalten. Ich habe einen Bericht gelesen, wo drin steht, dass dem Haftrichter (kein Komma) am 23.12 ein Antrag auf vorzeitige Entlassung vorgelegt wird. Sie hat sich darauf gefreut und ich kann mir bei weitem nicht vorstellen, dass sie dann so was machen würde. Eine Sache bringt mich auch noch ins Grübeln. Als mir der Wärter gesagt hat, dass in 20 Minuten der Anwalt von Cecilia kommt, bekam sie Panik. Sie erzählte mir dann, dass sie keinen anderen Anwalt außer meine Tante hat. Und wir beiden wissen ja, dass sie in der Vergangenheit für Sean Vans gearbeitet hat.“ „Scheiße. Das hört sich gar nicht gut an. Kann ich dir helfen?“ „Ja bitte. Ich würde mich ja selbst drum kümmern, aber ich bin ab heute Abend in Kairo. Ich habe dem Direktor der Jugendstrafanstalt Bescheid gesagt, dass du vorbeikommst. Er wird dir sämtliche Unterlagen, Beweise oder sonstiges mitgeben. Vielleicht kannst du irgendetwas herausfinden.“ „Klar helfe ich dir. Ich gebe mein Bestes. Aber wie schon früher gesagt, kann ich nichts versprechen. Aber wenn Cecilia unschuldig ist, dass werde ich alles in meiner Macht stehende tun, um sie daraus zu holen.“ „Danke Jason. Das bedeutet mir viel. Schreib mir bitte, wenn du was herausgefunden hast.“ „Mach ich. Und hey. Alles wird gut Elijah. Versprochen. Luna wird es schaffen.“ „Danke“, sag ich und lege auf. Ich stecke mein Handy noch in die Ladestation, verstaue meine Pillen im Rucksack und gehe zu den anderen in die Küche.

Es sind fast vier Stunden vergangen, als ich Jason davon berichtet habe. Ich hoffe, er findet irgendwas. Mittlerweile ist es schon 21:30 Uhr. Unser Flug geht in circa einer halben Stunde. Die anderen wollten, dass wir mindestens eine dreiviertel Stunden vor Flugbeginn da sind. Wann waren wir da? Genau. 20:00 Uhr. Nur, weil die Mädchen mal wieder nicht aus den puschen gekommen sind und dann Panik geschoben haben, dass wir ja zu spät kommen könnten. Naja. Jannes und ich fanden es sehr amüsant. Jetzt sind wir hier, haben die Sicherheitskontrollen passiert und warten, dass wir in den Flieger können. „Ihre Plätze sind im hinteren Teil des Flugzeugs. Einen angenehmen Flug ihnen“, sagt uns eine Stewardess. „Danke“, antworten wir und suchen uns frei Plätze. „Magst du dich zu mir setzen?“ „Klar Kira.“ Auf dem Weg zum Flughafen habe ich ihr erzählt, was mit Luna und Cecilia passiert ist. Sie hat mich ganz fest in den Arm genommen., gesagt das alles gut geht und die ganze Zeit meine Hand gehalten. Sie ist einfach toll. „Entspann dich ein wenig“, beruhigt sie mich, gibt mir ein Kuss auf die Wange, legt ihren Kopf an meiner Schulter und greift meine Hand.

Wir sind jetzt schon auf halber Strecke, als plötzlich mein Handy klingelt. „Ja?“ „Tut mir leid für die Störung Elijah, aber hier ist Mr. Jones. Der Leiter der Jugendstrafanstalt.“ „Ist was mit Cecilia passiert?“ „Ms. Bloom wurde so eben tot in ihrer Zelle gefunden.“ Ich erstarre. Das ist unmöglich. Ich beende sofort das Telefonat. Lasse es auf mein Klapptisch fallen. „Was ist passiert? Wer war das?“, höre ich ganz leise Kira sagen, als ich das Bewusstsein verliere.

Elijah, Kira und das Geheimnis der Mitbewohner 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt