11. The day After

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Sie blinzelte in das dämmrige Licht des Schlafzimmers als sie Stunden später aufwachte. Sie hörte Coles gleichmäßigen Atem neben ihr und spürte seine Hand auf ihrem nackten Bauch. So lag sie eine Weile da und betrachtete sein schönes Gesicht, mit den markanten, klaren Linien, den vollen Lippen und dichten Wimpern.

Wegen ihr konnte ihr Film an dieser Stelle enden, allerdings gab es in der Wirklichkeit keinen Regisseur, der beim Happy End cut in die Kamera brüllte. 

Für eine Sekunde spielte sie mit dem Gedanken ihn zu küssen, entschied sich dann aber dagegen. Warum einen Abschied schwerer machen als er ohnehin schon war?

Die Nacht war vorbei, die Realität hatte sie eingeholt und auf den Moment, in dem niemand mehr wusste, was er sagen sollte oder ob sie sich überhaupt nochmal küssen sollten – konnte sie gerne verzichten.

Sie wollte den Augenblick so in Erinnerung behalten und sich lieber vorstellen, was passiert wäre, wenn der Morgen anders verlaufen wäre. Vorstellung und Realität waren nunmal oft eine andere.

Vorsichtig rollte sie sich unter seiner Hand zur Seite und verharrte dann noch einen Augenblick beinahe unbeweglich, erst als sie nach einem kurzen Stocken wieder sein gleichmäßiges atmen hörte, richtete sie sich auf und sah sich um.

Die Uhr auf dem Nachttisch zeigte bereits drei Uhr Nachmittags an. Die anderen waren bestimmt schon fast wieder auf dem Weg zum Konzertgelände – während sie sich erst einmal Gedanken machen musste, wie sie dahin zurückkam. Ihr Geld war aufgebraucht und zum Laufen war es zu weit.
Vielleicht konnte sie sich mit Alena zusammentun und ihr dann das Geld geben... zumindest wenn sie noch welches hatte.

Sie hatte keine Ahnung wo der Großteil ihrer Klamotten in der riesigen Suite verteilt lagen, da sie sich aber nicht lange mit der Suche aufhalten wollte – um Cole nicht zu wecken – begnügte sie sich mit dem, was sie fand: Ihre Unterwäsche, den Sneakern, ihren kurzen Shorts und dem Pulli ihres Cousins. Der an ihr ohnehin fast ein Kleid war, vielleicht ein wenig zu kurz geraten aber zumindest die Short verschwanden gänzlich darunter.

Sie warf einen letzten Blick ins Schlafzimmer, wo Cole noch immer friedlich schlief. Sie lächelte ein bisschen.

»Leb, wohl«, flüsterte sie leise in den dunklen Raum und schlich sich dann in Richtung Haustür. Neben der Tür entdeckte sie einen Block und einen Stift – selbst die sahen in diesem Hotel teuer aus – und sie überlegte, ob sie sich zumindest so von ihm verabschieden sollte...
Die berühmten letzten Worte und sie würde sich nicht so schlecht fühlen, wenn sie einfach wortlos verschwand – aber sonst hatte sie es immer bereut, dass sie genau das nicht getan hatte.

Danke für die schöne Nacht, ich dachte ich erspare uns den merkwürdigen Morgen oder in unserem Fall Nachmittag danach.

                                                                                                 Cath

Sie betrachtete ihre Nachricht eine Sekunde, dann fügte sie mit einem kleinen schmunzeln im Gesicht noch dazu: PS: Du bist ein erstklassiger Sänger.

Den Zettel ließ sie genau dort liegen, wo sie ihn gefunden hatte – hier lagen noch ein paar Autoschlüssel herum, er wurde ihn hier also sicher finden. Leise öffnete sie die Tür, schlüpfte aus der Wohnung und zog sie vorsichtig wieder zu.
Sie atmete tief aus und blieb noch kurz gegen die Tür gelehnt stehen, da wurde weiter vorne eine andere Tür geöffnet und sie hörte gerade noch, wie Alena fluchend sagte: »Du bist ein verdammtes Arschloch!«

»Ich habe nie gesagt, dass ich ein Prinz auf einem weißen Ross bin«, entgegnete Ian trocken und Alena tobte fluchend davon. Cath wollte gerade nach ihr rufen, um zu fragen, wie sie zum Festival zurückkam – aber da hatte Ian sie entdeckt und Alena tobte ohnehin in rasender Wut davon. Sie hatte sich den Morgen danach wohl anders vorgestellt.

Er musterte sie als sie sich von der Tür abstieß und den Gang nach unten ging, vielleicht hatte sie Glück und erwischte Alena noch am Ausgang.

»Das es immer so ein Theater sein muss«, bemerkte er augenrollend und sah mit einem bedeutungsschweren Blick in die Richtung, in die Alena verschwunden war.

Cath zuckte nur die Schulter. »Bis dann Ian... war nicht gerade nett dich kennen zu lernen.«

Er lachte. »Ein Wunder das unser Sunny-Boy schon wach ist.«

»Der schläft noch«, entgegnete Cath, ohne sich noch einmal zu ihm umzudrehen und nahm Ian damit kurzzeitig den Wind aus den Segeln.

Sie war mittlerweile am Aufzug angekommen und ihr wurde klar, dass ihre Chancen schwindend gering waren, Alena noch zu erwischen. Beide Aufzüge des Hotels waren gerade auf dem Weg nach unten und selbst wenn sie rannte, würde sie sie kaum erwischen. So wütend wie sie war suchte sie bestimmt schnell das Weite.

Da packte sie jemand an der Schulter und sie sah sich Ian gegenüber. »Wie kommst du zurück zum Festival?«

Sie zuckte die Schulter. »Ich werde wohl laufen müssen.«

»Ach Quatsch... Brad fährt dich.« Und wie zum Beweis holte er sofort sein Handy aus der Tasche und sprach kurz darauf mit Brad. »Er wartet unten auf dich.«

Verwirrt schaute sie ihn an, was war denn jetzt in ihn gefahren? Er grinste schief. »Ich muss zugeben, ich hab' mich in dir getäuscht... ich dachte es sei einfach deine Masche, um dich für Cole interessant zu machen... aber so wie es aussieht, warst du doch nicht hinter dem Ruhm her.«

Der Aufzug hinter ihnen sprang auf und Cath stieg ein. Dann drehte sie sich zu Ian um, aber dieses Mal lächelte sie: »Danke... und weißt du, vielleicht war es doch nicht so schlimm dich kennen zu lernen... war eigentlich ganz amüsant.«

»Fand ich auch«, stimmte er lachend zu, die Neckereien hatten ja auch irgendwie ihren Reiz gehabt, »machs gut Cath.«

»Du auch Ian.«

Damit schloss sich der Aufzug und brachte Cath nach unten in die Lobby, wo sie bereits von Brad erwartet wurde. 

ONLY ONE NIGHT - KurzgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt