Vivien
Ich hätte einfach absagen sollen. Der Abend ist Mist.
Cali hat es sich natürlich nicht nehmen lassen schon am Anfang des Abends mit Jay zu flirten und nach dem zweiten Bier tat er es auch.
Ich fühle mich schon den ganzen Abend wie das fünfte Rad am Wagen und nippe an der Bar missmutig an meinem Wein. Ich weiß nicht, warum mich das so sehr stört. Vielleicht weil ich dachte, dass wir einen netten Abend zu dritt hätten. Oder vielleicht weil ich bis vor einer Stunde doch noch gedacht habe, dass Jay auch mal mit mir tanzt. Aber nein. Die beiden tanzen einfach zu zweit und denken nicht mal an mich.
Seufzend lege ich den Kopf in den Nacken und leere mein Glas. Sobald ich es abstelle und mich selbst quäle, indem ich nochmal zu ihnen nach hinten sehe, nimmt der Barkeeper mein leeres Glas und füllt es wieder auf. Wow. Ich muss ja echt erbärmlich aussehen. Ich lächle ihm trotzdem zu und stehe auf. Das Geld für den Drink zahle ich noch, bevor ich mir einen Weg durch die Menge bahne. Im Vorraum verschnaufe ich ein wenig. Hier ist es ruhig und nicht so voll. Seit Stunden bekomme ich mal wieder so was ähnliches wie frische Luft in meine Lungen.
„Hey"
Ich drehe mich um und sehe einen Mann mit wahnsinnig einnehmenden blauen Augen. Wow!
„Hi", antworte ich und lächle ein wenig.
„Du sitzt schon den ganzen Abend nur an der Bar. Schlechten Tag gehabt?"
„Eher einen schlechten Abend."
Wissend lächelt er. „Zum Glück ist er ja noch nicht um."
Ich lege meinen Kopf schief und lächle nun breiter. „Würdest du tanzen?"
„Mit einer hübschen Frau immer." Auffordernd hält er mir seine Hand entgegen. Ich will sie gerade ergreifen, als jemand anders sie wegzieht.
„Dieser Abend ist einfach scheiße", beschwert sich Cali und drängt sich zwischen mich und den schönen Unbekannten.
Vor Frust würde ich am liebsten schreien. Erst recht als er mir nur noch zuzwinkert und wieder rein geht.
Dahin ist also meine Chance auf einen noch coolen Abend. Vielen Dank auch ...
„Du kannst ihn haben, Vivi."
„Was?", frage ich, denn ich habe Cali beim besten Willen keine Sekunde lang zugehört.
Missbilligend sieht sie zu mir hoch. „Du hast mir gar nicht zugehört, oder?"
„Nein", antworte ich ehrlich, „ich habe dem süßen Typen hinterher geweint, der gerade mit mir tanzen wollte." Ich kann nicht verhindern, dass sich ein scharfer Unterton in meine Stimme schleicht.
Sie seufzt und nickt verstehend. „So geht's mir auch schon den ganzen Abend."
Zweifelnd sehe ich sie an und dann wieder meinen Wein.
Cali verdreht genervt die Augen. „Also das gleiche nochmal in Kurzfassung. Du kannst ihn haben. Mich will er nicht."
„Hä?"
„Hast du schon zu viel Alkohol getrunken, um mich nicht zu verstehen?", giftet Cali.
Ich setze zum Protest an, aber sie unterbricht mich.
„Sorry. Ich bin einfach schlecht gelaunt. Den ganzen Abend immer und immer wieder einen Korb zu kassieren, tut meinem Ego nicht gut."
Seufzend nehmt sie mir den Wein aus der Hand und trinkt ein paar Schlucke.
„Also bitte, Cali. Ihr zwei habt den ganzen Abend lang getanzt und euch unterhalten."
„Das nennst du tanzen? Jay stand die meiste Zeit einfach nur da und beim Rest hat er sich nur noch links und rechts schaukeln lassen. Aber egal." Sie winkt ab und nimmt noch einen Schluck. Ich lasse sie. Irgendwie scheint sie den gerade dringender zu brauchen als ich.
„Wir haben den ganzen Abend über dich geredet. Weißt du wie anstrengend das ist?"
Würde ich ihr glauben, würde ich jetzt lachen. „Hä?"
„Vivi!", protestiert sie, „lass mich doch jetzt einmal ausreden."
„Sorry", murmle ich.
„Jay ging auf keinen einzigen Flirtversuch von mir ein. Stattdessen hat er immer wieder von dir angefangen. Er wollte wissen, wann wir uns das erste Mal begegnet sind und so weiter. Eins muss man ihm lassen. Er ist ein schlaues Kerlchen. Wäre ich nicht selbst an ihm interessiert gewesen, hätte er mit dieser Masche ziemlich viel herausbekommen."
„Und was willst du mir damit jetzt sagen, Cali?"
Wenn sie nur hier ist, um sich zu beschweren, werde ich sie einfach stehen lassen und den Typ von vorhin wieder suchen. Mein Abend war doof genug, damit ich kein schlechtes Gewissen hätte.
„Ich will sagen, dass ich es nicht weiter bei ihm versuche. Ist sowieso aussichtslos. Ich lasse dir freie Bahn."
„Danke, aber ich bin nicht interessiert."
Cali lacht auf. „Klar."
„Im Ernst, Cali. Würde er wirklich etwas von mir wollen, dann hätte er nicht den ganzen Abend mit dir verbracht."
Seufzend schüttelt sie den Kopf und sieht mich schief an. „Weißt du das du auf viele Männer furchteinflößend bist?"
„Was?", ich lache auf und schüttle den Kopf.
„Doch!", widerspricht mir Cali ernsthaft. „Du bist eine wunderschöne und vor allem eine starke Frau. Du kannst für dich selbst einstehen und bist selbstbewusst. Du wirst von den Modemagazinen auf einen Thron gestellt. Du brauchst weder Geld noch Aufmerksamkeit. Das hast du schon. Männer sind Frauen gewöhnt, die Männer bewundern und ihnen hinterher springen. Aber so bist du nicht. Für dich muss ein Mann in die Offensive gehen. Und das schüchtert einige ein."
„Cali ...", protestiere ich, aber sie unterbricht mich wieder.
„Nein, Vivi", sagt sie ruhig, „ich verarsche dich nicht. Männer sind eine so starke und selbstbewusste Frau nicht gewöhnt. Du lässt dich von niemanden runter machen und traust dich, dich zu wehren. Das stellst du bei jedem Shooting unter Beweis. Was glaubst du, warum Fotografen bei dir nicht so unausstehlich sind wie bei anderen? Du würdest es ihnen ins Gesicht sagen und du bist in der Position nie wieder mit ihnen zusammen arbeiten zu müssen. Du hast kein Problem damit deine Meinung zu vertreten. In diesem Business hat jeder seine Mauern und du hast sehr hohe, Vivi. Und das ist auch gut so, aber das macht es Männern schwerer. Sie haben Angst vor einem Korb von dir."
„Ich wette, sie haben auch Angst vor deinen Körben", necke ich sie.
Lachend wirft Cali ihre Haare nach hinten. „Ich arbeite täglich daran."
Sie wird wieder ernst und lächelt. „Was ich mit diesem ewigen Monolog sagen wollte: Du bist selbstbewusster als viele Männer selbst und deswegen trauen sich viele nicht dich anzusprechen. Es ist bescheuert, aber wahr. Und Jay will dich. Da bin ich mir sicher. Er will sich nur keinen Korb einhandeln. Deswegen redet er erstmal mit der besten Freundin, um mehr über dich zu erfahren. Ich wette mit dir, dass es nicht mehr lange dauert bis er dich um ein Date bittet."„Wette gilt! 50 Euro?"
„Mach 100 draus. Ich bin mir sicher."

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Sportsgirl
ChickLitVivien zieht für einige Modeljobs zu ihrem Bruder und Footballstar Zayn in die Stadt. Sofort freundet sie sich mit Jayden, Zayns Quasi-Mitbewohner an, ohne zu merken, dass der viel mehr von ihr will, als er ihr gegenüber zugibt.