Sportsgirl

4

Vivien

Jay will gerade die Tür hinter sich zuziehen, als ich die unverkennbar hohe, süßliche Stimme von Cloudia höre. Bevor sie Zayn wieder anflirten kann, laufe ich zur Tür und winke sie rein. Ihr Gesichtsausdruck ist offenkundig enttäuscht und sie blickt den Jungs einen Tick zu lange hinterher.

„Hey Süße!“

Sie küsst mich auf beide Wangen und schiebt sich dann an mir vorbei in die Wohnung. Kritisch sieht sie sich um. Ein komischer Ausdruck erhellt ihre Augen, den ich nicht ganz deuten kann.

„Hi Cali! Was machst du schon hier? Ich dachte, du wärst noch in Paris“, sage ich und schließe die Tür.

Sie dreht sich mit versteinerter Miene um und ich weiß sofort, dass ich schon wieder etwas Falsches gesagt habe. Stolz streckt sie den Rücken durch und setzt ihr professionelles Kameralächeln auf.

„Der Fotograf hatte ein privaten Notfall. Das Shooting wurde verschoben“, antwortet sie kalt.

Ich nicke nur und weiß, dass ich jetzt besser nicht weiter nachfragen sollte. Stattdessen wechsle ich das Thema. „Wie läuft es mit K…“

Sie unterbricht mich, indem sie die Hand hebt und streicht sich eine verirrte Haarsträhne hinters Ohr.

„Nein. Zwischen mir und diesem Kerl läuft rein gar nichts. Ich weiß nicht, wie ich jemals auf die Idee gekommen bin, wir würden in der gleichen Liga spielen.“

Ich seufze lautlos. Calis Ausdruck für wir passen nicht zusammen.

Sie schüttelt den Kopf und geht ungefragt die Treppe nach oben, um sich die Wohnung weiter anzusehen. Ich folge ihr und lenke sie sanft in mein Zimmer. Dort geht sie wie immer schnurstracks zum Kleiderschrank und wühlt sich durch meine Kleider. Sie schnalzt einmal und zieht dann ein neues heraus. Ich habe es freundlicherweise beim letzten Fotoshooting geschenkt bekommen.

„Das ist ja hübsch“, doch sie hört sich nicht so an als würde es ihr wirklich gefallen.

Sie geht meine Klamotten weiter durch und pausiert bei jedem Stück das in Paris neu dazu gekommen ist. Je mehr sie findet, desto mehr ziehen sich ihre Augenbrauen zusammen.

„Das werde ich heute anziehen“, meint sie und zieht ein hautenges grünes Kleid heraus.

Ich nicke nur. Soll sie es haben. „Gehen wir heute etwa aus?“

Sie sieht mich an, als hätte ich ihr gerade etwas von süßen rosa Würgeschlangen erzählt. Das ist wohl auch der Grund, warum sie mir nicht einmal antwortet, sondern gleich meine Schuhsammlung hoch und runter sieht. Ich trete auf sie zu und schiebe die Regaltür langsam zu. Meine Schuhe passen ihr sowieso nicht.

Sie sieht mich mit verengten Augen an und schenkt mir gleich daraufhin ein strahlendes Lächeln. „Was meist du? Welche Schuhe passen zu meinem Kleid?“

Sie hebt dabei mein grünes hoch und schiebt die Schranktür wieder auf.

„Wenn du dir nicht die Ferse abschneiden willst, dann am besten die, die du gerade anhast. Sechs Zentimeter sollten für einen Club doch reichen, oder nicht?“, antworte ich ihr und schiebe die Tür energisch wieder zu.

„Ah und jetzt erzähl mir von Paris! Wie war es? Hattest du Zeit einige Dinge zu besichtigen? Ach was, ich denke, du hattest genug Aufträge und keine Zeit dazwischen wie sonst auch, oder?“

Seufzend erzählte ich ihr von den Shootings und von Paris. Sie weiß, wie sehr ich diese Stadt liebe und auch, dass ich endlos von ihr reden könnte. Mir wird erst bewusst, dass sie das vielleicht sogar beabsichtigt hat, als Zayn und Jay vom Training wieder heimkommen. Sofort erhellt ein Lächeln ihr Gesicht und sie begrüßt die beiden. Ich breche in meiner Erzählung ab und seufze. Sie hat es sogar geschafft, mich unbemerkt wieder runter aufs Sofa zu lenken, von dem man aus einen wunderbaren Blick auf die Tür hat.

„Hey Cloudia“, brummt Zayn und verschwindet sofort die Treppe nach oben. Jay ist nicht schnell genug. Cali ist schon aufgestanden und versperrt ihm den Weg nach oben.

„Wir wollten heute in einen Club gehen. Willst du mit?“

Jay öffnet den Mund, doch Cali unterbricht ihn, bevor er auch nur ein Wort sagen kann. Cali hat es nicht so mit Körben.

„Du musst. Wir gehen um neun. Ich holle dich dann ab Vivi“, sagt sie und stöckelt mit dem grünen Kleid über dem Arm aus der Wohnung, bevor irgendjemand auch nur ein Gegenwort an sie richten könnte. Sie winkt mir noch kurz zu und dann ist sie auch schon wieder weg.

Sobald die Tür zugefallen ist, sieht mich Jay mit gerunzelter Stirn an. „Wer zum Teufel war das?“

„Mein Freundin Cali. Sie ist nicht immer so“, verteidige ich sie, „aber ihr letztes Shooting wurde verschoben und auf sowas reagiert sie nie gut. Man muss sie dann einfach machen lassen. Das tröstet sie am meisten. Sie braucht dann einfach etwas anderes auf das sie all ihre Energie richten kann.“

Jay nickt nur und geht dann die Treppe nach oben. Auf der Mitte der Treppe bleibt er stehen. „Soll ich mitkommen?“

Sein Angebot überrascht mich.

„Nur wenn du willst.“

Er nickt und geht.

Ich habe keine Ahnung ob das jetzt ein ja oder ein nein ist. Aber es wäre schön neben Cali noch eine andere Begleitung zu haben. Sie ist doch ein wenig anstrengend, wenn sie enttäuscht wurde und es bei anderen dann aber gerade gut läuft.