Kapitel 105

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Romans Sicht

"Herr Bürki." Der Polizeibeamter versucht mich zu beruhigen. "Wir können nichts tun, sola-", "Meine Frau ist nicht freiwillig gegangen! Ich habe Ihnen doch gesagt, dass dieser Niels sie entführt hat!" Ich laufe unruhig durch das Büro. Ich habe den Beamten doch genau erzählt, was in der Vergangenheit mit Niels vorgefallen ist. Aber anscheinend interessiert es hier niemanden! "Roman, beruhige dich." sagt Jule mit sanfter. Er und Marcel sind gleich zur Dienststelle gefahren, als ich ihnen gesagt habe, dass ich hier bin. "Herr Bürki. Wir möchten Ihnen gerne helfen, aber solange es keine Beweise für ein Gewaltverbrechen gibt, können wir leider nichts unternehmen." Ich schaue den Beamten an. "Keine Beweise? Ich habe Ihnen doch geschildert, dass dieser Typ meine Frau seit Jahren nachstellt! Ist das nicht Beweis genug? Und was ist mit der einstweiligen Anordnung, gegen die er offensichtlich verstoßen hat?" Fassungslos schaue ich den Beamten an. "Roman, bitte. Die Polizei möchte dir doch helfen, aber es geht ohne Beweise nicht." Marcel steht neben mir und legt seinen Arm auf meine Schulter. "Ich glaube, ihr versteht nicht, dass Aiyana schwanger ist! Ich weiß, dass sie nicht freiwillig gegangen ist! Dafür gibt es keine Anzeichen!" Ich setze mich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch, als die Tür aufgeht. "Wir haben nach Herrn Niels Larson geforscht. Er hat Stockholm seit über einem Jahr verlassen und in Dortmund die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt." Wusst' ich's doch! "Sehen Sie? Ist das jetzt Beweis genug?" frage ich und verschränke meine Arme vor der Brust. "Herr Bürki." ermahnt mich der Polizist, als mein Handy klingelt. In der Hoffnung, dass es Aiyana ist, greife ich schnell nach meinem Handy, werde aber enttäuscht. "Wer ist es?" fragt der Beamte. "Unbekannte Nummer." sage ich enttäuscht. "Gehen Sie ran und stellen es auf laut. Wenn es wirklich eine Entführung gibt, bringt uns das möglicherweise Beweise." Ich nicke, nehme den Anruf an und stelle auf Laut.

Roman: Hallo?

???: ....

Roman: Wer ist da?!

???: R-roman...

Roman: Warte - Sanna?

Sanna: Roman...i-ich...

Roman: Sanna! Was ist los? Weißt du etwas von Aiyana?

Sanna: Niels hat sie...

Geschockt schaue ich den Beamten an, der sich ein Blatt Papier schnappt und mir zu nickt.

Roman: Du musst uns helfen! Wo ist sie? Sag alles, was du weißt, bitte!

Sanna: Die genaue Adresse habe ich nicht. Wir sind irgendwo im Industriegebiet.

Roman: Das Industriegebiet ist groß, Sanna. Geht es etwas konkreter? War irgendetwas auffällig?

Sanna: Das Gebäude steht etwas abseits, aber daneben war ein großes, rotes Gebäude. Du musst schnell kommen, bitte Roman! Sonst passiert etwas schre-

Niels: Mit wem redest du da?!

Der Anruf wird beendet und ich lege auf. "Wir müssen sofort dahin! Ich weiß, wo das ist!" sage ich und springe von meinem Stuhl auf. "Sie fahren mit uns mit, Herr Bürki. Wir fahren sofort los, Verstärkung und RTW sind informiert." Ich nicke und schaue Jule und Marcel an. "Wir fahren zu euch und informieren eure Eltern." sagt Jule und ich nehme die beiden in den Arm. "Danke." sage ich und verlasse das Büro.

Aiyanas Sicht

Ich öffne meine Augen und finde mich auf einer Liege wieder. Panisch schaue ich mich um, doch wieder sind meine Hände, Beine und diesmal auch mein Oberkörper gefesselt. "Hallo?! Ist hier jemand? Ich brauche Hilfe!" rufe ich. Die Tür geht auf und Niels kommt hinein. "Ah, du bist wieder wach." sagt er lächelnd und wendet sich einem Tisch mit merkwürdigen Instrumenten zu. "Was soll das? Was hast du vor?" frage ich panisch. "Wusstest du, dass ich vorher Medizin studiert habe?" Fragend schaue ich ihn an. "Ich hab's abgebrochen, deinetwegen." Er dreht sich zu mir und meine Augen werden größer, als er eine Spritze mit irgendeiner Flüssigkeit in der Hand hält. "W-was soll die Spritze? Leg die weg!" schreie ich. "Ich habe dir nie erzählt, wann ich dich das erste Mal sah. Eines Tages, es war Semesteranfang, sah ich eine wunderschöne Frau im Servicebüro stehen. Ich betrachtete sie und war sofort verliebt. Das warst du, Aiyana." Er lächelt mich an und prüft die Spritze. "Ich habe Nachforschungen angestellt und alles über dich rausgefunden, wie du heißt, dein Geburtstag, dein Wohnort, deine Schullaufbahn, einfach alles." Er kommt mir näher und bleibt schließlich vor mir stehen. "Ich habe meine Kontakte spielen lassen und es geschafft, mich in das Lehramtsstudium zu immatrikulieren. Und ab da begann unsere gemeinsame Geschichte." Er lächelt mich an, während ich ihn wie Abschaum betrachte. "Du bist widerlich, ein Monster!" brülle ich ihn an. Die ersten Tränen laufen mir die Wange runter. "Shh, du wirst es bald verstehen. Wir zwei sind für einander bestimmt." Er lächelt mich an und legt seine Hand auf meinen Bauch. "Du wolltest es nicht anders, meine Liebe." Ich versuche mich zu bewegen, doch die Fessel sind so stark, dass sie sich in meine Haut schnüren. "Nimm deine dreckigen Hände von mir!" schreie ich unter Tränen. "Es wird gleich nur etwas pieksen." sagt er ruhig und hebt die Spritze. "Bitte nicht! Tu das nicht!" Ich schluchze und bete ein Stoßgebet gen Himmel. "Es tut mir leid Roman, dass ich nicht stark genug war. Ich liebe dich." nuschel ich unter Tränen und spüre die Nadel an meinem Unterleib, bis die Tür aufgerissen wird.
"Polizei! Lassen Sie die Spritze fallen, sofort!" Ich reiße meinen Kopf hoch und ich weine einen Sturzbach von Tränen. Danke! "Aiyana!" Ich schaue zur Seite und sehe Roman hinter den Polizisten. Er drängelt sich an denen vorbei und kniet sich vor mich. "Oh Gott!" sagt er, als er mich so sieht und versucht mit zitternden Händen die Fessel zu lösen, was ihm auch gelingt. Langsam hilft er mir hoch und ich schmeiße mich schluchzend in seine Arme. "Ich bin hier, niemand wird dich verletzten!" Ich drücke meine Gesicht gegen seine Brust und lasse meine Tränen freien Lauf. "Wie?! Wie hat der uns gefunden?!" höre ich Niels fluchen. "Ich habe ihn angerufen." Ich hebe meinen Blick und sehe Sanna. "Du hast was?! Du hast mein Leben zerstört?! Endlich wäre sie meins gewesen!" Niels will sich aus der Umklammerung der Polizisten befreien. "Herr Larson, sie sind wegen Stalking, Entführung und versuchter schwerer Körperverletzung vorläufig festgenommen. Frau Nielsen, Sie müssen wir wegen Beihilfe zur schweren Körperverletzung ebenfalls vorläufig festnehmen." Sie führen Niels ab und möchten dies mit Sanna ebenfalls tun. "Sanna?" sage ich mit schwacher Stimme. Sie dreht sich zu mir um. "Danke." hauche ich und sie lächelt mich an. "Geht es dir gut? Und den Babys? Was wollte er überhaupt mit dir anstellen?" fragt Roman und streicht über mein Haar. "Die Babys umbringen." sage ich leise und wische mir die Tränen weg. Auch Roman hat Tränen in den Augen. "Hat er -", "Ihr wart im richtigen Moment hier." Roman schließt mich in seine Arme, als wir von den Sanitätern unterbrochen werden. Bei mir wird schnell ein kurzer Check-up durchgeführt. "Bis auf ein paar Hämatome an Armen und Beinen können wir äußerlich keine Verletzungen erkennen. Wir würde Sie dennoch mit ins Krankenhaus nehmen, um Sie dort ausführlicher zu untersuchen. Gerade, weil Sie schwanger sind Frau Bürki." Ich nicke und stehe langsam auf, Roman unterstützt mich und lässt mich nicht mehr aus seinen Armen gehen. Und wenn ich ehrlich bin, möchte ich es auch nicht. Ich brauche seine Nähe jetzt!

Ein gezwungenes Leben mit Roman BürkiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt