Kapitel 1 - Der Anfang

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"Was für ein Tag!", seufzte Sam neben mir, als er sich auf den Fahrersitz von Bessie setzte. Norman hatte sich während einer Höhlenexkursion vor einer Fledermaus erschreckt und war in seiner Panik tiefer in die Höhlen gelaufen. Die anderen Kinder waren ihm gefolgt und schließlich hatte auch Moose, der heute den Führer gegeben hatte, den Weg zurück nicht mehr gefunden."Manchmal könnte ich Norman erwürgen. Heute morgen springt er aus dem Fenster in die Markise seiner Mutter, weil er meint, das würde wie ein Trampolin funktionieren und jetzt das hier."Ich kicherte in mich hinein, als Sam sein Leid kund tat.

"Norman kann einem wirklich den letzten Nerv rauben. Ich hoffe mal, dass die Kinder sicher nach Hause kommen. Man sagt ja: alle guten Dinge sind drei." Ich lächelte Sam schelmisch zu, als er nun Bessie rückwärts den Hang hinunter rollen ließ.

"Oh bitte, nicht noch ein Einsatz heute."

"Du bist doch sonst immer so heiß auf die Arbeit. Hast du noch was vor?"

"Manchmal bin sogar ich einfach mal bedient", erwiderte er lächelnd, ehe er wieder in die Spiegel sah und wieder ernst wurde."Ich habe nie was vor nach Feierabend, außer meinen Garten oder das Haus auf Vordermann zu bringen, wenn es notwendig ist. Mein Leben ist langweilig und einsam."

Ich hätte ihn fast nicht verstanden, wegen des Windes, der um das Viadukt blies, als wir dieses überquerten. Nun, wieder im Schutz der Hügel zu beiden Seiten, war es wieder ruhiger.

"Genau wie meines", erwiderte ich dennoch und es betrübte mich genau so, wie Sam scheinbar sein Schicksal. Alles wäre so einfach, wenn uns doch nur etwas mehr verbinden würde, als nur unsere Freundschaft - wenn er mich doch auch nur lieben könnte, wie ich ihn.

"Wollen wir beide nicht was zusammen machen?" Überrascht schaute ich zu ihm auf. Hatte er meine Gedanken gelesen?

"Heute?"

"Warum nicht?" Er konzentrierte sich auf die Rückspiegel, als wir nun in den Bahnhof einfuhren und bremste Bessie ab, ließ sie langsam rückwärts in ihren Schuppen rollen.

"Klar. Warum nicht?!" Ich lächelte nur, dabei hätte ich am liebsten gejubelt."Und was?"

"Keine Ahnung!" Er sprang aus Bessie heraus, kaum dass sie zum Stillstand gekommen war. Irgendwie schien er mir auf einmal etwas unruhig. Konnte das sein? War irgendetwas passiert, was ich vor innerer Freude nicht mitgekriegt hatte?"War da nicht letzte Woche dieser Gespensterfilm ins Kino gekommen?" Er schaute mich abwartend an, als ich ebenfalls aus Bessie sprang und auf ihn zu ging.

"Ja, ich glaube davon stand was in der Zeitung."

"Wäre das nichts für dich? Du magst doch so gruseliges Zeug."

"Ich würde ihn schon gerne sehen, aber ich habe keinen Grund ins Kino zu gehen und würde normalerweise warten, bis er ins Fernsehen kommt."

"Ich habe das Gefühl, dass du ausweichst." Er lächelte mich an, konnte aber seine Nervosität nicht ganz verbergen und nun wurde ich das auch."Hättest du also Lust, heute Abend mit mir ins Kino zu gehen?" Er hielt mir seinen Arm hin und ich lachte, ehe ich mich bei ihm einhakte.

"Sehr gerne." Ein wenig wehmütig musste ich nach wenigen Metern seinen Arm wieder freigeben, damit wir das Tor von Bessies Schuppen schließen konnten. Um so glücklicher war ich, als er mir ihn wieder anbot, kaum dass er die Weiche wieder umgestellt hatte.

"Darf ich dich auch zum Essen einladen?", fragte er mich dann.

"Langsam kriege ich das Gefühl, das läuft auf ein Date raus." Ich wollte nur einen Spaß machen, doch als Sam nun stehen blieb und mich durch eine Bewegung seines Armes zu ihm drehte, verging mir das Lächeln.

Wie ein böser TraumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt