Kapitel 9 - Wieder erwacht

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Ich schlug jäh die Augen auf und lag zu meiner Überraschung flach im Bett. Ich hatte doch grade noch gesessen und unseren Sohn im Arm gehalten. Panisch schaute ich mich um, entdeckte mir schmerzlich Bekanntes, aber nichts  Vertrautes. Warum lag ich hier und war wieder an Geräten angeschlossen und vor allem: wo war Liam?

"Penny?" Ich wandte mich der Stimme zu und sah Helen neben meinem Bett stehen. Mich packte ein Gefühl von Deja-vue, als ich an den Tag zurückdachte, an dem ich aus dem Koma erwacht war und mir wurde unvermittelt schlecht vor Angst. 

"Helen. Wo ist Liam?" Ich versuchte mich aufzurichten, doch Helen drückte mich an der Schulter sofort wieder ins Kissen zurück.

"Wer ist Liam?"

"Unser Sohn. Ich hatte ihn doch grade noch im Arm. Ich..." Ich sah in Helen's Gesicht, dass sie nicht wusste, wovon ich sprach und ich schwankte zwischen Panik und Sorge um Liam und meinem logischen Menschenverstand, der mich aus der Ferne zur Ruhe und Vernunft aufrief.

"Penny, du hast keinen Sohn. Du musst das geträumt haben. Du bist grade erst aus einem zwei-wöchigen Koma erwacht." Ich sah sie entgeistert an und fand keine Worte. Das sollte alles nur ein Traum gewesen sein? Ich hatte fast 8 Monate durchlebt, nachdem ich das erste Mal erwacht war, ich hatte unseren Sohn geboren und Sam's Tod betrauert und Abschied von ihm genommen - und jetzt war alles nur ein Traum?"Vielleicht hat dein Unterbewusstsein etwas aufgeworfen, worüber du dir noch nicht klar warst", überlegte Helen dann laut."Könnte es sein? Ich meine, dass du schwanger bist?" Ich nickte nur und pure Freude trat in ihr Gesicht."Ich werde das gleich prüfen gehen. Wir haben alles dafür da." Ich nickte wieder nur und schaute auf die Bettdecke vor mir, wünschte mir, dass sie sich die schlechten Nachrichten verkniff, die ich nach dem letzten Mal erhalten hatte, als ich aufgewacht war."Wie geht es dir? Brauchst du irgendwas?" Ich schüttelte nur den Kopf und schloss die Augen in stiller Qual, als ich die Tür aufgehen hörte. Ich sah nicht auf, weil ich mit dem gleichen Besuch, wie beim letzten Mal rechnete, der mir die Nachricht von Sam's Tod überbracht hatte. Ich wollte es nicht wieder hören, nicht noch einmal erleben. Ich ertrug es nicht.

"Da ist endlich jemand aufgewacht", hörte ich Helen fröhlich sagen, ehe ein Poltern laut wurde und sich jemand zu mir auf's Bett setzte."Hey! Nicht so eilig Sam. Du musst dich noch schonen", sagte Helen zeitgleich und mein Kopf begann zu rotieren, als ich seinen Namen hörte und gleichzeitig meine Augen öffnete, nur um Sam's Gesicht über mir zu sehen. Er lächelte mich so voller Liebe und Glück an, dass es mein Herz zum Rasen brachte. 

"Sam?" Meine Stimme war nur ein ungläubiges Flüstern, als ich mich aufrichtete. Helen wollte erneut eingreifen, doch ich stemmte mich gegen sie und verharrte erst, als Sam mir helfend eine Hand in den Rücken legte. Ich erstarrte. Seine Berührung war warm und wirklich, nicht kalt oder wie ein Hauch.

Er war da, saß hier neben mir und er lebte. Tränen traten mir in die Augen und ich schlang meine Arme um ihn, ignorierte das ziehen der Schläuche an der Nadel in meinem Arm oder dass die Elektroden sich lösten. Ich spürte seine Hände in meinem Rücken, nahm seine Wärme in mich auf und sog gierig seinen Duft ein, während ich mein Gesicht an seinem Hals vergrub und vor Freude einfach nur weinte.

"Schhh, Engelchen. Es ist alles gut. Du bist sicher bei mir", flüsterte er mir leise zu, während seine Hände sanft über mein Haar und meinen Rücken strichen."Es ist alles gut."

"Jetzt ja", erwiderte ich schluchzend, als ich mich ein wenig gefangen hatte und wich ein wenig zurück, um meine Hände an seine Wangen zu legen, froh ihn wirklich berühren zu können. Ich schaute in seine Augen und wusste, dass ich ununterbrochen lächelte. Niemals im Leben hatte ich mich gefreut, wie in diesem Moment und als ich Sam's Hände nun auch auf meinen Wangen spürte und er mir mit den Daumen die Tränen von den Wangen wischte, hielt mich nichts mehr und ich küsste ihn mit all meiner Sehnsucht und Leidenschaft, die ich für ihn empfand. Ich hatte ihn so sehr vermisst und genau das zeigte ich ihm nun. 

Wie ein böser TraumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt