Kapitel 4 - Nicht allein

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Ich glaube, ich habe mit dem letzten Kapitel die Gemüter nicht sehr positiv bewegt und da ich das meiste dieses Kapitels bereits fertig hatte und soeben das Ende geschrieben habe, habe ich mich auch entschlossen, es euch nicht länger vorzuenthalten, damit es euch hoffentlich etwas tröstet. Viel Spaß beim Lesen. Es kann nur noch besser werden...Oder? 😉

Die Schiebetür öffnete sich und ich trat hinaus in die Sonne. Die Straßen von Newtown waren belebt mit Fahrzeugen aller Art und Menschen liefen hin und her. Es erschien mir seltsam, nach der Ruhe in meinem Krankenhauszimmer und ich spürte, wie es mich innerlich aufwühlte. Noch seltsamer erschien es mir, dass die Welt sich so einfach weiterdrehen konnte, nach allem, was passiert war. Sicher, es starben jeden Tag tausende Menschen auf der Welt, aber eine Welt ohne Sam war für mich selbst jetzt noch nicht vorstellbar.

Jeden Tag, seit ich aufgewacht war, hatte ich mich dabei erwischt zur Tür zu sehen, wenn sie sich geöffnet hatte, in der Erwartung Sam würde herein kommen. Und doch war es immer jemand anderes gewesen und wider besseren Wissens meine Enttäuschung groß. Ich hatte so viel Besuch gehabt und dennoch konnte ich jetzt schon nicht mehr sagen, wer und wie oft er da gewesen war. Ich hatte nur einen Wunsch und dieser erfüllte sich nicht.

Eine Woche hatten sie mich aufgepäppelt. Ich hatte keinen Appetit, doch Helen ließ nicht locker und erinnerte mich immer wieder an das Kind. Aber ich konnte es bis zum gestrigen Tag immer noch nicht realisieren, dass in mir wirklich ein Kind heran wuchs.

Gestern hatten sie mir die Möglichkeit gegeben ein CTG zu machen. Als dann der stetige und sanfte Herzschlag ertönte, traten mir erneut Tränen in die Augen. Es war so wunderschön und doch warf es auch das Wissen auf, dass Sam das sicher gerne erlebt hätte und wie stolz es ihn gemacht hätte. Ich war in einem Loch der absoluten Lethargie versunken, doch auch wenn mir das Leben bis zu diesem Moment nichts mehr wert gewesen zu sein schien, änderte sich da alles augenblicklich. Ich würde Sam nicht mehr haben, aber ich hatte sein Kind und ich musste Sorge dafür tragen, dass es ihm gut ging. Es gab mir meinen Lebenswillen wieder zurück. Ich hatte eine Aufgabe - doch die Trauer nahm es mir nicht.

Ich atmete einmal tief durch, ehe ich mich auf den Weg zur Haltestelle machte. Ich hatte niemandem Bescheid gegeben, dass ich entlassen wurde, denn ich wollte niemanden sehen. Ich würde mit dem Bus nach Hause fahren und sehen wie ich den Tag noch herum kriegen konnte...und die unendlich vielen anderen, die mir in meinem Leben noch bevor standen.

Ich setzte mich auf die Bank an der Haltestelle und stellte meine Tasche zwischen meinen Füßen ab. Alle Präsente und Blumen, die meine Besucher mir mitgebracht hatten, hatte Helen bereits mitgenommen und zu mir nach Hause gebracht. Daher hatte ich nicht viel zu tragen.

Ein Hupen ließ mich plötzlich zusammen zucken und ich schaute auf.

"Du glaubst doch nicht, dass ich dich mit dem Bus fahren lasse? Steig ein." Helen hatte das Fenster herunter gelassen und lächelte mich aufmunternd an."Keine Widerrede!", sagte sie dann, als ich schon ablehnen wollte. Genervt gab ich nach, packte meine Tasche und warf sie auf den Rücksitz, ehe ich neben ihr einstieg und mich anschnallte."Was hältst du davon, wenn wir auf der Wache vorbeifahren und mit Steele besprechen, wann dein Dienst morgen beginnt?"

"Helen, der Oberarzt meinte eben, dass ich frühestens in einer Woche anfangen soll."

"Wenn das dein Wunsch ist, kannst du das auch tun. Aber ich denke, du brauchst was zu tun und wenn wir mit Steele sprechen, dass du es langsam angehen lässt, steht dem nichts im Weg."

"Es wäre schön, wieder arbeiten zu können", murmelte ich dann.

"Es würde dich ablenken."

"Ein wenig vielleicht." Es war auch Sam's Arbeit. Lange schon, bevor ich dort angefangen hatte. So vieles würde mich an ihn erinnern.

Wie ein böser TraumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt