Kapitel 14 - Was da draußen auf uns wartet

465 36 6
                                    

„The life of the dead is placed in the memory of the living" - Marcus Tullius Cicero

Violets P.O.V
Ich lag auf Brooklyns Oberkörper und hörte ihrem Herz beruhigend beim Schlagen zu, wie ich es mir immer gewünscht hatte. Ich merkte, wie mir Brooklyn die Decke über meine entblößte Schulter zog. Ich war noch ganz benommen, als ich zu Brooklyn aufsah. Sie starrte aus dem Fenster, ganz gedankenverloren.
„Brooklyn, was ist denn los?" flüsterte ich noch ganz verschlafen. Sie sah zu mir und zwang sich ein Lächeln auf. „Nichts, es ist alles gut." Sie strich mir zärtlich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Brooks!" besorgt beobachtete ich sie weiter.
„Violet, wieso hast du mir das mit deinen Eltern nie erzählt?" Ich atmete seufzend auf. „Du hast nie gefragt." Sie sah mich wieder nachdenklich an. „Ich hätte nie erwartet, dass dein Vater bei der NASA war. Was macht denn die NASA so? Was macht sie so besonders, dass alle über sie reden?" Ich musste etwas schmunzeln. Das war eine gar nicht so schlechte Frage.
„Ach Brooklyn. Die erforschen das Weltall. Und eben all diese Dinge, die unsere Welt so zusammen hält. Oder interessiert es dich nicht, was da draußen auf uns wartet?" Sie sah wieder nachdenklich nach draußen in den klaren Sternenhimmel.
„Natürlich tut es das. Aber ich habe nie darüber nachgedacht. Was glaubst du denn, was da draußen auf uns wartet?" Ich setzte mich etwas auf und spielte mit Brooklyns Hand, während ich kurz über ihre Frage grübelte.
„Ich hab mich das schon tausend mal gefragt, weiß es aber nicht genau. Wenn man nach Stephen Hawking geht, wartet da draußen Außerirdische Intelligenz, die uns irgendwann besuchen kommt. Und zwar nicht mit friedlichen Absichten. Ich denke, da draußen sind Dinge die wir uns noch nicht vorstellen können. Die eine andere Physik kennen. Dinge die wir uns niemals vorstellen könnten. Und mein Vater, der hat mal was gesagt, was mir niemals aus dem Kopf gegangen ist. Was ist, wenn wir nur ein Teil vom Traum Gottes sind? Natürlich müsste Gott dann unglaubliches Vorstellungsvermögen haben und irgendwo im Bett liegen und schlafen. Oder etwas ähnliches tun wie schlafen. Vielleicht schläft man in seiner Welt ja auch gar nicht. Aber nehmen wir's einfach mal an. Er liegt also im Bett und schläft und kennst du das wenn man vor dem Einschlafen kurz zusammenzuckt? So entstand der Urknall. Aber wo steht dann sein Bett?
Manchmal frage ich mich wirklich, was da draußen ist. Weil unser Universum ja nicht ganz unendlich ist. Es breitet sich glockenförmig aus und hat durch seine unendliche Ausbreitung auch kein Ende. Das hatten wir ja schon. Aber was ist da wo es sich noch nicht ausgebreitet hat? Schwarze Materie? Oder einfach nichts? Und wo ist Gott? In einem anderem Universum? Und wenn ja? Wo ist dieses Universum drin? Auch in einem schwarzem Nichts?
Ich frage mich einfach nur noch, wo wir sind. Und was ist außerhalb der Grenze?
Ich glaube unsere Vorstellungskraft ist zu gering um das herauszufinden. Mein Vater hat gesagt, das ist vielleicht auch besser so. Vielleicht würde uns das dort draußen nur eine unendliche Angst machen. Und das macht es mir auch jetzt schon ein bisschen." Brooklyn sah mich verständnisringend und platt an, als hätte ich mal wieder wie immer viel zu viel und viel zu schnell geredet.
„Wieso?"
„Weil ich mich hier so mickrig und unbedeutend fühle. Egal was wir Menschen hier machen. Irgendwann wird sich keiner mehr an Einen erinnern. Irgendwann ist auch die Erde verloren. Am Ende vom Wimpernschlag des Universums, meine ich.
Aber mein Vater der ist ins Weltall geflogen und hat so viel gesehen, von dem, wovon wir nur träumen. Und ich glaube er hat Dinge verstanden, die wir vom bloßen hier unten raufstarren, nicht verstehen werden."
Brooklyn sah mich plötzlich ganz eindringlich an. Ihre Pupillen weiteten sich und sie nahm vorsichtig mein Handgelenk.
„Ich möchte deinen Vater kennenlernen!" Ich wusste nicht, ob ich glücklich sein sollte, oder weinen wollte.
„Wann?"
„So bald wie möglich! Er muss beeindruckend sein. Und ein Held."
Ich nickte. Das war er wirklich. Zumindest war er mein Held.
„Dann lass uns gehen!"
„Geht das denn einfach so? Jetzt? Mitten in der Nacht?" Ich nickte lächelnd und spülte den Klos in meinem Hals herunter.
„Er ist immer für mich da! Egal wann und wo!"

Reach for the starsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt