Ein Stalker?

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Als ich am nächsten Tag in der Schule war, war wieder alles wie gewohnt. Ich saß wie immer ganz hinten in der Klasse, und schrieb fleißig alles mit, was an der Tafel geschrieben wurde. Eigentlich, wie ich schon erwähnte, war alles wie immer. Ich hatte allgemein bessere Laune als sonst, da konnte mir auch die gewohnte Tuschelei meiner Mitschüler nichts an.

"Von wem hast du die?", hörte ich plötzlich jemanden sagen. Es war eine Klassenkameradin von mir, welche auf meine Feder deutete, die ich von Hawks geschenkt bekommen habe.
Da ich es für mich behalten wollte, log ich und sagte ihr, ich habe sie von einem guten Bekannten bekommen.

"Achso. Man munkelt so, du würdest so tun, als seist du das neue Girl von Hawks. Dabei wäre das doch merkwürdig, mit deinen großen Ohren und deinem Köterschwanz, nicht wahr?" mit diesen Worten setzte sie sich wieder an ihren Platz und lachte mit ihren Freundinnen. Ich wusste, da war doch irgendwas im Busch..

Doch ich lächelte milde und starrte in mein Aufgabenheft. So groß waren meine Ohren gar nicht, und außerdem.. Außerdem fing ich an sie selbst schön zu finden. Auch meine Rute empfand ich als nicht störend. Ich wollte mich nicht mehr für mich schämen, und wollte mich schon gar nicht wegen so einer blöden Kuh unterbuttern lassen. Es reichte mir endgültig. Entschlossen verließ ich meinen Platz und ging auf die Mitschülerin zu, welche mich nun überrascht ansah.

"Hör mal. Deine Meinung gegenüber meines Aussehens geht mir am Arsch vorbei. Also behalt' sie das nächste Mal für dich, sonst vergesse ich mich.", sagte ich und hatte sie fest in meinem Blick. Ob das nun zu hart war wusste ich nicht, jedenfalls hatte ich mein Ziel erreicht. Sie sagte nichts, sah völlig empört aus von meinem plötzlichen Verhalten, und auch ihre Freundinnen sahen mich perplex an.

Ich hätte ihr eventuell nach dem Unterricht die Leviten lesen sollen, meine anderen Klassenkameraden und auch mein Lehrer sahen mich perplex an.

"Frau Sato, ich glaube sie wollten den Unterricht gerade verlassen?", fragte dieser mit genervtem Unterton. Das war wohl nicht wirklich eine Frage; ich sollte nämlich tatsächlich gehen und das war mir auch lieber, denn jetzt wurde mir die ganze Situation peinlich.

Schnell verließ ich das Klassenzimmer und ging aus dem Schulgebäude. Jetzt hatte sich meine gute Laune doch noch von mir verabschiedet, und sobald ich das Schulgelände verlassen hatte, verlangsamte sich mein Schritttempo. Nachhause zu gehen war gerade keine Option für mich, also machte ich mich auf den Weg in den nächsten Laden und holte mir eine Kleinigkeit zu essen und etwas zu trinken. Danach machte ich mich weiter auf den Weg zu meinem Lieblingsort, welcher sich außerorts im bewaldeten Gebiet befand.

Zu Fuß wäre mir das heute viel zu anstrengend, das Wetter war schwül und die Hitze machte mir zu schaffen. Also stieg ich in den schon fast überfüllten Bus und wartete, bis es soweit war auszusteigen.

[Am Wald]

Während ich nachdenklich durch den Wald lief, strich ich hin und wieder über die rote Feder von Hawks, welche sich in meinem Haar befand.
Er meinte doch, ich sollte darüber streichen, wenn ich mal traurig wäre. Doch was sollte das denn für einen Sinn ergeben?

Denk dran, du bist schön, erinnerte ich mich an die gestrigen Worte von Hawks.
Sein sanftes Lächeln dabei war zum dahin Schmelzen. Wann ich ihn wohl wiedersehen würde? Ich Trottel hab ihm ja noch nicht mal meine Handynummer gegeben..

Ah, ich war endlich angekommen. Mein Lieblingsort war umhüllt von den Ästen einer riesigen Trauerweide; der einzigen Trauerweide in diesem Wald. Ich schob die Äste zur Seite und ging weiter zum Baumstamm, an welchem ich immer saß. Niemand konnte mich hier sehen, zumindest im Frühling und im Sommer nicht, wo die Äste dicht bewachsen waren. Hier hatte ich meine Ruhe und konnte entspannen ohne von jemandem genervt zu werden.

[Hawks Sicht]

Gelangweilt flog ich über der Stadt rum und beobachtete die Straßen. Alles friedlich, niemand fetzt sich. Da war noch nicht mal eine Katze, die von einem Baum gerettet werden musste. Es war so öde.

"Hawks. Du kannst nach Hause.", hörte ich über meine Kopfhörer, "Es schaut nicht aus, als wäre heute ein Held zu gebrauchen."
Meinen Kollegen war also auch nichts Gravierendes aufgefallen.

"Verstanden.", meinte ich nur und änderte meine Flugrichtung. Wieder einen Tag frei. Ob Hanako wieder in der Stadt unterwegs war? Doch eigentlich müsste sie doch noch Unterricht haben, wenn ich mich nicht täuschte.

Plötzlich spürte ich, ein zaghaftes streichen über der fehlenden Feder meiner Flügel. Diese hatte ich Hanako gestern geschenkt. Weswegen sie wohl traurig war?

"Na wo ist sie denn?..", murmelte ich, während ich in die Richtung flog, wo ich meine Feder vermutete.

[Hanakos Sicht]

Plötzlich vernahm ich ein ungewöhnliches Geräusch. War mir denn etwa jemand gefolgt? Sofort war ich in Alarmbereitschaft und lauschte weiter. Es waren schleichende Schritte, direkt hinter den Blättern, welche vor mir anfingen zu rascheln.

Wer auch immer sich dort anschlich, hatte sich mit der falschen Person angelegt. Sofort fing ich an zu knurren, und sprang auf die Person zu, die sich hinter den Blättern versteckte.

"Herrgott, was soll das?!", hörte ich die Person aufschrecken, gegen welche ich mich stürzte und auf dieser landete.
Als ich registrierte wer es war, blickte ich erschrocken in das Gesicht meines Verfolgers. Es war Hawks.

"Stalkst du mich?!", fragte ich erschrocken, immernoch rittlings auf ihm sitzend.

Hawks hielt sich seinen Hinterkopf und verzerrte leicht sein Gesicht. So wie er gefallen war, wunderte es mich nicht, dass der Sturz wehtat.
"Nee.. Du hast über die Feder gestrichen. Die funktionieren wie ein Navi.. Auaaa..", erklärte er mir und stützte sich nun auf seinen Armen ab, und war mir so ein Stückchen näher gekommen, "Du hast hier ja ein nettes Plätzchen. Darf ich dir Gesellschaft leisten?"

Dass er mich durch seine Feder gefunden hatte, verwirrte mich so sehr, dass ich ihn zunächst ungläubig anstarrte. Dann registrierte ich erst, dass ich immernoch auf seinem Schoß saß, was mich nur wieder erröten und schnell aufstehen ließ.

"N-natürlich darfst du..", stotterte ich und half ihm auf. Hawks grinste mich wieder an und folgte mir zu Stamm des Baumes.
"Und was hat dich heute bedrückt?", fragte er leise, nahm meine Hand und zog mich zu sich in die Arme. Seine großen roten Flügel ließ er ebenso um uns ruhen. Überrascht von seiner plötzlichen Geste, war ich im nächsten Moment wieder so beruhigt, dass ich ihm meine Sorge anvertrauen konnte.

"Warum hast du denn nicht einfach gesagt, dass ich dir die Feder geschenkt habe? Ist doch egal ob sie's glauben oder nicht.", schmunzelte er leise. Ich klammerte mich nur noch fester an ihn und auch der Druck seiner Arme verstärkte sich.

"Sie würden mir eh nicht glauben.. Sie sagte es würde merkwürdig sein, mich mit dir zu sehen.. Weil.. Weil ich eben so aussehe..", erklärte ich ihm seufzend und wollte mich gerade von der Umarmung lösen, als er mich sanft an meinen Kinn fasste und ich so gezwungen war ihm in die Augen zu sehen.

"Was hab ich gestern noch gesagt, Hana-chan? Du bist schön. Lass dir nichts anderes einreden.", sagte er leise, schon fast hauchend und näherte sich meinem Gesicht noch mehr. Er wollte doch nicht etwa-..?

Kurz dachte ich, ich hätte ein Blackout. Doch dann bemerkte ich, dass er mir einen sanften Kuss auf meinen Wangenknochen gab. Ich fasste mir so leicht an diese Stelle meines Gesichtes, als wenn diese jeden Moment zerbrechen könnte. Ungläubig sah ich den Wing Hero an, welcher meinen Blick grinsend erwiderte.

"Ich mag dich, Hana-chan. Lass mich dich weiter kennenlernen..", hauchte er mir dann gegen meine Stirn und verblieb dort eine Weile mit seinen Lippen.

Ich dachte ich würde das alles nur träumen, doch es passierte wirklich.

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