Kapitel 11

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Scarlett Harrington lief die Straße entlang auf dem Weg nachhause. Es war später Nachmittag und langsam wurde es dunkel weshalb die junge Frau zügig nachhause wollte. Als sie um die Ecke in die Moordale Avenue einbog hatte sie ein mulmiges Gefühl. Es war zwar eine gute Gegend aber im Dunkeln lief sie trotzdem nicht gerne alleine hier rum. Da es ein Muggelort war versuchte sie sich immer so gut es ging wie ein Muggel zu verhalten und so oft es funktionierte Magie außerhalb ihrer eigenen Wohnung zu vermeiden. Für ihre Nachbarn war sie einfach eine junge alleinstehende Frau, die Ärztin war und deshalb kaum zuhause war. Bis auf ihre direkten Nachbarn kannte sie niemanden und näher als zu einem netten Plausch war sie, bis auf eine Ausnahme, nie gekommen. Früher hatte sie immer auf Kinder von den Benetts aufgepasst. Mr. und Mrs. Benett war ein nettes Ehepaar mittleren Alters mit zwei Kindern, Clara und Victoria, die in einem schönen Klinkerhaus mit einem großen Garten direkt nebenan wohnten.
Unter Scarlett wohnte eine ältere Frau, Mrs. Saunders, verwitwet und anscheinend war ihr Leben so langweilig, dass sie immer Tratsch über jeden Nachbarn verbreiten musste. Gerade Scarlett war für sie ein gefundenes Fressen. Ende 20, mehrmals geschieden, keine Kinder und noch dazu die ganzen verschiedenen Männer, die bei ihr aus- und eingegangen waren. Scarlett war sich sogar ziemlich sicher, dass diese Frau sogar ein Protokoll darüber führte wann sie das Haus verließ und wann sie wieder kam, weil sie wohl seit dem Tod ihres Mannes an chronischer Langeweile litt oder sie war einfach nur einsam. Es würde wohl ein gefundenes Fressen für sie sein wenn sie mitbekam, dass die junge Frau schwanger war und sie konnte sich schon vorstellen, dass sie diesen Tratsch der gesamten Straße erzählen würde.

Severus war in einen kleinen Park, unmittelbar in der Nähe von Scarletts Adresse, appariert. Er sah sich um ob ihn jemand beobachtet hatte und ging schnellen Schrittes auf die Straße hinzu. Er war fest entschlossen, dass er Scarlett alles gestand und sich entschuldigen würde. Auch wenn schon wieder ein Kampf in seinem Inneren tobte, versuchte er es so gut wie es ging zu ignorieren. Er hatte es jetzt schon bis hier hin geschafft und würde jetzt nicht so kurz vor seinem Ziel aufgeben. Severus bog in die Moordale Avenue ein und machte sich auf die Suche nach Hausnummer 25. Er dachte sich, dass sie in einer sehr gepflegten Gegend lebte und konnte sich denken, dass hier überwiegend Muggel lebten. Es reihte sich ein Haus an das andere und jeder Vorgarten war perfekt gepflegt. Innerlich befriedigte ihn diese Perfektion. Er liebte es auch wenn seine Miene wie immer keine Emotionen zeigte.
Vor Hausnummer fünfundzwanzig blieb er stehen und schaute sich nochmals um ob ihn jemand sehen konnte. Als er sich sicher war, dass ihn niemand beobachtete zog er seinen Zauberstab aus dem schwarzen Umhang hervor und murmelte ein leises: „Alohomora."
Die Tür ging auf und er ließ seinen Zauberstab wieder in seinem Umhang verschwinden während er das Treppenhaus betrat, es roch noch Reinigungsmittel. Gerade als Severus die Treppe nach oben gehen wollte, öffnete sich rechts von ihm eine Wohnungstür und eine ältere Frau trat in den Türrahmen. Er blickte in ihre Richtung und sah ihren merkwürdigen Blick.
„Kann ich Ihnen helfen, Sir?", fragte Mrs. Saunders und betrachtete, den völlig in schwarzgekleideten schwarzhaarigen Mann. Sie beäugte ihn kritisch weil er ihr komisch vorkam. In einem komischen komplett schwarzen Umhang und mit fettigen schwarzen Haaren.
Severus hob eine Augenbraue an und meinte dann spöttisch: „Ich wüsste nicht was sie das angeht?!"
Diese wenigen Sekunden und paar Wörter hatten für Snape gereicht um zu wissen, dass er diese Frau nicht mochte und sich fragte wie Scarlett es mit ihr als Nachbarin aushielt. Er vermutete, dass es eine von dieser Sorte Menschen war, die ihre Nase immer in die Angelegenheiten von anderen Leuten stecken musste.
„Ich wohne in diesem Haus und bin ja wohl dazu berechtigt zu wissen was jemand Fremdes hier möchte", sagte sie entrüstet über Snapes Unfreundlichkeit und fuhr fort: „Außerdem sehen Sie aus als ob sie etwas suchen."
Severus schnaubte verächtlich und meinte dann genervt: „Ich möchte nur zur Miss Harrington. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen."
Mit den Worten drehte er sich um und wollte die Treppe weiter hinauf gehen. „Da werden Sie kein Glück haben. Miss Harrington ist nicht zuhause, wird aber in den nächsten 30 Minuten zurück kommen. Sie kommt immer wieder bevor es dunkel wird", sagte die alte Frau und Severus drehte sich erneut zu ihr. Sie wusste ja sehr gut über das Verhalten von Scarlett Bescheid. Als er nichts sagte und sie nur anschaute, fügte sie noch hinzu: „Aber Miss Harrington ist ja immer sehr beschäftigt als Ärztin und mit ihrem Job verheiratet. Kein Wunder, dass bei ihr andauernd neue Männer ein-und ausgehen. Möchten Sie vielleicht reinkommen und ein Tässchen Tee trinken während sie warten?"
Severus sah sie an und zog erneut seine Augenbraue hoch: „Andauernd neue Männer fragte er?"
Mrs. Saunders nickte eifrig und antwortete: „So gut wie jedes Wochenende seit ihrer zweiten Scheidung. Immer neue Männer, schrecklich nicht? Dabei ist Miss Harrington so eine nette und hübsche Frau..."

Mrs. Saunders redete weiter, doch Severus hörte ihr nicht weiter zu. In seinem Kopf hatte sich eingebrannt, dass viele Männer in ihrem Leben waren und es schmerzte ihn. Zudem war er enttäuscht, wütend und unendlich traurig. Er hätte niemals gedacht, dass Scarlett so war. Gleichzeitig redete er sich ein wie er so dumm sein konnte. Es war doch klar gewesen, dass diese Frau jeden haben konnte und es sichtlich genoss wie leicht sie Männer um die Finger wickeln konnte.

„Sir?", waren die Worte, die Severus wieder in die Realität zurückholten. „Wollen Sie reinkommen und bei einem Tässchen Tee warten?", fragte die alte Dame erneut. Severus schüttelte geistesabwesend den Kopf und blickte ins Leere.
„Soll ich Miss Harrington etwas ausrichten?", fragte die Frau freundlich. Wieder schüttelte der Tränkemeister den Kopf. Er wollte einfach nur weg von hier, bevor Scarlett wieder kam. Er ging die zwei Treppenstufen wieder hinab und meinte dann trocken: „Ich muss jetzt los."
Die Frau sah ihn überrascht an und fragte dann: „Wie ist eigentlich ihr Name?"
„Snape. Professor Snape", sagte der Schwarzhaarige abwesend und verschwand einfach ohne ein weiteres Wort durch die Tür nach draußen.
Severus trat in die kühle Abendluft und war froh nicht noch weiter in Gesellschaft der älteren Dame zu verbringen. Er trat auf die Straße und sah aus dem Augenwinkel eine rothaarige Frau die Straße hochkommen. Scarlett. Er erkannte sie und drehte sich so schnell es ging von ihr weg und ging schnellen Schrittes die Straße bis zur Kreuzung entlang und verschwand um eine Ecke.

Nachdem Scarlett in die Straße eingebogen war und ein Stückchen hoch gelaufen war, erblickte sie in der Ferne einen Mann mit schwarzen Haaren und schwarzen Klamotten. Im ersten Moment musste sie an Severus Snape denken, doch sie verwarf den Gedanken direkt wieder. Warum sollte Severus Snape hier auftauchen? Sie musste es sich einbilden. Wahrscheinlich spielte ihr ihre Fantasie einen Streich. Sie sah noch wie der Mann in Richtung der Kreuzung am anderen Ende der Straße ging.
Kurz nachdem sie die Haustür aufgeschlossen hatte, erblickte sie auch schon Mrs. Saunders.
„Guten Abend. Mrs. Saunders", sagte die Rothaarige und hoffte, dass sie die alte Frau nicht mal wieder in ein Gespräch zu verwickeln versuchte.
„Guten Abend, Miss Harrington", sagte diese und lächelte: „In ihrer Abwesenheit wollte jemand zu ihnen."
„Wer?", fragte Scarlett neugierig und hoffte, dass es nicht Logan war.
„Ein gewisser Professor Snape. Komischer Mann...", sagte sie und Scarlett unterbrach die Frau: „Snape? Enrschuldigen Sie mich, ich muss noch mal weg."
Scarlett betrat eilig die Straße und blickte in die Richtung der Kreuzung. Sie fing an zu rennen und rief: „Professor Snape?"
Sie hatte die Hoffnung, dass er sich noch in der Nähe befand. Sie hatte ihn schließlich erst vor wenigen Minuten gesehen. Also hatte sie doch richtig geschaut. Der Mann auf der Straße war Severus Snape.
Völlig außer Atem bog sie um die Ecke und bleib dann schnaufend stehen. Von Severus Snape war weit und breit nichts mehr zu sehen. Scarlett war völlig außer Atem und blieb einige Minuten stehen. Sie verstand nicht warum er nicht auf sie gewartet hatte. Enttäuscht machte sie sich auf den Rückweg durch die Straße zu ihrer Wohnung.

Severus war zur Appariergrenze von Hogwarts apparriert und lief im dunkeln zum Schloss hoch. Seine Gefühle waren unbeschreiblich. Er fühlte sich tief verletzt und gleichzeitig ertrug er den Gedanken nicht, dass er nur einer von vielen war. Er wollte nicht nur einer von vielen sein und gleichzeitig meldeten sich seine negativen Gedanken wieder. Er hatte es sowieso nicht anders verdient. Es war sein Schicksal, dass Frauen ihn immer verletzten und er nie sein Glück fand. Damit würde er sich anfreunden müssen. Er hatte sich schon sein ganzes Leben damit abfinden müssen, dass ihm seine Mitmenschen, ja sogar seine eigene Familie, ihm weh tat. Er lief so schnell es ging ins Schloss und in seine Privaträume, wo er sich aufs Bett sinken ließ und die Decke anstarrte.
Es schmerzte ihn wirklich sehr und doch wusste er, dass er loslassen musste.
Doch er konnte nicht.

Hedera HelixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt