Nach einem langen und vor allem anstrengenden ersten Tag der Kennlernfahrt wünsche ich mir nichts sehnlicher, als in mein Bett zu fallen und direkt in das Land der Träume zu fliegen.
Ich bin müde, gereizt und irgendwie auch hungrig - keine besonders gute Kombination.
„Rayla?"
Nein, das kann nicht sein!
Wieso muss immer ausgerechnet Trace derjenige sein, der mich anspricht? In diesem Moment wäre mir selbst ein Gespräch mit Julie, das vermutlich nur über ihren ach so tollen Justin Bieber handeln würde, lieber. Trace habe ich in den letzten Stunden oft genug gesehen.
„Was machst du noch so spät hier draußen?" Ohne mich nach meiner Zustimmung zu fragen, stellt sich der Blondschopf neben mich auf die Aussichtsplattform. Wie schon heute Mittag verliert sich sein Blick auch dieses Mal sehnsüchtig in der Ferne.
„In unserem Zimmer findet gerade eine Justin Bieber Party statt", antworte ich genervt.
Tatsächlich hat sich das ganze Schwimmteam in unserem Zimmer versammelt, um Alkohol zu trinken und dämliche Partyspiele zu spielen. Anstatt dabei wenigstens normale Musik zu hören, hat sich Julie mit ihrem kanadischen Idol durchgesetzt.
Selbst Clarissa und Tory machen bei diesem Affenzirkus mit. Dass ich einfach nur müde bin und schlafen möchte, interessiert niemanden.
„Was ist denn so schlimm an Justin Bieber?", hakt Trace schmunzelnd nach. „Ich dachte, ihr Mädchen findet den alle so toll."
„Ich bin aber nicht alle", erwidere ich sofort.
Daraufhin tritt unangenehmes Schweigen zwischen uns ein. Zwar starren wir beide auf die beleuchtete Stadt unter uns hinab, aber irgendwie ist die Stimmung dennoch gedrückt.
Um das zu ändern, hake ich halbwegs neugierig nach: „Wie war dein Großvater eigentlich so?"
Dass meine Frage merkwürdig klingt, realisiere ich erst, als mich Trace mit gefurchter Stirn anschaut.
„Du meintest ja, dass du damals öfter mit ihm hier warst", erkläre ich mich schnell. „Ich selber hatte zum Beispiel nie Großeltern. Deshalb frage ich."
„Du hattest nie Großeltern?", wiederholt Trace ungläubig.
„Nein. Die Eltern meiner Mutter sind früh an einer Genkrankheit gestorben und die Eltern meines Vaters bei einem Flugzeugabsturz", antworte ich.
„Das tut mir leid, Rayla."
„Muss es nicht!", winke ich direkt ab. „Ich kenne es ja gar nicht anders."
Zwar wäre es sicherlich schön gewesen, mit Großeltern aufzuwachsen - alleine schon wegen der ganzen Süßigkeiten - aber ich habe nicht das Gefühl, als wären meine Kindheit und mein restliches Leben deshalb eingeschränkt gewesen.
„Mein Opa war ein sehr lebensfroher Mann", beginnt Trace schließlich zu erzählen. „Er ist immer viel und gerne gereist. Ich habe ihn stets für seine Abenteuerlustigkeit bewundert." Während der Lockenkopf spricht, funkeln seine Augen sehnsüchtig.
„Ich habe es geliebt, wenn mich mein Großvater zum Zelten oder Angeln mitgenommen hat. Meistens haben wir dann abends ein Lagerfeuer gemacht, an dem er mir schaurige Gruselgeschichten erzählt hat. Einmal habe ich mir deswegen sogar nachts in die Hose gemacht."
Wir müssen beide lachen.
Die Vorstellung von einem verängstigten Trace, der sich vor lauter Panik in die Hose pinkelt, ist einfach zu amüsant.
„In seinen letzten Lebjahren sind wir häufig hierhergekommen. Deshalb bedeutet mir dieser Ort auch so viel."
Trace hebt seinen Blick und schaut mich an. Sein Ausdruck ist dabei so intensiv, dass mir eine Gänsehaut über das Rückgrat kriecht.
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Fries before guys
HumorRayla Carter lebt nach dem Motto „Fries before guys". Als dann aber plötzlich ihr neuer Schwimmtrainer Trace Wilson auftaucht, gerät ihr Lebensmotto ins Wanken. Auf einmal ist sich Rayla nämlich nicht mehr sicher, was heißer ist - knusprige Fritten...