001 - Freiheit

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"Also."
Er zog das O in die Länge als wäre es ein Maß and und er müsste damit unseren emotionalen Abstand messen. Ich lächelte der dunklen Tischplatte entgegen.
"Du hast jetzt einen Sohn."
Ich sah auf. "Hm? Achso, ja, Freddie." Ein kleines Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. "Er wird bald 4." Harry nickte und drehte das Glas zwischen seinen Händen. Mein Blick blieb immer wieder an seinen Ringen hängen. Sie machten seine Finger wunderschön.
Ich räusperte mich. "Ich dachte nicht, dass du mich nach ihm fragen würdest."
Harry lehnte sich zurück, aber er sah nicht weniger gestresst aus als zuvor. Harry Styles unentspannt. Ein Anblick, den ich nicht vermisst hatte. Jede Faser in mir wollte ihn glücklich sehen, ungehalten und fröhlich. Aber ich konnte die Situation nicht entschärfen. Ich konnte seine Gedanken nicht mehr lesen. Und das tat fast am meisten weh.

"Ich meine, ich habe natürlich von ihm erfahren, damals." Er zog die Nase hoch und strich mit dem Handrücken daran vorbei. "Ich wollte nur..."
Er nahm einen Schluck, als das Ende des Satzes in der Luft verdunstete. Die Hitze staute sich hier drin, und irgendwie schien sie von ihm auszugehen. Ich wagte einen Blick zu seinen Tattoos. Die Hälfte davon hatte ich mit ihm zusammen ausgesucht. Oder ich war wenigstens dabei gewesen, hatte seine Haut heilen gesehen. Jetzt tat es weh, nicht zu wissen, wo er die restlichen her hatte.

"Ja.", griff ich dann endlich seinen halben Satz auf. "Ist irgendwie schwer ein Gesprächsthema zu finden, wenn man sich dauernd im Internet begegnet." Harry schnaubte zustimmend und wir lächelte uns an. Für eine Sekunde fühlte ich mich nicht mehr so verkrampft. Ich lachte mit Harry zusammen, und er sah mich mit diesem Blick an, den ich in allen anderen Menschen gesucht hatte, mit denen ich in der Zwischenzeit Beziehungen aller Art geführt hatte.

"Ich habe mir deine Musik angehört.", lächelte ich dann. Er zog eine Augenbraue hoch. "Wirklich?"
Ich entschied mich für einen Witz als Antwort. "Naja, ich hatte nicht wirklich eine andere Wahl. In jedem zweiten Interview wurde ich danach gefragt. Sweet Creature, Two Ghosts, Adore You, ..." Harry lachte ein wenig und ich fühlte mich auf eine wohlig warme Weise befriedigt. Also lachte ich mit. "Nein, ernsthaft. Ich weiß, was du da singst, also..." Ich räusperte mich erneut. Meine Augen fingen eine Momentaufnahme ein, hinter Harry, durch die Glasfront, auf die andere Seite der Straße. "Paparazzi auf 12 Uhr.", informierte ich ihn und senkte den Kopf.
"Sollen wir nach oben gehen?"
"Besser wärs."

Harry zog mich mit seinem Blick mit sich, aus der kleinen Lounge zu den Aufzügen, in den 7. Stock, zu seinem Hotelzimmer. Es war kleiner als ich vermutet hatte. Erst nach einigen Augenblicken fiel mir wieder ein, dass er dieses Zimmer extra für unser Treffen gebucht hatte. Er wohnte jetzt ja hier, in LA.
Es wäre zu riskant gewesen, hätte man mich in seiner Auffahrt gesehen. Außerdem hatte dieses Herumschleichen in Hotelzimmern etwas nostalgisches. Es erinnerte mich an unsere erste Zeit als Paar, als wir noch Kinder waren und noch nicht an die Kraft von Verträgen und Managements glaubten. Als wir noch nicht darunter zerbrochen sind.

Harry lehnte sich gegen die Glasfront links von mir. Ihr gegenüber stand ein riesiges Bett, der Bezug wie die Wände und Decke in verschiedenen Blautönen gehalten. Kurz überflog mein Blick die Aussicht, die Skyline von LA, dann musterte ich Harry.
"Ich liebe deinen Style, habe ich dir das schon gesagt?", platze ich dann heraus. Harry grinste mich an. "Noch nicht, nein." Er kam zu mir und zog mir die Adidas Cap vom Kopf. "Ein bisschen weniger davon, und ich könnte das erwidern." Ich zog eine Schnute und fuhr durch meine Haare, noch ein wenig feucht von der Dusche.
"Ich bin der sportliche Typ, Harry." Sein Name auf meiner Zunge. Ein Schauer über meinem Rücken.
"Mhm. Aber du bist schöner, wenn man dein Gesicht sieht." Er legte den Kopf ein wenig schief.

Wir sahen uns eine Weile einfach still an, und ich fragte mich, ob unsere Herzschläge sich gerade auf ein Tempo einigten, und ob seine Ausstrahlung wirklich so warm und einladened war, wie ich zu fühlen glaubte, und ob sein Blick wirklich so viel Liebe trug, wie ich zu hoffen wagte. Es war so lange her, dass ich im Bezug auf Harry von Liebe sprechen konnte. Wir hatten uns so oft getrennt, bis wir es nicht mehr ausgehalten hatten. Bis es unsere Beziehung nicht mehr ausgehalten hatte. Und jetzt, wo wir nur noch Stunden davon entfernt waren, aus den Griffen unseres alten Vertrages befreit zu werden, hielt ich es kaum noch aus. Ich wollte herausfinden, ob er auch immer noch an mich dachte. Oder ob da noch... etwas war. Dieser eine Funke, der immer und immer wieder übergesprungen war, egal, wo wir im Leben standen. Egal, ob wir unsere Beziehung erneut anfing, oder wir völlig ohne Sinn in einem Hotelzimmer landeten und so lange Sex hatten, bis wir uns nicht mehr vermissten.

Larry Oneshots (Vol.2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt