005 -George's house of boy's love 3

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Wenn Liam und ich von der Schule nach Hause liefen gab es normalerweise genau drei Gesprächsthemen. An diesem Tag startete Liam kein einziges davon.

Seit einigen Tagen schwiegen wir uns an. Ich, weil mein Herz gebrochen war, und Liam, weil er nicht wusste, wie er an mich heran kommen sollte. Anfangs hatte es mir nichts ausgemacht, Liam anzuschweigen, aber so langsam fühlte ich mich schuldig. Er hatte mir nichts getan, und er war mein bester Freund. Auch wenn ich ihm das noch nie gesagt hatte.

Noch ein Punkt auf der Liste an Dingen, die ich Liam nicht erzählt hatte.

Hier ein Ausschnitt:

- Mein Beruf

- Meine Familiensituation

- Meine Sexualität

- Der Grund für mein Schweigen

- Dass er mein bester Freund war

Die Liste schien immer länger zu werden. Und nach drei Tagen des Schweigens, beschloss ich endlich, wenigstens ein paar Punkte davon abzuhaken.

"Hey, ähm..." Ich hielt ihn mit meinem Arm vor seiner Brust auf. Er stoppte seine Schritte und sah zu mir. Ich seufzte. "Danke, dass du mit mir nach Hause läufst. Ich meine, ich... ich habe dich ziemlich scheiße behandelt in den letzten Tagen, aber du..." Mein Satz verteilte sich in der Luft und blieb unvollendet. Liam sah erst verwirrt aus, bis sich schließlich ein Grinsen auf sein Gesicht zog. Ich verzog mein Gesicht und boxte ihm gegen den Arm. "Halt die Klappe.", murmelte ich, mein eigenes Grinsen versteckend. Liam warf seinen Arm über meine Schultern und drückte mich ein Stück an sich, während wir uns wieder in Bewegung setzten.
"Das war ja mal herzzerreißend putzig!", kommentierte er, und diesmal rammte ich ihm meinen Ellbogen in seine Rippen. Er machte ein leises "Uff"- Geräusch, aber es war absichtlich nicht stark genug gewesen, um ihn ernsthaft zu verletzen.

"Und du kannst dich beruhigen, es ist schon vergeben und vergessen!" Ich wollte bereits dankbar antworten, als Liam abrupt stehen blieb und sich vor mich schwang. "Wenn du mir erklärst, was zur Hölle los ist! Ich kann nicht mehr mit ansehen wie du in der Schule in deinen Stuhl sinkst als hättest du keinen Hals mehr." Ich sah ihn an, abwägend. Er wusste, dass ich überlegte und verbrannte sein dämliches Grinsen. So ernst hatte ich ihn selten erlebt. "Ich will dir helfen. Oder wenigstens zuhören, wenn das alles ist, was ich tun kann." Ich seufzte. "Es ist so kompliziert..."

Liam zuckte mit den Schultern und ging einige Schritte rückwärts, bis auch ich mich wieder in Bewegung setzte und er sich wieder neben mich einreihte. Mein Kopf drehte sich einige Sekunden lang, als ich versuchte eine Halbwahrheit zusammenzubauen, die meine Lage gut erklärte. Liam ging in stiller Erwartung neben mir her. Als ich meine Geschichte zusammengebaut hatte, fing ich zögernd an.
"Ich... also... zuerst einmal... ich bin schwul." Liam runzelte seine Stirn, aber gab sonst keine Antwort. Ich  gab mir keine Zeit, um in diese Reaktion etwas reinzuinterpretieren und sprach direkt weiter.
"Vor ein paar Wochen habe ich diese... Typen kennengelernt. In der Arbeit. Er war so nett und... witzig... ich weiß nicht. Anders als die anderen Kunden, die ich sonst hatte. Und es sah so aus als würde er mich mögen.
Er ist jeden Dienstag vorbeigekommen, sodass er, ähm, nach Schichtende noch mit mir reden konnte. Wir haben für gefühlte Stunden geredet. Und irgendwann sind wir eben... haben wir... also, ich habe mit ihm geschlafen. Ähm, ein paar Mal.
Aber dann vor vier Wochen hat er herausgefunden, dass ich eben noch 17 war, und er ist... älter. Und danach ist er nicht mehr aufgetaucht. Und nachdem ich letzte Woche Montag 18 wurde..."

"... hast du gehofft, dass er wieder auftauchen würde." , vervollständigte Liam und nickte ein paar Mal zu sich selbst. Ich schluckte. "Ja. Ich habe den ganzen Dienstag darauf gewartet, und bin sogar länger geblieben, aber..." Ich seufzte. Wir gingen ein paar Schritte in Stille. Ich achtete auf den Rythmus, auf das Kratzen unserer Schuhsohlen auf dem Asphalt. Ich spielte mit meinem Schlüssel in meiner Jackentasche. Mein Rucksack drückte mich in den Boden.

Larry Oneshots (Vol.2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt