INFILTRATION

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Nach drei Tagen des Erkundens war er sich nun sicher, dass er Erfolg haben würde. Er kannte die Wachen. Er kannte den Wachwechsel. Es gab keine Lücken und keine Schwachstellen. Eas das Ganze etwas verkomplizierte und wohl hieß, dass es nicht ohne Tote gehen würde aber das war kein Hindernis. Eher ein Bonus. Grinsend trat er an die Mauer und begann von Vorfreude getrieben zu klettern. Der Wall war grob gemauert und bot viele Möglichkeiten für Hände und Füße, ihren Halt zu finden. Wie eine Echse stieg er die Mauer empor. Still und tödlich für die Garnison dieser Feste. Ihm war bewusst, dass niemand dort ihn würde aufhalten können. Nicht jetzt. Nicht zu dieser Zeit. Nicht an diesem Ort. Seine Hand griff zwischen die Zinnen. Er war angekommen und zog sich hinauf, wo ihn ein paar Meter weiter eine Wache entdeckte. Wenn der Soldat seine Kameraden rief, würde es auf der Mauer bald vor Kriegern wimmeln und jeder davon war gewillt, ihn mit seinem Speer zu durchbohren. Doch fünf Meter, vielleicht sechs in so kurzer Zeit zu überwinden, war selbst für ihn unmöglich. Alles was blieb, war laufen. Also sprang er von der Mauer und rollte sich auf einem Dach ab. Dem erschreckten Wiehern unter ihm nach zu urteilen wohl ein Pferdestall. Hinter sich hörte er die Wache das Horn blasen. Je schneller er hier verschwand, desto besser. Er sprang über die Straße unter ihm auf ein kleines Haus und von dort auf ein langes Gebäude, dass er schnell entlang lief. Samael ließ sich vom Dach fallen, doch noch während er sprang durchzuckte seine linke Schulter ein stechender Schmerz. Ein Bolzen hatte ihn getroffen und zu Boden gerissen, wo er unkontrolliert entlangrutschte und schließlich liegen blieb. Neben ihm steckte ein weiterer Bolzen im Pfeiler eines Hauses. Es waren also mehrere Schützen. Sieben, wenn er die Bolzen zählte, nein Acht. Er hatte den in seiner Schulter nicht bedacht. Das Geschoss in seiner Schulter schmerzte heftig und hinderte ihn am aufstehen. So lag er da nun verletzt im Dreck nur darauf wartend, dass diese Köter von Wachen ihn fanden und unter Arrest stellten. Darauf musste er auch gar nicht lange warten, er hatte sich gerade mal ein paar Meter weit geschleppt, da warf man ihn erneut zu Boden und legte ihn in Ketten.
Er wurde in die Hauptfeste geschleppt und von da an ging es abwärts in ein stinkendes Verließ, obwohl es dem Geschrei nach wohl eher ein Folterkeller war. Bis auf einen Lendenschurz entblößt wurde der Attentäter in eine der Zellen geworfen. Es stank furchtbar nach Schweiß, Urin und Schlimmerem. Aller Voraussicht nach würde er sich daran gewöhnen müssen. Samael wurde an den Armen festgekettet, blieb aber sitzen und grinste den Wächter an, wofür er sich prompt einen Hieb mit dem Panzerhandschuh einfing und Blut spucken musste. Danach ließ man ihn allein in der Dunkelheit zurück. Er gehörte wohl zu den wenigen Menschen,  die sich in einer solchen Situation annähernd wohl fühlten. Die Dunkelheit war ihm bekannt, doch die Ketten waren ziemlich nervig. Von der neuen Situation nahezu euphorisiert begann er krank zu lachen. Auch wenn er wusste, dass die nächsten Tage grausam werden würden lachte er immer lauter. Scheinbar war der Wächter davon sehr genervt, denn er kam zurück und prügelte solange auf Samael ein, bis dieser das Bewusstsein verlor.
Mit heftigen Schmerzen erwachte Samael ein paar Stunden später. Den Schwellungen nach zu urteilen vermutete er, dass es sich um Stunden handelte. Zwei mal in einer Woche bewusstlos geschlagen, das war fast schon lachhaft. Eine weitere, auf Grund fehlender Fenster schwer einzuschätzende Zeit später, kamen drei Soldaten in die Zelle gestapft. Einer der Krieger war seiner Rüstung nach zu urteilen ein recht hochrangiger Offizier oder mochte Gold einfach etwas zu sehr. «Aufstehen Ratte!» blaffte er den Attentäter an und die beiden anderen Soldaten zogen ihn sogleich grob auf die Füße. «Wer schickt dich?» begann der Offizier die Befragung. Doch Samael grinste nur, was ihm einen gepanzerten Handschuh in der Magengrube einbrachte. «Noch einmal. Wer bezahlt dich?» Samael keuchte zwar noch vom vorherigen Schlag, doch grinste er wieder nur, wofür er einen Schlag mit der Rückhand des selben Handschuhs bekam und Blut spucken musste. »Ich frage nur noch dieses eine Mal! Welcher Mann ist so feige, dass er einen Meuchelmörder in seine Dienste nimmt?« Speicheltropfen flogen Samael ins Gesicht. »Wir wissen beide, dass ich Euch das nicht erzählen werde, ganz egal wie lange ihr mich foltern wollt...Es wäre verschwendete Zeit.«  grinste er dem Wachmann ins Gesicht, worauf ein Kinnhaken folgte. »Damit unterzeichnest du deine Hinrichtung. Genieß deinen letzten Tag auf Erden in diesem Drecksloch.« Lachend verließen die Soldaten die Zelle wieder. Es wurde Zeit für eine Eingebung, um sich aus dieser misslichen Lage zu befreien, denn eine Enthauptung gehörte dann doch zu den eher unangenehmen Seiten des Lebens.
Am nächsten Morgen zerrte man ihn aus seiner Zelle und schleifte ihn auf einen großen Platz. Wie Samael nun feststellte, war es kurz nach Sonnenaufgang. Das war viel zu früh, um den Kopf zu verlieren. Man trieb ihn mit einigen anderen Gefangen zusammen. Na toll, eine Gemeinschaftsaktion. Nicht mal in Ruhe exekutiert werden, war noch möglich. Galgenhumor war definitiv nicht seine Stärke, stattdessen ließ ihn diese Erkenntnis resigniert seufzen. Der erste von ihnen wurde vor gestoßen und das Beil des Henkers glitzerte in tödlicher Vorfreude.

SAMAELWo Geschichten leben. Entdecke jetzt