FEUER

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Den Spieß in Kampfhaltung näherte sich der Soldat Samael, der in lockerer Verteidigungshaltung vor ihm stand. Der Hüne stieß ruckartig zu und Samael rollte zur Seite. Der Speer hatte eine Solche Wucht, dass er dem tödlichen Stahl nur um haaresbreite entging. Sofort sprang er wieder auf die Füße und stach seinerseits zu. Stahl traf auf Stahl und schon splitterte der Schaft seines Speers und die Spitze fiel klirrend zu Boden. Sein Gegner wirbelte herum und traf ihn seitlich mit dem Speer, wobei er so viel Kraft aufwendete, dass Samael von den Füßen gehoben und einige Meter weit geschleudert wurde. Er rollte sich sofort wieder auf die Füße doch war noch etwas benommen. Der Attentäter sprang der Rüstung erneut entgegen, wehrte zwei Speerattacken mit seinem zum Kampfstock gewordenen Speer ab und rutschte schließlich zwischen den Beinen des Kriegers entlang und griff sich dabei die auf dem Boden liegende Speerspitze. Er warf den Stab beiseite, hielt die Speerspitze mit der Klinge nach unten und sprang dem Soldaten auf den Rücken, packte ihn an den Haaren, riss seinen Kopf nach hinten und Stach mit der Speerspitze frontal in die Kehle des Mannes. Dann zog er den Stahl aus der Wunde und stach den improvisierten Dolch seitlich in den Hals des Sterbenden. Ein Schwall von Blut ergoss sich aus der Halsschlagader des Soldaten und lief über dessen Rüstung. Samael ließ sich vom Rücken seines Gegners fallen und sah kurz zu, wie dieser nach vorne umkippte. Mit einem klirrenden Laut traf der Stahl der Rüstung den Pflasterstein des Bodens. Der Attentäter ging zum Henker hinüber und zug sich dessen Kutte an. Der Henker war ein recht großer Mann gewesen also passte seine Kleidung Samael recht gut und war nur etwas zu kurz, der Kragen war mit Blut verklebt. Er ging zu zwei der toten Soldaten, nahm die Dolche von ihren Gürteln und ging den Kommandanten suchen, der von seiner Leibgarde bereits evakuiert worden war. Der Attentäter schloss sich im Chaos der fliehenden Menge an. Es wurde geschubst, getreten und ging allgemein recht rüpelhaft zu, während keiner der Flüchtenden bemerkte, dass der Grund für dieses Drängen längst ein Teil von ihnen war. Samael ließ sich schon bald in eine der vielen Gassen gleiten und verschwand aus der Menge, die ebenfalls damit begann sich aufzulösen. Während die Bürger also zu ihren Häusern liefen hielt er auf die Residenz des Kommandanten zu. In Henkerskluft würde er dem Kommandanten wohl kaum nah genug kommen, in Soldatenuniform allerdings schon. Durch die Gassen näherte er sich dem eindrucksvollen Gebäude, jede noch so kleine Gasse wurde an ihrem Ausgang bewacht, wenn sie zur Residenz führte. Diese Soldaten waren wesentlich besser trainiert als die bei der Hinrichtung und trugen soweit er das sehen konnte allesamt Plattenpanzer. Immer zu zweit und stündlich rotierend um eine Ermüdung der Augen zu verhindern waren nach Samaels Zählung 32 Soldaten für den äußeren Verteidigungsring abkommandiert worden. Die Wachen verhinderten, dass die Menge auf den Platz vor der Residenz oder gar in das Gebäude gelangen konnten und waren dabei ziemlich effektiv denn die Menge begann bereits sich aufzulösen. Samaels Plan zur Beschaffung einer Rüstung war an sich recht simpel, er barg zwar einige Risiken aber die musste er wohl eingehen. Er trat die Tür des Hauses zu seiner Linken ein, deren schlecht gearbeitetes Schloss sofort nachgab. Der Attentäter ließ sich in das Haus gleiten und fand dort einen großen Wohnraum mit schäbiger Küche sowie zwei kleinere Räume, von denen sich einer als Vorratskammer herausstellte und der andere als Abort. Das Dach war mit Stroh gedeckt, was dem Feuerteufel ein Grinsen ins Gesicht zauberte. Er griff nach einem Kerzenstumpf, zündete ihn an und hielt ihn an das durch die Dürre des Sommers mehr als trockene Stroh. Das Feuer breitete sich sofort aus, verschlang das Dach des Hauses und würde sich wohl auch auf benachbarte Häuser ausbreiten. Kollateralschäden. Hinter Samael fiel ein brennender Dachbalken zu Boden und breitete das Feuer auch im Haus aus, während Samael zu lachen begann. Die Wachen am Ende der Gasse mussten das Feuer bemerkt haben und würden herbei eilen. Sie würden nur zu zweit sein, da die restlichen Soldaten ihre Posten natürlich nicht verlassen konnten. Samael sprang mit bereits schwelender Kleidung aus dem Haus, die Soldaten bogen im selben Moment um die Ecke. Ohne zu bremsen stürmte der Attentäter von Rauschschwaden gefolgt auf die Beiden zu, mit einem diabolischen Grinsen auf den Lippen riss er den Ersten zu Boden, während der zweite noch immer geschockt daneben stand. Schnell zog er dem Mann unter ihm den Dolch über die Kehle, während das Blut den sterbenden Körper verlies griff Samael sich den Speer neben ihm, drehte sich einmal um sich selbst und stieß dem gerade aus dem Schock erwachten Kameraden den Spieß durch den Kopf. Während das Blut den Speer hinunter lief ließ Samael los, begann dem Soldaten zu seinen Füßen die Rüstung abzulegen und sich diese selbst anzulegen, bevor er sich den vollständig entkleideten Körper über die Schulter hob, auf das brennende Haus zu ging und ihn den Flammen übergab. Der Attentäter lief in der Uniform seines Feindes schnell in Richtung der Residenz des Kommandanten um die möglichen Verstärkungstruppen abzufangen. Er rannte auf den Platz hinaus und zu dem schweren Fallgitter, als ihm aus einer der beiden vorgelagerten Kasernen ein 15 Mann starker Trupp entgegen kam. Mit panischem Gesichtsausdruck stolperte Samael dem Truppführer emtgegen, nur um von einem schroffen «HALT!» empfangen zu werden. Samael blieb schwer atmend stehen und deutete dann in die Richtung, aus der er gekommen war und in der sich bereits eine schwarze Rauchsäule erhob. «Brandstiftung.» War alles was er zu dem Mann vor ihm sagte, bevor er zur Seite umkippte und dort liegen blieb. Der Befehlshaber kümmerte sich nicht weiter um den Gestürzten und setzte den Trupp im Laufschritt in Bewegung. Nachdem die Soldaten an ihm vorbeigezogen waren hievte Samael sich wieder hoch, schleppte sich zum Tor und trat auf das Gelände. Der Weg zur Residenz war breit genug, dass zwei Karren problemlos nebeneinander herfahren konnten und wurde von weitläufigen Grünflächen und Springbrunnen flankiert. Generell wirkte  alles dieseits des Fallgitters mehr wie der Wohnsitz eines Adeligen als wie ein Ort militärischer Entscheidungen.

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