Kapitel 1

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„Gut, ich gehe den Pakt mit dir ein!", höre ich mich selbst fast schon schreien. Das Wesen vor mir grinst nur und nun rennen alle übrigen Männer aus dem Raum, völlig überfordert mit dem, was gerade passiert. Weil wir jetzt die einzigen hier sind, löse ich meinen festen Griff von der Waffe, da ich nichts zu befürchten habe. Und selbst wenn mich dieser Teufel umbringen will, hilft mir eine Waffe so oder so nichts. Kann man einen Teufel überhaupt töten? Mit einer Pistole? Eher nicht... ein Messer? Unwahrscheinlich. Ich bleibe lieber ein bisschen auf Abstand und da ich mich eh kaum bewegen kann, sitze ich einfach in der Ecke und beobachte das Dunkel vor mir. Langsam überkommen mich meine verdrängten Schmerzen. Ah! Mein Gesicht fühlt sich so an, als hätte mich jemand mit einer Bowlingkugel getroffen. Der metallische Geschmack von Blut. Mit meinem linken Auge kann ich kaum sehen. Ist es zugeschwollen? Ohne Spiegel schwer zu sagen, aber das Pochen spricht für sich. Mein rechtes Bein brennt und in meinem Unterleib spüre ich stechende Schmerzen. Als ich nachschaue sehe ich überall Blut. Blut ohne Ende. Meine inneren Oberschenkel sind aufgescheuert. Allein die Luft brennt höllisch. Das Sitzen wird mit jedem weiteren Moment qualvoller und ich fange an zu weinen. So sehr, wie ich bis vor diesem Tag bestimmt noch nie geweint habe. Über mein Gesicht laufen Tränen und selbst mein Hals ist nass. Ich lasse meine ganzen Emotionen ungefiltert raus und verfluche diese gottverdammte Welt. „Alles ist Mist! Dieser ganze Scheiß, diese Mistkerle! Es gibt doch gar keinen Sinn im Leben! Ich hasse es! Was soll ich jetzt tun?! Ich-" Ich bin so erschöpft, dass ich immer müder werde, doch bevor ich ganz wegdrifte, erklingt eine Stimme: „Hey! Nicht ohnmächtig werden, sonst bin ich ganz um sonst hierher gekommen!". Ich erinnere mich an den beschworenen Teufel und dass der ja immer noch da ist. Es kostet mich alle Mühe, gegen die Ohnmacht anzukämpfen. Es scheint, als würde mich eine dunkle, starke Kraft in den Boden ziehen und ich drohe darin zu ertrinken. Ich stand' schon die ganze Zeit neben mir, aber dieses Gefühl macht mir tatsächlich Angst. Nun bin ich schon bis zum Hals in den Boden gezogen worden und ich kann mich nicht mehr bewegen. Mein Atem wird flacher, mit jeder Sekunde, die vergeht. Ich bin so müde und möchte am liebsten die Augen schließen und einfach einschlafen. Träumen. Seit langem mal wieder in Frieden schlafen. Ich habe Angst, es fühlt sich so an, als würde ich mich auflösen und ich will doch noch nicht sterben. Andererseits würde ich meiner Schwester wieder begegnen können und das wäre wirklich schön... Ach - Meine Schwester! Sie wäre sicherlich traurig darüber, dass ich ihren letzten Wunsch nicht mehr erfüllt habe. Wenn sie dann sauer ist und sich von mir fernhält, wäre ich da, wo man nach dem Tod halt hinkommt, bestimmt sehr allein. Allein. Wie immer. Für immer. Ich muss am Leben bleiben und ihrer Bitte nachkommen! Ich will sie stolz machen. Und ich muss noch denjenigen finden, der uns umbringen lassen wollte. An dem will ich mich für meine Schwester noch rächen! Sonst werde ich nie ruhigen Gewissens gehen können. Den anderen, die gerade weggerannt sind, muss ich dann aber auch noch meine Meinung sagen, die Leviten lesen. Die werden danach keinem weiteren Mädchen etwas antun können! Mit neu gefundener Kraft schaffe ich es, meine Augen offen zu halten und mich zu bewegen. Langsam kehre ich in meinen Körper zurück und meine Augen können wieder ein wenig schärfer sehen. Ich kann mich erst kaum orientieren und es dreht sich alles, aber als ich mich dann etwas aufrichte, erkenne ich wieder, wo was ist. Aua! Schmerzen. Alles schmerzt... Endlich sehe ich auch die „Teufelwolke" vor mir, die sich jetzt langsam zu verformen scheint. Plötzlich sieht es so aus, als hätte die Gestalt vor mir Beine bekommen. Ich verstehe das nicht wirklich. Läuft er jetzt? In meine Richtung? Ich halluziniere! Ja, so muss es sein! Arme? Sind das Arme? Ich blinzle zweimal. Bilde ich mir das ein? Jetzt ist da schon ein halber Körper. Der Oberkörper. Das ist zu viel! Was bilde ich mir da ein? Und ein Gesicht ist auch da! Wie?! Hände und Haare hat er auch! Schwarze Fingernägel? Ahh! Mein Kopf tut weh. Er trägt nur schwarz und seine Schuhe... „Sag mal, warum bist du jetzt plötzlich ein Mensch und auch noch so attraktiv? Denkt sich das grad' wirklich alles mein Kopf aus?", frage ich den Teufel einfach geradeheraus. Als Antwort bekomme ich ein Kichern, schelmisch, „Nein Kleines, das bildest du dir nicht ein. Wir wollten doch über unseren Pakt sprechen und da empfinde ich es nur als angemessen, dir in einer bekannten Form entgegenzutreten. Aber ich bin in der Tat sehr gutaussehend-" „Stopp, bitte hör' auf, so viel zu reden, das hält mein Kopf nicht aus. Und ignoriere einfach, was ich gesagt habe...", unterbreche ich ihn mit leicht roten Wangen. Peinlich. Habe ich ihn gerade wirklich hübsch genannt? Ernsthaft? Zu starke Schmerzen und der beinahe Tod sind wohl doch nicht so leicht wegzustecken. Aber egal, ich muss einfach cool bleiben, dann schaffe ich das alles und überlebe auch noch irgendwie. „Also, du wolltest noch genauer auf den Pakt zu sprechen kommen. Was gibt's denn noch zu besprechen?", ich schaue den Teufel vor mir fragend an und bin dafür dankbar, dass er sich in einen Menschen verwandelt hat, denn jetzt kann man wenigstens ein paar Emotionen von seinem Gesicht ablesen. Ob die jedoch echt sind, oder ob er die sich auch einfach aufs Gesicht zaubern kann, hinterfrage ich lieber nicht und versuche sie einfach wie bei jedem normalen Menschen zu deuten. Er zieht seine Augenbrauen so lustig nach oben und dann zusammen, als würde er darüber nachdenken, was er als nächstes sagen soll. Er sieht generell sehr menschlich, nicht böse oder teuflisch, sondern eher gut, anziehend, so männlich aus, so... W-Was denke ich da eigentlich?! „Hmm, vielleicht werde ich es noch bereuen, dass du mich mit deinem starken Hass, der Abwendung von Gott ködern konntest. Tzz... du scheinst eine echte Heulsuse zu sein. Genau wie damals. Er hat auch geheult, geschrien und gekämpft. Fast so, als würde es sich wiederholen...", murmelt der Teufel und holt mich somit aus meinem Gedankenkarussell. „Was wiederholt sich?", frage ich ihn. Hoffentlich redet der nicht auch noch von meiner Schwester, sonst werde ich heute wirklich noch sterben und das dann freiwillig, weil mich hier jeder damit quält, von meiner Schwester zu reden. „Ach nichts, das hat nichts mit dir zu tun. Lass uns lieber zum Geschäft kommen: Ich werde mit dir einen Pakt schließen, den wir mit einem Siegel an unseren Körpern festigen - umso auffälliger, desto stärker die Bindung. In diesem werde ich dir einen Wunsch erfüllen und ist dieser erfüllt, dann bekomme ich deine Seele. Es muss ein klares Ende da sein!" „Und woher weiß ich, dass du mich nicht reinlegst?" „Hmm, das kann ich dir nicht beweisen, aber ich habe es aufgegeben, meine Opfer reinzulegen, dann werden die Seelen immer so sauer... Ach, und falls du dich das auch fragst, nein, ich gehe niemals mit mehreren Menschen gleichzeitig einen Pakt ein" „Woher wusstest du, dass ich mich das frage?", entgegne ich nun ziemlich verwirrt. Kann der Teufel auch noch Gedanken lesen? „Ich habe eben meine Erfahrungen, mit kleinen, aber schlauen Menschen wie dir, deswegen würde ich dich auch nicht reinlegen, obwohl das bestimmt lustig mitanzusehen ist.". Lustig? Ernsthaft?! Ist das ganze hier für ihn etwa so was wie eine Comedy-Show? Ich weiß echt nicht, ob ich mit so einem Spaßvogel einen Pakt eingehen sollte... „Und wie soll ich dir jetzt glauben können, dass du mich nicht reinlegen wirst?" „Das kannst und solltest du nicht. Kein Wesen ist jemals immer ehrlich... Aber nun zurück zum wichtigeren Teil unserer Abmachung: Wünsch dir etwas. Du darfst aussuchen was, von einem großen Festmahl bis hin zu einem eigenen Land, kann ich dir einfach alles ermöglichen.". Ich denke angestrengt nach, wobei mir meine Schmerzen wieder bewusst werden. Ich schaue auf mein Bein und erschrecke mich. „Ich sehe ja furchtbar aus!", schreie ich, bevor ich überhaupt darüber nachdenken kann, was ich da von mir gebe. Ich bin einfach geschockt. Mein komplettes rechtes Bein ist blau und das andere spüre ich schon gar nicht mehr. Es sieht irgendwie viel zu dunkel aus... „Aber nein, deine Seele ist so schön wie eh und je. Ein wahrer Leckerbissen!", zwinkert der Teufel mir schelmisch zu, was die Lage aber kein Stück besser macht. Im Gegenteil! Ich werde wieder rot und lasse mich von seinem neckischen Kommentar durcheinanderbringen. Ich muss nachdenken! Aua! Mein Bein. Was mache ich nur? Was soll ich mir wünschen? Gesundheit? Einen geheilten Körper? Schmerzunempfindlichkeit? Aber warte, das bringt mir doch gar nichts. Er nimmt sich danach doch meine Seele. Hmm...

Until afterlife - Sebastian x reader (female) Black Butler Fanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt