Kapitel 2

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Yuri streifte über die sonnenverbrannten Reben. Es war ein harter Sommer für sie und ihr Dorf gewesen. Die stürmischen Flüsse, die Iwagakure umringten, versiegten und übrig blieb nur Erde und Staub. Jetzt reichte das Wasser aufgrund der hohen Niederschläge in den letzten Tagen zwar wieder bis zu ihren Knöcheln, doch dem Dorf lag die dröge Jahreszeit noch schwer auf der Kehle. Die Zeiten verlangten Umsorger, keine Ninjas. So schöpfte das Mädchen das Flusswasser mit einem Krug, der ihrer Familie gehörte. Als er eine gewisse Schwere erreichte, richtete sie sich auf und setzte ihren alltäglichen Gang fort. Sie war es leid, die Kinder und Alten aus ihrem Dorf zu versorgen. Jeden verdammten Tag. Sie verlangten Wasser, immer mehr, jeden Tag. Allmählich wollte Yuri doch ihren Weg als angesehenen Jonin antreten. Wenige Wassertropfen sprangen aus dem Krug, sie wurden immer mehr, so sehr sich Yuri in diesen Gedanken reinsteigerte. Ihre Familie war bekannt für impulsives und ungeduldiges Verhalten. Das war ihr bewusst und zu ihrem Unwillen bemerkte sie diese Eigenschaften nun auch bei sich selbst. Vor allem wollte sie nicht täglich an dem Tempel vorbeilaufen, in dem sie ihren älteren Bruder zuletzt gesehen hatte. Der Schmerz durchriss ihren gesamten Rumpf, ließ sie beinahe ersticken, wenn sie an das letzte Treffen dachte. Nukenin! Nukenin!

Im Tempel verspürte sie ein unbehagliches Gefühl, eine gewisse Unruhe in ihrer Magengegend. Als ihr Bruder Iwagakure den Rücken kehrte, wurde der Raum von einer kühlen Frühlingsluft umflügelt. Nun tänzelten Staubflocken umher und legten sich auf Boden und Stein. Eine drückende Luft, so viel ist sicher. Eilig überlieferte Yuri den letzten Krug an diesem Tag und rannte frohen Herzens über Abhänge und Felsen. Die gab es hier genügend, sofern man die richtigen Ecken kannte. Früher war sie öfter hier gewesen. Irgendwann aber nicht mehr. So ist das halt eines Tages.

„Da ist sie. Habe ich doch gesagt." Ein höhnisches, beinahe dreckiges Lachen ließ Yuri aus ihrem Tagtraum erwachen. Mit einem Zucken richtete sie sich an die Fremden. Inmitten der Felsen standen drei Ninjas. Yuri kannte die Muster auf deren Mänteln nur zu gut. Ihr Bruder hatte diese einst getragen, als er sich heimlich ins Dorf geschlichen hatte, um sie noch einmal zu sehen.

„Was wollt ihr?"

Fragte Yuri den Mann, der zuvor noch das Wort ergriffen hatte. Er wirkte auf das Mädchen befremdlich und nicht nur aufgrund seines animalischen Aussehens. Sein Chakra nahm ihr jegliche Selbstsicherheit.

„Genauso frech wie ihr Bruder. Hab mal ein wenig mehr Respekt vor Stärkeren, kleines Mädchen."

Noch ein Lachen durchfuhr dem Ninja, dieser wurde jedoch zur Seite geschubst.

„Yuri...?"

Deidara. Seine Stimme. Er war es. Sie ist sich sicher.

„Nii-san?" Yuri dachte nicht mehr nach, ihr entglitt lediglich dieses Flüstern. Sie dachte, ihr Bruder würde ihr entgegenkommen, doch er wandte sich zu den weiteren Ninjas.

Mit einer einzigen Bewegung umfasste Deidara den Hals des Uchiha und drückte auf dessen Luftröhre. Er war bereits erzürnt, ohne Ahnung eine Mission zu verfolgen, doch nun das Gesicht seiner Schwester zu sehen, raubte ihm jegliche Ruhe und Verstand. Wie konnten seine Kollegen ihn bloß nach Iwagakure verschleppen, zu seiner Schwester, die er vor allem Unheil der Welt schützen wollte? Nun hatte er selbst das Unheil zu ihr gebracht.

„Uchiha, ich habe langsam keine Geduld mehr. Entweder du wirst mir sagen, aus welchem verfluchten Grund wir hier sind, oder ich werde hier und jetzt deinen Körper mit sämtlichen Explosionen durchjagen, bis nichts mehr von deiner erbärmlichen Gestalt übrig bleibt. Und glaub mir, dieses Mal falle ich nicht auf deine albernen Genjutsus rein." Deidara wusste selber, dass er gegen Itachis Sharingan nichts ausrichten konnte, doch das war ihm in diesem Moment gleich.

Emotionslos nahm Itachi die fremde Hand von seinem Hals. Deidara hatte Recht. Nun konnte er das Ziel ihrer Mission aussprechen. Es war für Deidara ohnehin zu spät, seine Schwester aus den Machenschaften der Akatsuki zu befreien.

„Yuri, du wirst mit uns kommen und ein Teil der Organisation werden."

Das Mädchen zeigte zunächst keine Regung, stand wie erstarrt auf dem gegenüberliegenden Felsen.

„Lasst Deidara frei", erwiderte sie nur nüchtern. Itachi staunte, hatte sich bei Deidaras jüngerer Schwester ein aufbrausendes, launisches Mädchen vorgestellt. Doch es handelt sich wohl eher um die Ruhe vor dem Sturm, wie er es von seinem Akatsuki-Kollegen nur zu gut kannte.

„Du wirst mit uns kommen und hast die Möglichkeit, mit deinem Bruder auf einer Seite zu kämpfen."

„Lieber würde ich sterben, als mich mit Gaunern und Mördern zu verbünden."

Kisame wandte sich an Itachi, hielt währenddessen den um sich windenden Deidara, der allerlei Abfälligkeiten und Flüche aussprach. „Soll ich das übernehmen? Gegen mein Samehada Haifischhaut wird sie nichts ausrichten können und wir wären vor Tagesanbruch zurück."

Der Uchiha hielt den eisernen Blick des Mädchens stand, unterbrach ihn nicht einmal, als Kisame diesen Vorschlag aussprach. „Unterschätze sie nicht", meinte er nur, bedacht jegliche Bewegungen wahrzunehmen. Der Fischmensch gab nur ein unzufriedenes Grunzen von sich.

„Ich mache dir einen Vorschlag, hör zu. Dein Bruder wird frei sein, wenn du mich in einem Kampf besiegst. Wenn nicht, wirst du der Akatsuki-Organisation ebenfalls beitreten und mir freiwillig das Jutsu der unnachgiebigen Sonne überreichen."

Eine Vereinbarung mit einem Akatsuki... Sie kannte die Fähigkeiten der Uchiha, ihr Bruder hatte sie unzählige Male gewarnt. Deidara musste selbst gegen diesen Itachi antreten und hat die Macht des Sharingans zu spüren bekommen. Doch sie wusste es besser. Sie hat trainiert für solche Momente.

Deidara löste sich aus Kisames Griff und schrie Yuri zu, dass sie nicht darauf eingehen sollte. Es wundert Yuri nicht, dass dieses Angebot bei ihrem Bruder eine so immense Reaktion auslöste. Schließlich kannte er die enorme Stärke des Uchiha und wollte nicht, dass das Jutsu unseres Volkes in fremde, bösartige Hände geriet.

Deidara wollte sich die Zeremonie der Übergabe, die seit Jahrzehnten in Iwagakure Bestand hat, gar nicht ausmalen. Wie dieser widerwärtige Uchiha nur noch hochnäsiger und stärker wird. Es würde eine Schande für sein Dorf bedeuten und vor allem für seine Familie. Für Yuri.

„In Ordnung, ich werde kämpfen", sagte Yuri durch den schneidenden Wind kaum hörbar und doch bestimmt, ihren Bruder nach Hause zu holen.

Das Jutsu der unnachgiebigen SonneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt