Kapitel 5

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Und da war er. Ayaz Korkmaz. Angezogen in einem schwarzen Anzug, Haare perfekt gestylt, markanter Gesicht. Was erwartet man noch? Aber dennoch scheint er betrübt und erschöpft zu sein. Sieht nicht so aus als würde es ihm gut gehen.
„Na sieh mal an. Wen haben wir denn da? Die temperamentvolle Havva",bringt er leicht überrascht rüber. Während er sich aufrecht vor mich hinstellt und beide Hände jeweils in seine Hosentaschen steckt.
„Sie kennen meinen Namen noch? Das ist aber äußerst interessant."
„Na klar. Wie könnte ich Sie nur vergessen, Frau Tunç. Was eine Überraschung, dich hier zu sehen."
„Also erstens woher kennen Sie meinen Nachnamen Herr Korkmaz? Und zweitens denke ich nicht, dass wir schon in der Ebene sind dass sie mich dutzen können."
Ich mag es überhaupt nicht wenn Menschen sich sofort so verhalten,als wären wir schon richtig gut. Auch wenn es sich dumm anhört.
„Oho, da ist ja jemand sehr niveauvoll. Tut mir leid, Madame. Ich kenne halt eben viele Nachnamen der Studenten, denen ich eine Coaching-Vorlesung gebe. Ich dachte wir verstehen uns gut, deswegen dieses Dutzen."
„Belassen wir's lieber beim siezen. Mir gefällt es so besser. Herr Korkmaz", gebe ich am Ende so überheblich wie möglich an.
Er schmunzelt, senkt seinen Kopf etwas und bewegt seinen Kopf hin und her und murmelt dabei:„ Ach, ach Havva. Kleine Hexe."
Hab ich das gerade wirklich gehört? Eine kleine Hexe? Aha.
„Pardon, duyamadim?" (Tut mir leid, ich glaub ich hab's nicht richtig gehört)
„Nichts, nichts. Du bist nur ziemlich frech. Hiç yakıştıramadım sana", (Passt nicht zu dir), antwortet er grinsend.
Hat der nicht grad gesagt? Ich spare mir jetzt diese ganze Diskussion. Der Typ will mich nur nerven, das ist seine Mission. Was wenn er mehr als nur meinen Nachnamen weiß? Nein, man woher auch. Übertreib Havva.
Eine Stille beginnt, die ich entweder als peinlich oder angespannt bezeichnen würde.
Ich unterbreche die Stille, den es fühlt sich so an als hätte die Zeit gestoppt. Mir kommt ein komisches Gefühl hoch.
„Warum fährt dieser Aufzug so langsam? Wir sind schon gefühlte 8 Minuten hier drin", kommt es am Ende etwas ungewollt phobisch von mir. Meine Aufzugangst. Die Enge. Die kommt wieder. Oh shit! Nicht jetzt, bitte!
Ich fange an langsam zu zittern und meine Beine fühlen sich schlapp an. Mein Atem wird schneller und ich spüre die Panik in mir. Ayaz kommt mit schnellen Schritten auf mich zu und sieht mich besorgt an.
„Was ist los? Havva? Hast du eine Fahrstuhlangst?", fragt er mich ab während er meine Stirn abtastet nach möglichem Fieber.
„Ayaz...Ich...Ich muss raus von hier...Jetzt sofort... Mir geht es schlecht hier drin, bitte." In mir macht sich ein innerer Druck breit. Meine Phobie war noch nie so extrem. Was ist los mit mir? Ein Wunder passiert und die Aufzug Türen öffnen sich. Wurde auch mal Zeit.
„Havva, kannst du laufen oder soll ich dich tragen?", fragt er beunruhigt nach. Ich sehe runter und hab garnicht bemerkt dass auch meine Beine schon angefangen haben zu zittern. Ich will nicht das er mich trägt, aber ich kann nicht in diesem Zustand laufen. Ich versuche einen Schritt zu wagen, aber knicke sofort ein. Ayaz nimmt mich hoch, legt seine Arme unter meine Kniekehlen und ich hänge mich an seine Schulter während meine Hände seinen Nacken umgeben. Mir ist diese Nähe gerade sowas von egal. Ich fühl mich so wie in diesen bescheuerten Liebesfilmen. Voll klischeehaft, dieses tragen. Oh Gott.
Ich schließe für einen Moment meine Augen und nehme ungewollt seinen Duft wahr. Er riecht echt gut, das muss man ihm lassen. Zurück zu der Realität.Was warn das? Wie konnte es so schlimm werden?Ich höre wie Ayaz eine Tür öffnet und wir uns in einem großen Zimmer befinden. Wahrscheinlich sein Arbeitszimmer. Er läuft Richtung Couch und legt mich da sanft ab. Ich fühle mich erschöpft von dem ganzen. Obwohl ich nichts anstrengendes gemacht habe. Ayaz geht zu seinem Tisch füllt ein Glas Wasser und sitzt sich schließlich neben mich hin und hebt meinen Kopf etwas hoch damit ich trinken kann. Danach entscheide ich mich 5 Minuten noch zu liegen. Muss erstmal verdauen was gerade passiert ist.

„Havva, geht es dir besser?", fragt Ayaz ruhig.
„Ja, mir geht es viel besser. Ich weiß echt nicht was gerade passiert ist. Meine Phobie. Sie war noch nie so stark. Das ist das erste mal. Mein Körper hat gebebt", kommt es verwirrt von mir. Er sieht mich an und nickt. Ich bin ihm wirklich sehr dankbar, dass er mir geholfen hat.
„Danke Ayaz, fürs helfen. Ich wäre sonst echt in kompletter Panik ausgefallen."
Er sieht mich an und kommt etwas näher. Ich stehe mittlerweile schon, weil meine Beine von dem ganzen Liegen eingeschlafen sind. Er packt mich an meine Schulter an und streckt seinen Kopf etwas mehr nach unten zu mir: „Kein Problem, kleine Hexe. Nächstes Mal gibst du mir aber Bescheid, sonst stehe ich da komplett ahnungslos", sagt er grinsend. Ich fühle mich komisch. Das gefällt mir irgendwie nicht.
Ich nicke unbemerkt und gebe ein schwaches Lächeln zurück. Und ziehe mich aus der Nähe raus. Ich bin ihm zwar dankbar für das was er getan hat, aber das ist auch zu viel. Ayaz sieht mich ahnungslos an und sitzt sich zurück auf seinen Platz. Angespannte Lage.
„Warum warst du überhaupt heute hier, Havva?".
„Lange Geschichte. Kurz gesagt: hab eine Einladung von Eymen Çoşkun bekommen. Deswegen." Das mit Ceren konnte ich nicht sagen, das ist zu privat. Außerdem warum sollte es ihn interessieren.
Ayaz guckt etwas komisch, aber nickt dann schließlich. Ich glaub es ist Zeit, diese Area zu verlassen. Sonst sterbe ich hier noch vor Scham. Ich verabschiede mich von ihm und gehe Richtung Café. Diese Begegnung war mehr als nur eigenartig. Und dieser Körperkontakt auch. Etwas komplett neues.

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