2. Kapitel

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~Written on these walls are
the colors that I can't change~

One Direction - Story of My Life

Heute (2012)

Erschöpft wischte ich mir den Schweiß von meiner Stirn und sah zufrieden auf das Werk vor mir. Inaya klatschte mit mir ab. Wir hatten wirklich etwas geleistet für die Eröffnung der neuen Schule.

"Ich glaube das wars nun endgültig.", sagte ich schon fast wehmütig zu ihr. Inaya stimmte mir zu. "Das was du und deine Eltern hier getan habt ist unglaublich, Cayla." Sie sah mich an und ihre Stimme nahm einen überwältigten Ton an. "Ihr wisst nicht wie viel das den Eltern dieser Region bedeutet. Es ist bei vielen die erste Chance, dass ein Familienmitglied zur Schule gehen kann und eine Möglichkeit hat von der Armut dieses Landes zu entfliehen. Danke!" Inaya zieht mich in eine innige Umarmung, die ich sofort erwiderte. Sie war mir in den letzten Jahren zu einer guten Freundin geworden. Stets fröhlich und voller Tatendrang mit anzupacken.

Zudem wurden wir auch vom selben Privatlehrer unterrichtet, sodass wir unseren Unterricht bald zusammengelegt hatten. Sie war ebenfalls 18 Jahre alt, so wie ich. Da ihre Familie in Belangen Geld ein Ausnahmefall war, konnte sie wie auch die Kinder in Irland schon früh unterrichtet werden. Das war nicht üblich für afrikanische Kinder.

"Ich kann nicht glauben, dass die vier Jahre schon wieder vorbei sind.", seufzte sie traurig und löste sich aus der Umarmung. "Und ich kann nicht glauben, dass ich morgen nach der Eröffnungsfeier direkt in den Flieger steigen werde. In Irland ist gerade Winter! Wie soll ich das denn aushalten?" Die leichte Panik in meiner Stimme war nicht gespielt. In der Zeit, in der ich hier war, hatte ich fast nicht an meine Heimat gedacht. Am Anfang war es schwer gewesen, doch mit der fehlenden Internetverbindung und Kommunikationsmöglichkeiten war es nicht allzu schwer den Draht nach Irland schnell zu kappen. Ehrlich gesagt hatte ich seit ich damals in Dublin in den Flieger gestiegen bin zu keinem aus meinem alten Leben mehr Kontakt.

In diesen vier Jahren hat sich so viel geändert. Ich bin erwachsender geworden. Mein Aussehen hat sich komplett verändert. Meine früher so zierliche Figur hat zunehmend weiblichere Formen angenommen und mein rundes Gesicht ist schmaler geworden, dazu bin ich noch ein paar Zentimeter gewachsen. Trotzdem beschränkte sich meine Größe auf mickrige 1,60. Das einzige, was sich nicht verändert hat, sind meine blauen Augen und meine Haare. Sie fielen mir immer noch in dicken, kastanienbraunen, Strähnen bis zur Mitte meines Rückens.

Wegen der Hitze hatte ich sie mir zu einem Zopf hochgebunden. Auch Inayas dreads waren in einen kunstvollen Dutt hochgedreht. Ich wischte mir die Hände an meiner hotpants ab und ging aus dem kühlen Gebäude hinaus in die wirkliche Hitze. Obwohl ich mich sogar schon im Inneren wie in einem Backofen gefühlt hatte. Das lag wohl an meiner irischen Gene. Diese hohen Temperaturen waren wir auch nach vier Jahren nicht gewöhnt. Die Sonne brannte heiß vom strahlend blauen Himmel und ließ meine Haut brennen. Ein weiteres Mal war ich neidisch auf die schützende, dunkle Haut von Inaya. Ihr machte diese Hitze nicht im Geringsten etwas aus.

Vor der Eingangstür kamen meine Eltern auf mich zugeeilt. "Cayla! Schlechte Nachrichten!", schnaufte mum. Sie seufzte schwer. "Für Dublin ist morgen ein Schneesturm vorausgesagt. Die Flüge sind bereits gecancelt. Wir müssen Wohl oder Übel eine frühere Maschine nehmen." Sie sah mich ernst an.

"Wieso fliegen wir dann nicht einfach übermorgen?" Beim Wort Schnee grauste es mich noch mehr als vorher. "Wir haben Grandma und Grandpa versprochen übermorgen Weihnachten mit ihnen zu feiern.", klärte mich dad auf.

Das übermorgen Weihnachten war hatte ich gar nicht mehr auf dem Zeiger.

"Ach Mist! Wieso muss ausgerechnet morgen das Wetter verrückt spielen! Sonst gibt es ja auch kaum Schnee in Irland! Das ist so typisch!", schimpfte mum vor sich hin.

Like in old Times // n.h.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt